Die Eisbären Berlin haben weiter Chancen auf das Halbfinale in der Champions Hockey League. Doch vor dem schweren Rückspiel in Zürich wartet auf den Deutschen Meister ein Topspiel-Doppelpack in der Liga.
Im Fußball sind die Partien in der Champions League fast immer Highlight-Spiele und werden auch entsprechend zelebriert. Im Eishockey ist das noch etwas anders. Die Eisbären Berlin zum Beispiel tragen ihre Heimspiele im wichtigsten europäischen Club-Wettbewerb, der Champions Hockey League heißt, normalerweise in der alten Spielstädte im Wellblechpalast aus. Die 4.695 Besucher fassende Halle genügt dort generell auch den Ansprüchen und dem Zuschauerinteresse. Doch für das Viertelfinal-Hinspiel zog der Club in die Uber Arena mit Platz für 14.200 Fans, allein schon das zeigte: Das K.o.-Duell mit dem Schweizer Meister ZSC Lions ist etwas Besonderes für den deutschen Rekord-Champion. Zum ersten Mal überhaupt bei sieben Teilnahmen gehören die Eisbären zu den acht besten Teams der europäischen Königsklasse. Doch am Ende kamen an einem fanunfreundlichen Termin am Mittwochabend „nur“ 5.218 Zuschauer in die Arena am Ostbahnhof, und auch das Ergebnis sorgte für Ernüchterung: 3:4 nach einer 3:0-Führung.
Eine bittere Niederlage für die Eisbären
„Es ist sehr bitter, obwohl wir gut aus der Kabine gekommen sind“, sagte Angreifer Marcel Noebels. „Diese Niederlage tut sehr weh, aber es ist nur ein Tor, was uns fehlt fürs Rückspiel.“ Das entscheidende zweite Spiel im Kampf um den Halbfinal-Einzug findet am Dienstag (17. Dezember) in Zürich statt. Für Eisbären-Trainer Serge Aubin ist es eine Rückkehr an die alte Wirkungsstätte, bei den ZSC Lions stand er in der Saison 2018/2019 hinter der Bande. „Es ist noch nicht vorbei, wir sind noch nicht aus dem Rennen“, sagte Aubin. Der Kanadier strotzte trotz der Niederlage nur so vor Selbstvertrauen. Man werde nach Zürich reisen, „das Spiel gewinnen und ins Halbfinale einziehen“. Mit fehlendem Respekt vor dem Gegner habe das nichts zu tun, betonte Aubin: „Wir spielen gegen eines der besten Teams in Europa, aber wenn wir unser Spiel machen, ist das überhaupt kein Problem.“ Auch Verteidiger Jonas Müller sieht den Ein-Tore-Rückstand nicht als zu große Hypothek, er ist sicher: „Wenn wir im Rückspiel wie im Startdrittel auftreten, werden wir ins Halbfinale einziehen.“
Es wäre für die Eisbären ein historischer Triumph. Aus Deutschland war bislang lediglich Red Bull München in der Champions Hockey League unter die besten Vier gekommen. „In München war es ein Hauptziel, in der Champions Hockey League weit zu kommen oder sogar zu gewinnen“, erinnert sich der Ex-Münchener Frederik Tiffels. Bei den Eisbären lag der Fokus traditionell immer deutlich stärker auf der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Doch in dieser Saison sind die Berliner auf den Geschmack gekommen. Durch die guten Leistungen und den Erfolg lässt sich auch die kräftezehrende Doppelbelastung deutlich leichter verkraften. Umso ärgerlicher wäre ein Ausscheiden jetzt im Viertelfinale, zumal Zürich mit seinen etlichen Ex-NHL-Profis im Kader durchaus schlagbar erscheint. „Gegen Berlin war es ein Spiel auf Augenhöhe“, sagte Lions-Topscorer Sven Andrighetto. „Wenn man Fehler macht, wird das auf beiden Seiten ausgenutzt. Das wird sehr interessant in Zürich.“ Eisbären-Trainer Aubin forderte für das Rückspiel: „Wir müssen auf die Details achten.“ Und Noebels erwartet, dass der verspielte Sieg im Hinspiel trotz der hohen Führung zu einem Lerneffekt führt: „Auf die Zukunft gesehen hoffe ich, dass das heute eine kleine Lehrstunde für uns war.“

Ty Ronning von „drei wichtigen Punkten“ - Foto: IMAGO/Fotostand
Schnelles und druckvolles Spiel
Klar ist aber auch: Trotz der nach wie vor vorhandenen Titelchance in der CHL sollten die Eisbären ihren Liga-Fokus nicht verlieren. Zwei Tage nach dem Hinspiel gegen Zürich kassierte das Aubin-Team zu Hause in der Uber Arena, in die wieder 14.200 Zuschauer geströmt waren, gegen die Kölner Haie ein enttäuschendes 2:3 nach Penaltyschießen. Kurzzeitig drohte ohne Zweifel eine Ergebniskrise, zumal auch die zwischenzeitliche Tabellenführung verloren ging. Doch das 4:3 am vergangenen Wochenende bei den Straubing Tigers sorgte wieder für bessere Stimmung. „Das sind drei wichtige Punkte für uns“, betonte Ty Ronning. Der Angreifer hatte mit drei Toren großen Anteil am Auswärtssieg, doch als alleinigen Matchwinner sah er sich nicht. „Es war ein hartes Stück Arbeit und ein Erfolg der gesamten Mannschaft“, sagte der 27 Jahre alte Kanadier: „Ausgehend von einer guten Torhüterleistung bis zu jedem einzelnen Spieler.“ Am Pulverturm in Straubing sei es traditionell schwer, „es ist hier sehr laut, kalt, und das Eis ist sehr schnell“, meinte Ronning. „Wir haben aber Eisbären-Hockey gespielt.“ Also schnell, druckvoll und hart.“
Der Sieg gibt auch Hoffnung für die anstehenden Aufgaben, die es in sich haben. Gleich zwei Topspiele in der Liga stehen in der heimischen Arena am Ostbahnhof auf dem Plan: Erst an diesem Freitag (13. Dezember) gegen Red Bull München, zwei Tage später gegen die Adler Mannheim. An das darauffolgende CHL-Rückspiel in Zürich sollte am besten kein Eisbären-Profi denken. Die Münchener mussten am vergangenen Wochenende eine bittere 0:4-Heimpleite gegen Tabellenführer Ingolstadt wegstecken.
Doch auch die Eisbären sind aktuell nicht in absoluter Topform. Es wirkt alles etwas schwerfälliger, die Leichtigkeit geht Noebels und Co. etwas ab. Das hat auch mit fehlendem Spielglück zu tun. Hatte der Meister in der ersten Hauptrundenphase selbst Spiele gewonnen, in denen der Gegner besser war, ist es nun mitunter andersrum. Die Niederlagen gegen die vermeintlichen Titelkonkurrenten Pinguins Bremerhaven (1:2) und ERC Ingolstadt (0:4) waren sogar komplett verdient. Der Verlust der Tabellenführung ist das eine, aber vielmehr schmerzt, dass es nur wenig bis keine Ad-hoc-Lösungen zu geben scheint. „Es ist die Phase in einer Saison, in der ein bisschen eine kleine Delle reinkommt“, sagte Tiffels vor dem Sieg in Straubing dem „Tagesspiegel“. „Aber ich glaube, jede Mannschaft hat das irgendwann mal. Wir wollen das nicht, keiner braucht das. Aber so ist es nun, mal haben wir auch ein paar Jungs, die auch nicht spielen. Macht es natürlich nicht leichter.“ Seine Idee für die Trendwende? „Wir müssen jetzt einfach noch simpler spielen, noch cleverer.“ Das gilt auch für ihn selbst. Tiffels hatte zuletzt mit seinen durchaus gefährlichen Alleingängen nicht immer den Erfolg, den er und das Team sich erhoffen.
Die Münchener wollen das Prestige-Duell gegen die Eisbären nutzen, um sich in der Tabelle weiter nach oben zu pirschen. Noch läuft der Titelaspirant den eigenen hohen Erwartungen hinterher. Der ambitionierte Club hatte sich wegen der großen Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit von Ex-Bundestrainer Toni Söderholm getrennt, seitdem steht der frühere Assistent Max Kaltenhauser als hauptverantwortlicher Coach hinter der Bande. Der Ex-Profi wird das Team auch mindestens bis Saisonende betreuen. Dabei setzt Kaltenhauser viel stärker als Vorgänger Söderholm auf die Eigenverantwortung der Spieler. „Ich bin der festen Überzeugung, dass Eishockey ein Spiel der Spieler ist“, sagte er über seinen Führungsstil. „Am Ende habe ich als Trainer das letzte Wort – und halte auch meinen Kopf für gewisse Dinge hin. Aber ich bin kein Trainer, der von oben herab coachen möchte.“