Dauer-Champion Max Verstappen beherrscht weiter die Schlagzeilen in der Formel 1. Mercedes erlebte im vorletzten Rennen ein Desaster, und für Mick Schumacher ist sein F1-Kapitel zu Ende.

Die Fahrer-WM hat Ausnahmekönner Max Verstappen mit begnadeten Fahrkünsten im Zockerparadies Las Vegas eingetütet. Dennoch kam beim vorletzten F1-Rennen der Saison, in dem sich die Ereignisse überschlugen, keine Langeweile auf. Auf dem Losail International Circuit nahe der Hauptstadt Doha in der Wüste von Katar hat Max Verstappen seinen Gegnern wieder eine Lehrstunde erteilt. In einem chaotischen Grand Prix, der mit Zwischenfällen, Berührungen, Reifenschäden, vielen Strafen und drei Safety-Car-Phasen geprägt war, behielt der Weltmeister wieder kühlen Kopf und fuhr seinen neunten Sieg der Saison ein, den 63. Triumph seiner F1-Karriere. Der Red-Bull-Superstar gewann das 57-Runden-Rennen vor Charles Leclerc im Ferrari und McLaren-Pilot Oscar Piastri, der am Vortag den Sprint – das „Quickie-Rennen“ über 100 Kilometer – vor Teamkollege Lando Norris gewann. Dritter wurde George Russell im Mercedes. Der Durst nach Siegen ist bei Max Verstappen aber ungebrochen.
Der dritte GP von Katar war spektakulärer als erwartet, er hatte viel zu bieten, es ging drunter und drüber. Das fing schon mit der Qualifikation an. Verstappen schnappte sich den ersten Startplatz, wurde aber für das Rennen um einen Platz nach hinten strafversetzt. Der ominöse Grund: Er hätte Russell im Qualifying durch „unnötig langsames Fahren“ behindert. Durch dieses angebliche Vergehen rutschte der Mercedes-Pilot auf die Poleposition.
Mit ordentlich Wut im Bauch revanchierte sich „Bulle Max“ im Rennen für die „geraubte“ Poleposition, legte los und setzte sich direkt am Start gegen Russell, der auf Platz drei zurückfiel, und Norris durch. Nach zwei Kurven hatte Verstappen die Nase vorn, ließ nichts anbrennen und behauptete die Spitze bis ins Ziel. Polemann Russell wurde Vierter. Nico Hülkenberg strandete nach einem Dreher mit seinem Haas-Boliden im Kiesbett und musste aufgeben.
Konstrukteurs-WM ist noch offen

Eine Gefühlsachterbahn erlebte Lando Norris. Vom dritten Platz gestartet, lieferte sich der McLaren-Star ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Führenden, war lange Zeit erster Verfolger von Verstappen. Bis ihm die gelbe Flagge zum Verhängnis wurde. Oberste Regel während einer Gelbphase lautet: unbedingt Fuß vom Gas nehmen, Tempo verringern. Norris hatte auf der Jagd nach Verstappen die gelben Flaggen wegen Trümmerteilen auf der Strecke missachtet. Für dieses Vergehen haben die Regelhüter, die F1-Schiedsrichter, dem Briten eine schmerzliche Zehn-Sekunden-Stop-and-Go-Strafe aufgebrummt, die er in Runde 45 abgesessen hat. Diese Strafe bedeutet: Norris musste einmal durch die Box fahren und zusätzlich zehn Sekunden bei seinem Team anhalten, ohne dass Arbeiten am Auto durchgeführt werden dürfen. Weil das Feld nach mehreren Safety-Car-Phasen dicht beisammen war, fiel Norris dadurch auf den letzten Platz zurück, kämpfte sich anschließend aber wieder auf Rang zehn zurück und rettete noch einen Punkt sowie einen weiteren Zähler für die schnellste Runde. Die Strafe kostete den McLaren-Pilot um die 30 Sekunden, einen Podiumsplatz und wertvolle Punkte für sein Team in der Konstrukteurs-WM. Die Strafe nimmt der 25-Jährige auf seine Kappe. „Ich bin natürlich enttäuscht“, sagt er im Anschluss an das Rennen. „Ich habe das Team im Stich gelassen. Das Team hat mir ein großartiges Auto zur Verfügung gestellt, was locker das schnellste war, und ich habe es einfach vermasselt.“ Allerdings sagt Norris auch, dass er keine Ahnung hatte, wofür er die Strafe bekommen würde. „Ich wusste nicht, was ich falsch gemacht habe“, sagt er und gibt zu, dass er die Flagge übersehen haben muss. „Ich bin kein Idiot. Wenn dort eine gelbe Flagge ist, dann weiß ich, dass ich vom Gas gehen muss. Das ist Regel Nummer eins und das lernst du schon im Go-Kart“, stellt er klar.

Ein Desaster erlebte Mercedes nach dem famosen Las Vegas-Doppelsieg (Russell vor Hamilton) in Katar. Das Fiasko in Kurzfassung: George Russell und Lewis Hamilton überquerten die Ziellinie auf den Plätzen vier und zwölf. Beide Fahrer verloren am Start Positionen, wobei Russell von Platz eins auf Rang drei und Hamilton von Platz sechs auf Platz neun zurückfiel.
Russell verlor durch einen verpatzten Boxenstopp in Runde 24 drei weitere Plätze, konnte sich aber wieder nach vorne kämpfen. In Runde 35 handelte sich Hamilton einen Reifenschaden vorne links ein, nachdem er auf der Start- und Zielgeraden über Trümmerteile gefahren war. Dies zwang ihn zu einem Boxenstopp in Runde 36, bei dem er auch eine Fünf-Sekunden-Zeitstrafe wegen eines Frühstarts absaß. Später erhielt er auch noch eine Durchfahrtsstrafe, weil er hinter dem Safety Car den Geschwindigkeitsbegrenzer in der Boxengasse nicht aktivierte.
Keine Zukunft für Mick Schumacher
Für den WM-Sechsten George Russell war es „ein sehr seltsames Rennen, denn wir hatten das gesamte Wochenende über eine sehr gute Pace, aber am Rennsonntag war sie einfach nicht da. Ich hatte einen schlechten Start, und am Ende habe ich auch noch eine Strafe erhalten. Alles in allem war es kein tolles Rennen für mich.“ Lewis Hamilton, nach Katar WM-Siebter, bekannte wie sein Teamkollege in der Mercedes-Pressemitteilung: „Alles in allem war es ein ziemlich schlechtes Rennen für mich, aber so etwas passiert. Es begann schlecht mit meinem Fehlstart, der selbstverschuldet war und zu einer Strafe führte, die ich während meines Stopps absitzen musste. Dann kam der Reifenschaden, der einfach Pech war, gefolgt von der Überschreitung der Geschwindigkeit in der Boxengasse, die ebenfalls meine Schuld war. Ich hatte mein Bestes gegeben, aber es schien von Anfang an bergab zu gehen.“

Eigentlich hätte McLaren in diesem vorletzten Grand Prix den Teamtitel klarmachen können, hätte Lando Norris in der Gelbphase nicht gepatzt. So verkürzte Ferrari mit den Plätzen zwei (Leclerc) und sechs (Carlos Sainz) den Rückstand im Klassement um zehn auf 21 Punkte (640:619). Red Bull liegt abgeschlagen auf Rang drei (581). Die Entscheidung in der Konstrukteurs-WM zwischen McLaren und Ferrari wurde also zum Finale in Abu Dhabi vertagt. Das Ergebnis stand bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht fest (wir werden darüber noch berichten).
Zurück zu Mercedes. Am Donnerstag vor dem Kartar-GP (28. November) gab der Rennstall in einer Pressemitteilung die Trennung von Mick Schumacher zum Saisonende bekannt. Nach zwei Jahren als Formel-1-Ersatz- und -Testfahrer geht für den Sohn der deutschen Rennsport-Ikone Michael Schumacher ein Kapitel zu Ende. Der 25-Jährige bricht seine Zelte in der Formel 1 auf eigenen Wunsch endgültig ab.
2023 und 2024 saß Mick Schumacher zwei Jahre lang bei dem deutschen Autobauer auf der Ersatzbank. Bei den meisten Rennen war er mit dem Team vor Ort, um im Notfall für Lewis Hamilton oder George Russell einzuspringen und sie im Rennen zu vertreten. In seiner Zeit, in der er als Reservefahrer und im Simulator für das Team tätig war, hat Schumacher junior wertvolle Erfahrungen gesammelt. In der Mitteilung zeigte sich der Rennfahrer „dankbar für die Einblicke, die ich in diesen zwei Jahren gewonnen habe. Sie haben mich zweifelsohne zu einem erfahreneren Rennfahrer gemacht, weil ich die technische Seite besser kennengelernt habe“, sagte der scheidende F1-Reservist. „Aber es ist hart, diese Autos im Rennen zu beobachten, ohne selbst im Cockpit zu sitzen. Ich möchte mich wieder zu 100 Prozent auf das Rennfahren konzentrieren.“
Toto Wolff, der Teamchef von Mercedes, würdigte Mick Schumacher für seine „harte Arbeit, seinen Fleiß und die Entschlossenheit“. „Vom ersten Tag an fügte er sich mit Leichtigkeit in das Team ein und ist für alle in den Fabriken Brackley und Brixworth zu einem unglaublich beliebten Kollegen geworden“, lobte der Wiener seinen Angestellten. Der 52-Jährige betonte zudem Micks herausragende Fähigkeiten als Rennfahrer: „Mick ist jedoch in erster Linie ein Rennfahrer. Wir haben sowohl in seiner Zeit in der Formel 1 als auch in diesem Jahr bei seinen Leistungen in der Langstrecken-Weltmeisterschaft gesehen, dass er ein Rennfahrer von unglaublich hohem Niveau ist und es verdient, in den besten Meisterschaften zu fahren.“
Die angestrebte Rückkehr als Stammpilot ließ sich nicht realisieren, die Rolle als Ersatzfahrer genügt ihm nicht mehr: Mick Schumacher wird sich nun ganz auf eine Karriere in der Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC konzentrieren. Dort wird er für den französischen Rennstall Alpine fahren. In den sozialen Medien verkündete er selbst: „Ich freue mich, euch mitteilen zu können, dass ich auch weiterhin Teil des Abenteuers Alpine Endurance sein werde. Wir hatten ein großartiges erstes Jahr zusammen, und ich bin entschlossen, dazu beizutragen, dass die Leistung des Programms im zweiten Jahr noch besser ist.“

Den Job als Mercedes-Ersatzpilot hatte Schumacher nach seinem Cockpit-Aus beim US-Rennstall Haas bekommen. Unter dem damaligen Teamchef Günther Steiner konnte er sich 2021 und 2022 und nach 43 Grand-Prix-Starts in der Königsklasse aber nicht durchsetzen (bestes Ergebnis: Platz sechs beim GP Österreich 2022). In einem viel zu schwachen Wagen machte er eine schwere Zeit durch, auch gekennzeichnet durch eigene Unfälle.
Bis zuletzt hatte Schumacher aber auf eine F1-Rückkehr gehofft. Lange hatte er sich an den letzten Strohhalm geklammert, das zweite Sauber-Cockpit neben Nico Hülkenberg zu ergattern. Sauber-Projektleiter und Teamchef Mattia Binotto: „Mick war ein starker Kandidat, er wäre auch eine gute Wahl gewesen. Aber ich habe mich nicht vorrangig gegen Schumacher entschieden, sondern vielmehr für Bortoleto. Letztendlich könnten wir diese Frage auch Mercedes-Boss Wolff stellen – wieso Antonelli und nicht Schumacher?“ Die F1-Türen sind für Mick Schumacher nach und nach zugefallen: bei Williams (bekam der Argentinier Franco Colapinto den Zuschlag), bei Alpine (erhielt nach einem Vergleichstest mit Schumacher der Australier Jack Doohan für 2025 den Vorzug), bei Mercedes (ersetzt den 39 Jahre alten Hamilton durch den 18 Jahre jungen italienischen Teenager Kimi Antonelli). Schumachers Nachfolger für die Planstelle als F1-Reservist bei den Silberpfeilen ist ein Ex-Mercedes-Pilot: Valtterie Bottas (35). Der Finne, zehnmaliger GP-Sieger, der bei Sauber am Saisonende den Laufpass erhält, fuhr als Nachfolger von Weltmeister Nico Rosberg bereits von 2017 bis 2021 als Teamkollege von Hamilton für den deutsch-britischen Rennstall. Sky-F1-Experte Ralf Schumacher fällt zu all dem „Heuern und Feuern“ nur ein: „Die Formel 1 ist ein verrücktes Geschäft.“