Jahresrückblick Saarland: 2024 hatte das Saarland den Vorsitz in der Kultusministerkonferenz. Es war ein Jahr der Reformen für KMK und für das Land, mit großen Projekten und intensiven Debatten.
Bildungspolitik ist Ländersache. Der hehre Grundsatz des föderalen Systems gilt in Reinkultur schon lange nicht mehr. Besonders deutlich ist das spätestens seit Corona.
Saar-Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot hatte 2024 turnusgemäß den Vorsitz der Kultusministerkonferenz (KMK) inne, womit sich landes- und bundesbildungspolitische Entwicklungen in diesem Jahr im Saarland besonders intensiv begegneten, inhaltlich, aber auch im eigentlichen Wortsinn.
Im Juni zeigten sich die Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern sichtlich beeindruckt. Streichert-Clivot hatte das Weltkulturerbe Völklinger Hütte als Tagungsort und Kulisse zur inzwischen 386. Kultusministerkonferenz ausgewählt. Es sollte die letzte KMK in dieser Form werden. Unter Vorsitz der Saarländerin wurden ziemlich weitreichende Strukturveränderungen beschlossen. „Durch die Reform kann die KMK zukünftig nicht nur besser auf aktuelle Herausforderungen reagieren, sondern kann noch aktiver mitgestalten“, betonte Streichert-Clivot. Die Zahl der Gremien soll reduziert und die Arbeit resilienter gemacht werden, etwa durch Verfahren, die verhindern, dass einzelne Länder die komplette Entwicklung blockieren können (weil es bislang 16:0-Beschlüsse, also Zustimmung aller Länder brauchte). Die Kultusministerkonferenz, übrigens die älteste Ministerkonferenz, mit ihren zuletzt über 170 Gremien soll schlanker und agiler werden.
Wie eng inzwischen Bund und Länder in der Bildungspolitik zusammenarbeiten, zeigt sich an zwei großen Projekten.
Anfang 2024 haben sich Bund und Länder auf das „Startchancen-Programm“ verständigt, im Juni unterzeichneten Streichert-Clivot für die Länder und Bettina Stark-Watzinger für den Bund des „Startchancen-Programm“, das bislang größte Bildungsprogramm mit 20 Milliarden Euro (je zur Hälfte Bund und Länder) für die nächsten zehn Jahre. Damit sollen Rahmenbedingungen vor allem in Grundschulen verbessert werden, um die in Deutschland immer noch eklatante Bildungsungerechtigkeit abzubauen. Im Saarland profitieren davon zunächst 55 Schulen, 28 Grund- und sechs Förderschulen sowie 16 Gemeinschaftsschulen und fünf berufliche Schulen.
Der im Mai veröffentlichte „Chancenmonitor 2024“ (ifo-Institut) bescheinigte dem Saarland vergleichsweise gute Ergebnisse im oberen Drittel aller Länder, was Chancengerechtigkeit betrifft.
Programm für Schulbau, Diskussion um Leistung
Das zweite Projekt ist der Digitalpakt 2.0. Lange heftig umkämpft, weil der Bund die Länder zur Hälfte an den fünf Milliarden (für sechs Jahre) beteiligen wollte (vorher hatte der Bund 90 Prozent übernommen), schien das Projekt durch das vorzeitige Ende der Ampel erledigt. Mit dem neuen Bildungsminister Cem Özdemir kam die Wende. Eine neu gewählte Bundesregierung ist aber nicht zwingend an die Vereinbarung gebunden.
Im Land selbst hat das umfangreiche, mit insgesamt rund 230 Millionen ausgestattete Schulbauprogramm Formen angenommen. Im März hatte Bildungsministerin Streichert-Clivot zusammen mit Bauminister Reinhold Jost die konkreten Förderrichtlinien vorgestellt. Jost bezeichnete das Programm als „das größte kommunale Förderprogramm in der Geschichte des Saarlandes“, statt Schulschließungen gebe es nun Neubau und Erweiterung. Das ist einerseits dem Sanierungsstau aus den letzten Jahren, teils Jahrzehnten geschuldet, andererseits, um den Rechtsanspruch auf Ganztagbetreuung für Grundschulkinder (ab 2026) erfüllen zu können.
Um dem Lehrermangel zu begegnen, hat die Landesregierung im Juli ein Gesetz vorgelegt, um Quereinsteigern den Weg in den Lehrerberuf zu erleichtern. So soll ein lehramtsbezogener Masterstudiengang nicht nur für lehramtsbezogene Bachelor-Absolventen, sondern auch für Abschlüsse aus anderen Bereichen offenstehen. Die Bildungsministerin betonte aber auch zum Schuljahresbeginn nach den Sommerferien, dass es im Saarland im Gegensatz zu anderen Ländern noch gelungen sei, alle Planstellen zu besetzen.
Für Diskussionen sorgten zuerst im September ein neuer Leistungsbewertungserlass und im November dann eine Neufassung der Gemeinschaftsschulverordnung. Beim Leistungsbewertungserlass geht es darum, dass „das bloße Abfragen von Wissen heute nicht mehr ausreichend ist, um Kompetenzzuwachs oder auch die Fähigkeit, sich in einer von KI zunehmend stark beeinflussten Welt bewegen zu können,“ beurteilen zu können (Bildungsministerium). Die Reform, die auch eine Reduzierung von Klassenarbeiten beinhaltet, war zwar überwiegend inhaltlich begrüßt worden, hatte aber wegen der Kurzfristigkeit zum Schuljahresbeginn für Verwirrung gesorgt.
Bei der neuen Gemeinschaftsschulverordnung handelt es sich um die erste Neufassung seit dem Start vor zwölf Jahren, als aus den damaligen Gesamt- und Realschulen die Gemeinschaftsschule als neue Schulform hervorging. Es geht in der Verordnung um Stärkung der digitalen und informatischen Bildung, Ausbau der Fremdsprachenförderung und Demokratiestärkung durch mehr Unterricht in Gesellschaftswissenschaften sowie um berufliche Orientierung.