Als Schmuckdesignerin und Gründerin eines eigenen Modelabels in den 70ern gehört sie zu den bekanntesten Gesichtern der internationalen Lifestyle-Branche. Die kreative 75-Jährige arbeitet für die Marke Tiffany und verwaltet das Erbe ihres Vaters Pablo.
Das beste Design ist das, das noch kommen wird!“ Nach dieser Überzeugung präsentiert Paloma Picasso auch heute noch regelmäßig neue Schmuck-Kreationen. Die nach ihr benannte Mode-, Kosmetik- und Schmuckmarke ist seit Jahren erfolgreich. An der Ecke 57th Street und 5th Avenue in New York beginnt derzeit ein neues Kapitel ihrer unternehmerischen Erfolgsgeschichte: Ihr Edel-Laden „Paloma Picasso: A Division of Cosmair“ spezialisiert sich auf die Kreation und den Vertrieb von Luxusgütern.
Kein Kontakt mehr zum Vater
Das künstlerische Talent hat Paloma von ihren Eltern, dem unverheirateten Maler-Paar Pablo Picasso und Françoise Gilot, geerbt. Für ihr schon früh gezeigtes Interesse an der Malerei hatte ihr Vater allerdings wenig Verständnis und wollte die kindlichen Zeichnungen nicht einmal kommentieren. „Er war kein Erzieher. Er interessierte sich nicht für die Schule, für unsere Studien“, beschrieb Paloma kürzlich in einem Interview des französischen Magazins „Point de Vue“ Pablos Vaterrolle. Dass sie mit einem weltbekannten Namen und mit täglichem Medienrummel aufwachsen musste, sei für sie und ihren Bruder nicht einfach gewesen, betonte Paloma, die sich von ihrem übermächtigen Vater zunächst einmal emanzipieren musste. „Ich musste mir erst beweisen, dass ich nicht nur als Picassos Tochter existiere“, betonte sie im Oktober im spanischen Magazin „Vanguardia“. Sehr dankbar ist Paloma ihrer im Vorjahr im Alter von 101 Jahren verstorbenen Mutter FranÇoise Gilot, die sie mit ihren hohen Ansprüchen immer angespornt habe: „Ich wollte, dass sie stolz auf mich ist, und ich glaube, das ist mir gelungen.“ Dafür habe sie früher aber viele Dinge machen müssen, die angesichts ihrer Schüchternheit sehr herausfordernd gewesen seien. Erst durch die Memoiren ihrer Mutter sei ein realistischeres Bild ihres weltweit fast gottgleich verehrten Vaters entstanden. Durch seine vielen angesprochenen Schwächen sei er für seine Kinder „menschlicher“ geworden.

Paloma weiß, dass sie privilegiert aufgewachsen ist: „Ich leugne nicht, dass ich dank meiner Eltern ein glückliches Leben hatte. Auch dank der Begegnungen, die ich gemacht habe, haben sie mir eine besondere Lebensphilosophie vermittelt“, sagte sie Ende 2024 im Magazin „Point de Vue“. So bemühe sie sich bis heute, immer professionell, pünktlich, optimistisch und gut gelaunt zu sein, auch wenn das Leben manchmal unangenehme Überraschungen bereithalte.
Sehr gelitten hat Paloma dann unter der Trennung ihrer Eltern infolge der Gilot-Memoiren 1964. Pablo Picasso brach danach auch die Beziehung zu seinen beiden Kindern ab, Paloma ist ihm später nur noch ein einziges Mal zufällig begegnet. Trotzdem verteidigt sie ihren Vater häufig gegen den Vorwurf, ein großer Macho mit einer Vorliebe für jüngere Frauen gewesen zu sein: „Wie viele andere Männer auch war er nicht perfekt. Aber ich glaube nicht, dass er Frauen missbraucht hat.“
Beruflich ist Paloma Picasso seit den 70er-Jahren sehr erfolgreich. Bis heute entwirft sie Schmuck für den Juwelier Tiffany. Von ihr stammt beispielsweise die bekannte Tiffany-Kollektion „Olive Leaf“, und gerade kürzlich hat sie für das Schmuckhaus wieder eine neue Kollektion entworfen. Ihre eigene Marke „Paloma Picasso“ wurde in den 80er-Jahren nicht nur durch ihren stilprägenden roten Lippenstift bekannt, sondern kann seit 1984 auch mit dem Duft „Paloma“ einen internationalen Parfum-Bestseller vorweisen. „Seit 20 Jahren trage ich selbst keinen Lippenstift mehr“, bekennt die früher fast nur mit grellrotem Lippenstift abgelichtete Designerin, aber sie habe immer einen in ihrer Handtasche dabei.
Werke der Mutter verbreiten
Seit dem Tod ihres älteren Bruders Claude 2023 ist eine zusätzliche Aufgabe auf Paloma zugekommen: Sie übernahm die Verwaltung des Picasso-Nachlasses. „Ich war mit anderen Dingen beschäftigt genug, aber nach Claudes Tod musste ich einspringen.“ Damit kam viel Arbeit auf sie zu, die sie aber als interessant bezeichnet. Zu ihren neuen Aufgaben gehört auch die juristische Vertretung von Picassos Interessen gegenüber sehr großem Missbrauch seiner Werke oder ungenehmigter Nutzung seines Namens. „Ich verbringe mein Leben oft damit, mit Rechtsanwälten zu reden. Alle drei Tage kommt ein neues Problem, das in jedem Land andere juristische Reaktionen erfordert.“
Neben der Nachlassverwaltung und ihren Lifestyle-Kollektionen kümmert sich Paloma Picasso auch noch um ihre 2001 in Lausanne gegründete Stiftung, die die Verbreitung der Werke ihrer Eltern betreut, besonders die in Europa weniger bekannten Arbeiten ihrer Mutter. Zudem ist Paloma Schirmherrin des Picasso-Museums in Barcelona. Auftritte in der Öffentlichkeit wählen sie und ihr Mann sorgsam aus: „Es ist interessant zu beobachten, was auf der Welt passiert, aber wir müssen nicht auf jedes Event gehen.“