Kunstturn-Bundesligist TG Saar holte im „Finale dahemm“ dank des starken eigenen Nachwuchses Bronze. Die Goldmedaillen der deutschen Mannschaftsmeisterschaften gingen wenig überraschend nach Straubenhardt und Stuttgart.

Mit den Worten „Das war das beste DTL-Finale der letzten zehn Jahre“ zauberte Michael Götz, Präsident der Deutschen Turnliga (DTL), während der Siegerehrung ein breites Grinsen in das Gesicht von Thorsten Michels. „Das ging runter wie Öl“, sagt Michels, Vorsitzender von Kunstturn-Bundesligist Saar, auch noch ein paar Tage später. Er war es nämlich, der das DTL-Finale, also die Platzierungswettkämpfe um die Deutschen Mannschaftsmeisterschaften der Männer, Frauen und des Nachwuchses nach über 40 Jahren wieder einmal ins Saarland holte. Genauer gesagt am 7. Dezember in die mit 1.800 Zuschauern ausverkaufte Saarbrücker Joachim-Deckarm-Halle. Als Chef-Organisator sorgte Michels zusammen mit zahlreichen Helferinnen und Helfern für einen reibungslosen Ablauf. Außerdem sicherten sich die Männer der TG Saar, die sich erst auf den letzten Drücker für das „Finale dahemm“ qualifiziert hatten, mit einem 33:25-Sieg über Eintracht Frankfurt die Bronzemedaille. Den deutschen Meistertitel verteidigte die KTV Straubenhardt mit einem überdeutlichen 48:11-Sieg gegen den TV Wetzgau und zog mit ihrem insgesamt neunten Titel mit Rekordmeister SC Cottbus gleich. Auch bei den Frauen setzte sich mit dem MTV Stuttgart der Rekordmeister durch – mit 35:17 gegen den TSV Tittmoning-Chemnitz.
Für den MTV war es der 15. Titel, seit 2012 sogar der 13. in Folge. Platz drei sicherte sich die TG Mannheim gegen das TZ DSHS Köln (26:25), das ohne seinen verletzten Star, Olympia-Teilnehmerin Sarah Voss, antreten musste. Bei Stuttgart fehlten die ebenfalls verletzten Elisabeth Seitz und Saarländerin Lara Hinsberger. Vor den Erwachsenen holte sich das Turn Team Bayern den Titel bei den Nachwuchsmannschaften.
Bemerkenswert beim Wettkampf der „Gastgeber“ der TG Saar: Ausgerechnet der Finaltag der Bundesliga war nicht der Tag der hochdekorierten Ausländer der TG Saar. Selbst Mehrkämpfer Oleg Verniaiev (31), Topscorer der Bundesliga, wackelte. Von seinem Paradegerät Barren, an dem er 2014 Weltmeister und 2016 Olympiasieger wurde, musste er sogar absteigen. Trotzdem verkürzte die TG am Barren den 0:9-Rückstand vom Sprung auf 10:13. Doch vor der Halbzeit gab es mit dem 1:6 am Reck den nächsten Dämpfer. Auch weil der Italiener Matteo Levaentesi (27) an seinem Spezialgerät zweimal absteigen musste und in seinem Duell ein krachendes 0:5 kassierte. Der 6:2-Erfolg am Boden brachte die Blau-Weißen zurück in die Spur, am Pferd (13:0) erfolgte eine regelrechte Machtdemonstration – auch dank Oleg Verniaiev, der rechtzeitig wieder seine Form fand. Abgeschlossen wurde der Wettkampf mit einer 3:4-Niederlage an den Ringen, wo der armenische WM-Vierte Artur Avetisyan (26), eigentlich der unumstrittene Herr der Ringe bei der TG, mit 0:1 unterlag. „Man hat gesehen, dass bei den internationalen Turnern am Saisonende die Luft raus ist“, zeigte TG-Chef Michels Verständnis.
Felsen in der Brandung waren hingegen die „jungen Wilden“: die saarländischen Eigengewächse Daniel Mousichidis (sieben Punkte), Moritz Steinmetz (fünf) und Maxim Kovalenko (vier) sowie Gabriel Eichhorn (sechs Punkte, alle 19 Jahre alt). „Die Atmosphäre war super. Vor allem bei uns war es extrem laut, die meisten sind extra wegen uns gekommen, und das hat schon sehr viel Spaß gemacht“, sagt Moritz Steinmetz. Den Druck, der durch die enorme Aufmerksamkeit der großen Kulisse entstand, hat er zwar gespürt, ihn aber erfolgreich in Motivation und Konzentration umgewandelt: „Ich habe ja geturnt, als wir noch hinten lagen und als wir gerade erst die Führung übernommen hatten. Das gibt einem schon Druck“, gibt er zu. „Am Anfang schlottern einem schon etwas die Knie, aber wenn man angefangen hat und die Unterstützung spürt, puscht das einen zusätzlich. Dann ist alles andere egal. Man will diese Stimmung aufsaugen und einfach nur seine Leistung bringen.“
Dauser heizte dem Publikum ein

Das galt im Übrigen auch für die vielen deutschen und internationalen Stars, die an diesem Tag in Samstag an den Geräten im Einsatz waren. „Es war sehr spannend – deutlich spannender als die Finals, die ich davor mitgemacht hatte. Von daher bin ich froh, dass ich mit meiner Leistung zum Sieg beitragen konnte“, sagte beispielsweise die 16-jährige Olympia-Teilnehmerin Helen Kevric vom MTV Stuttgart. Tittmoning-Chemnitz kratzte nämlich an der Sensation und führte nach Sprung und Stufenbarren überraschend mit 17:12. Ähnlich sah es Kevrics Teamkollegin, die erfolgreichste deutsche Turnerin Elisabeth Seitz: „Wir waren nicht entspannt und mussten schon zittern“, gab die 31-jährige Sportsoldatin zu. Sie konnte wegen des Trainingsrückstands und Schulterproblemen nach einem sechswöchigen Bundeswehr-Lehrgang nicht mitturnen. „Wir dachten heute, wir hätten eine echte Chance. Wir haben eine super Leistung gezeigt, es war ein toller Wettkampf und die Atmosphäre und Stimmung hier waren super“, sagte Nationalturnerin Karina Schönmaier (19) vom TSV Tittmoning-Chemnitz. Und: „Ich bin sehr stolz darauf, dass ich mit meinem Team hier antreten durfte.“ Stolz, aber auch routiniert bestritten die ehemaligen Nationalturner Lukas Dauser (31) und Andreas Toba (34) das große Finale bei den Männern. Nach seiner umjubelten Barren-Übung heizte Dauser, amtierender Weltmeister an diesem Gerät, die ohnehin schon lautstarke Halle gestenreich weiter an. Sein KTV-Teamkollege Illia Kovtun (21), mit zwölf Punkten Topscorer des Finals, zauberte daraufhin die mit 6.9 Punkten höchstbewertete Übung des Tages an den Barren. „Ich habe im wichtigsten Moment der Saison meine beste Übung hingelegt– das war schon emotional für mich“, sagte Dauser. „Es fühlt sich ein bisschen wie Heimkommen an“, sagte er. Zwischen 2018 und 2020 turnte er für die TG: „Ich hatte hier zwei wunderschöne Jahre und kenne mich hier ein bisschen aus. Deshalb finde ich es super, dass das Finale hier ausgetragen wurde.“
Auch Andreas Toba vom TV Wetzgau hat es in Saarbrücken gefallen. Die Halle sei „sehr gemütlich“ und die Fans hätten „mega getobt.“ Bedauerlicherweise habe auch das Ergebnis gepasst: „Selbst wenn wir heute perfekt geturnt hätten, hätte es gegen dieses starke Straubenhardt nicht gereicht“, stellt er fest. Und sagt anerkennend: „Die haben fast keine Fehler gemacht.“ Nächstes Jahr will er aber selbst ganz oben auf dem Siegertreppchen stehen: „Jetzt gehe ich erst mal in den wohlverdienten Urlaub und fange danach wieder an zu trainieren“, sagte er. Und schiebt mit einem Augenzwinkern nach: „Motivierter denn je.“ Das DTL-Finale findet dann allerdings nicht in Saarbrücken, sondern in Heidelberg statt.