Berlins CDU-SPD-Regierung hat sich vorgenommen, eine Schwebebahn durch die Stadt zu bauen. Und auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will eine Magnetschwebebahn in Nürnberg prüfen lassen. Rückhalt in den Fachwissenschaften haben die Politiker dafür kaum.
Als CSU-Chef Markus Söder seine Pläne vorstellt, gibt es frotzelnde Kommentare auf „X“: Alle paar Jahre komme ein Politiker auf die Idee, eine Magnetschwebebahn zu bauen. Jetzt solle es eine Machbarkeitsstudie geben. „In drei Jahren wissen wir dann, dass das viel zu teuer ist. Derweil haben wir rund 90 Milliarden Investitionsstau bei der Bahn“, heißt es in dem Tweet weiter.
Die Berliner Regierung will ihr 80 Millionen Euro teures Vorhaben einer fünf bis sieben Kilometer langen Teststrecke durch ein „Klima-Sondervermögen“ außerhalb des regulären Haushalts finanzieren: Wie dies allerdings dem Klima oder einer Verkehrswende zugutekommen soll, ist fraglich. Argumentiert wird, dass eine Magnetschwebebahn vergleichsweise günstig zu bauen sei. Transportieren soll sie Personen und Güter, und sie soll automatisch fahren.
Experte hält Pläne für völlig unausgegoren
Fachwissen aus der Mobilitätforschung hatten sich die Koalitionäre offenbar nicht geholt. Nur ein paar Kilometer entfernt vom Roten Rathaus, dem Berliner Regierungssitz, hätte Dr.-Ing. Markus Hecht, Professor für Schienenwesen an der Technischen Universität Berlin, rasch eine Einschätzung geben können. Sein Urteil ist eindeutig: „Die Magnetschwebebahn zieht ihren Vorteil immer aus dem Vergleich von Äpfeln und Birnen: Die aufgeständerte Bauweise der Magnetbahn wird mit dem Tunnelbau einer U-Bahn in schwierigem Umfeld verglichen.“ Der Preisunterschied hat also nichts mit der Antriebsart zu tun: Hochbahnen auf „Stelzen“ sind einfacher zu bauen als Untergrundbahnen, für die aufwendig ein Tunnel gebohrt werden muss. Genauso gut und wesentlich billiger könne man auch eine ganz normale Bahnstrecke als Hochbahn bauen. „Warum wird nicht die aufgeständerte Eisenbahn, wie sie in Japan in besonders lärmarmer Ausführung Standard ist, als Referenz genommen?“, fragt Hecht. Er gibt zudem zu bedenken, dass die Zulassung von aufgeständerten Bahnen in Deutschland „sehr schwierig“ sei. Auch die Modernisierung von Fahrzeugen der wohl berühmtesten Schwebebahn in Wuppertal sei nicht selbstverständlich gewesen. „Wenn die Bahn nicht die absolute lokale Spezialität wäre, wäre sie bei dem Vorhaben sonst sicher stillgelegt worden“, sagt Hecht. „Sie war lange Zeit mehr tot als lebendig.“
„Auch dass die Magnetschwebebahn vollautomatisch und personallos verkehren soll, ist für neue Nahverkehrssysteme heute Standard und keineswegs ein Spezifikum einer Magnetbahn.“ Zudem kritisiert Hecht die schlechte Energieeffizienz. Ihr Antriebsprinzip beruht darauf, dass Magnete an einer Führungsschiene periodisch so umgepolt werden, dass der Zug durch ein wanderndes Magnetfeld beschleunigt wird. Die Elektromagnete bestehen unter anderem aus einer Magnetspule und einem innen liegenden Anker. Die Abstände zwischen diesen beiden Bauteilen liegen bei einem stationären Elektromotor bei einigen Zehntel Millimeter. Wegen der Unebenheiten der Fahrstrecke muss dieser Abstand bei einer Magnetbahn auf mindestens einen Zentimeter erweitert werden. „Dieser viel größere Abstand führt zu einem wesentlich schlechteren Wirkungsgrad.“
Und dann gibt es noch Sicherheitsbedenken: Bei den heutigen aufgeständerten Schienenbahnen, zum Beispiel der Berliner S-Bahn, könnten die Fahrgäste in einem Notfall jederzeit die Wagen verlassen. „Ich kenne aber keine Magnetschwebebahn, bei der dieses Sicherheitskonzept momentan integriert ist“, sagt Hecht. Ohne derartige Fluchtwege gibt es aber keine Zulassung. Seine Alternative wären Schnellstraßenbahnen. Sie seien von der Verkehrsleitung ähnlich, Kosten und Risiko seien viel geringer und sie ermöglichten eine schnelle Netzwirkung. Zudem sei eine Modernisierung sehr viel leichter möglich.