Nach dem Trainingslager im spanischen Novo Sancti Petri steht der 1. FC Saarbrücken vor dem Rückrundenauftakt gegen 1860 München. Ein Sieg ist fast schon Pflicht.

Wenn man dem Spruch, „Eine verpatzte Generalprobe sorgt für eine gelungene Premiere“ Glauben schenken darf, dann darf der 1. FC Saarbrücken voller Zuversicht in den Rückrundenauftakt gegen 1860 München gehen. Die nackte Wahrheit sieht freilich anders aus. Das einzige Testspiel im Trainingslager im spanischen Novo Sancti Petri ging gegen den Ligakonkurrenten VfB Stuttgart 2 mit 3:2 verloren. „Wir müssen früh in Führung gehen. Danach kassieren wir einen blitzsauberen Konter und machen uns zwei weitere Tore quasi selbst rein. Vielleicht war es ein Warnschuss zur rechten Zeit“, analysierte Trainer Rüdiger Ziehl nach dem Abpfiff. Kai Brünker mit einem direkt verwandelten Elfmeter und Richard Neudecker mit einem Nachschuss verkürzten für die Blau-Schwarzen, die wenig Torgefahr ausstrahlten, auch wenn Ziehl anmerkte: „Ganz so negativ sehe ich es nicht. Die Aktionen im Strafraum, in denen die Elfmeter herausspringen, haben wir uns ja auch rausgespielt. Wir haben gute Ballpassagen gehabt und sind oft hinter die Kette gekommen. Aber die Abstimmung im letzten Drittel war nicht optimal. Wir wissen, was wir zu tun haben“, sagte Ziehl.
Die Stürmersuche zieht sich hin
Ihm wird nicht entgangen sein, wie groß der Druck im Umfeld ist. Viele Fans haben die Verpflichtung eines weiteren Stürmers quasi zum Allheilmittel auserkoren. Doch eine schnelle Lösung hat es nicht gegeben und wird es wohl auch nicht bis zum 1860-Spiel. „Wir sind dran“, sagte Ziehl, „am Ende müssen drei Parteien wollen. Der Spieler, wir und der abgebende Verein. Das ist dann manchmal nicht so einfach.“
Das große Problem der Blau-Schwarzen ist Folgendes: Innerhalb der Branche wird die Offensivabteilung bei Weitem nicht so kritisch gesehen wie beim eigenen Anhang. Mehrere Bundesligisten haben einem Leihgeschäft einen Riegel vorgeschoben, weil der FCS keine Einsatzzeiten garantieren kann. Und im Fall von Dominik Martinovič, der ein Angebot von Rot-Weiß Essen vorzog, ging es auch nicht ums Geld. Martinovič soll während der Vertragsgespräche Bedenken geäußert haben, ob Ziehl auf ihn setzen wird, sollte Patrick Schmidt wieder in Form kommen. „Wir kommentieren solche Spekulationen nicht. Aber es ist nachvollziehbar, wenn ein Spieler sagt, er geht zu einem Verein, wo er quasi eine Stammplatzgarantie bekommt. Die hat bei uns eigentlich kein Spieler“, sagt der Trainer. Dennoch hat sich eine Startformation bereits herauskristallisiert. Die Wachablösung in der Defensive hat mehr oder weniger stattgefunden.
Stand jetzt sind Joel Bichsel und Dominik Becker gesetzt. Becker hatte sich im Stuttgart-Spiel allerdings einen Pferdekuss zugezogen. „Ich denke, dass wir das hinbekommen. Ansonsten haben wir viele Alternativen. Sven Sonnenberg und Lasse Wilhelm haben ganz stark trainiert“, sagte Ziehl. Und auch Bjarne Thoelke und Kapitän Manuel Zeitz sind wieder Alternativen, auch wenn Zeitz vom Trainer eher im defensiven Mittelfeld gesehen wird. Große Hoffnungen sind mit Sebastian Vasiliadis verbunden, der gegen Stuttgart 60 Minuten durchhielt und einen guten Eindruck hinterließ. Patrick Sontheimer ist auf der Sechser-Position ohnehin ein Fixpunkt, und im offensiven Mittelfeld hat Richard Neudecker die Nase vor Tim Civeja, der in Spanien allerdings einen sehr guten Eindruck hinterließ. „Der Konkurrenzkampf ist krass. Es wird den einen oder anderen etablierten Spieler treffen, der gegen München nicht im Kader sein wird“, sagte Ziehl. Angesprochen auf die Probleme in der Offensive meinte er lapidar: „Wir müssen weiter hart arbeiten, dann wird irgendwann der Knoten platzen.“

Debatte um Sardo belastet die Stimmung
Es herrscht in gewisser Hinsicht also das Prinzip Hoffnung – vor allem, was die Offensivleistung angeht. Die Stimmung war in der Woche unter exzellenten Bedingungen in Andalusien durchweg positiv und wurde eigentlich nur von permanenten Medienberichten über angebliche Angebote für den Italiener Jacopo Sardo getrübt. Die Trainingsleistungen des 19-Jährigen waren ordentlich, aber keinesfalls so, dass er an Tim Civeja oder Elijah Krahn vorbeikommen könnte. Von Neudecker oder Vasiliadis ganz zu schweigen. Und in der Gruppe wirkt der eher schüchterne Italiener nach wie vor kaum integriert. Ziehl und Sportdirektor Jürgen Luginger haben Sardo in einem längeren Gespräch seine Perspektiven aufgezeigt. „Das erste Profijahr ist ein Lehrjahr. Er muss Geduld haben“, sagte Luginger. „Es ist immer die Frage, was der Spieler sagt und was sein Umfeld sagt. Er ist kein verkehrter Junge.“
Die 20 Minuten, die Sardo gegen Stuttgart spielen durfte, bestätigten bisherige Einschätzungen. Am Ball ist er außergewöhnlich veranlagt, seine Zweikampfquote war dagegen selbst gegen eine U23 extrem mäßig. Es gehört viel Vorstellungskraft dazu, dass aus dem Sorgenkind doch noch ein Mehrwert für die Mannschaft erwächst. Medienberichte, wonach Vereine aus dem In- und Ausland mit relevanten Ablösesummen um eine Verpflichtung Sardos buhlen, mochte in Spanien jedenfalls keiner der Verantwortlichen bestätigen. „Ich werde die ganze Angelegenheit nicht mehr kommentieren“, sagt Ziehl. Innerhalb der Mannschaft hat Sardo einen schweren Stand. Schon in der ersten Einheit in Spanien wurde er in einem Zweikampf ordentlich „abgeräumt“. Trainer Ziehl musste verbal einschreiten. „Er ist hier, er kann alles mitmachen. Das ist der Stand jetzt. Wie es morgen ist, keine Ahnung“, sagt er. Das Thema dürfte den FCS bis zum Ende der Transferperiode begleiten. Gegen München werden es ohnehin andere Akteure richten müssen. Ein Fragezeichen steht hinter Dominik Becker (Prellung) und Julian Günther-Schmidt (Leistenprobleme).