Die Wärmeplanungen in deutschen Kommunen kommen voran. Nur wenige, wie Mannheim, können bereits heute gesicherte Daten nennen, wann sie kein fossiles Gas mehr liefern wollen – weil sie bereits früh mit dem Umbau begonnen haben.

Wie soll die Wärmeversorgung in den kommenden Jahrzehnten aussehen? Diese Frage müssen derzeit alle deutschen Gemeinden und Städte beantworten – und sie scheinen damit bereits recht weit vorangekommen zu sein. Mehr als ein Drittel der Kommunen beschäftige sich bereits konkret mit der Wärmeplanung, teilte das Kompetenzzentrum Wärmewende (KWW) in Halle (Saale) mit. Darunter seien alle großen Kommunen. Besonders weit vorangeschritten ist die Erstellung der Wärmepläne demnach in Baden-Württemberg. Hier haben nach Daten des KWW bereits 13 Prozent der Kommunen die Erstellung der Wärmepläne komplett abgeschlossen. Von den 160 Kommunen bundesweit, die die Wärmeplanung abgeschlossen haben, kommen 148 aus dem Südwesten. Damit begonnen haben insgesamt 3.652 von bundesweit 10.754 Kommunen. 72 Prozent der Kommunen in Nordrhein-Westfalen sind mitten in den Planungen, und auch die saarländischen Kommunen (64 Prozent) haben bereits größtenteils damit begonnen. Noch etwas hinterher sind Kommunen in Thüringen (elf Prozent). Sachsen und Bayern (jeweils 18 Prozent).
Plan für 160 Kommunen steht
Kritik gibt es von einigen Kommunen, etwa aus Sachsen-Anhalt, weil noch nicht alle Landesregierungen gesetzliche Regelungen zur Wärmeplanung erlassen haben. Die fehlende gesetzliche Grundlage erschwere das Handeln der Kommunen und mache die Datenerhebung aufwendig. Im Saarland hat noch keine Kommune ihre Planung abgeschlossen. Im vergangenen November trat erst das landesspezifische Wärmeplanungsgesetz in Kraft, sodass die Planungen nun weitergehen oder abgeschlossen werden können. Aktuell heizt fast die Hälfte aller Saarländerinnen und Saarländer noch mit Gas.
Fakt ist: Das Heizen mit fossilem Gas soll mittel- bis langfristig auslaufen, die Versorger bereiten sich bereits unter anderem mithilfe der Wärmeplanung vor. Jene Wärmepläne stellen perspektivisch fest, welche Technologien und Energieträger für die jeweilige Region geeignet sind. So sollen Investitions- und Planungssicherheit für Gebäudeeigentümer, Unternehmen und Kommunen entstehen. Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern müssen ihre Wärmepläne bis Mitte 2026 vorlegen, kleinere Kommunen haben bis 2028 Zeit. Sie spielt auch eine Rolle in Bezug auf das Gebäudeenergiegesetz. Dieses sieht vor, dass von 2024 an jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Dies gilt zunächst für Neubauten in einem Neubaugebiet. Für bestehende Gebäude gelten Übergangsfristen, abhängig von den Fristen der kommunalen Wärmeplanung. Hauseigentümer sollen danach Klarheit haben, ob sie zum Beispiel an ein Fernwärmenetz angeschlossen werden oder ob sie sich bei einer neuen Heizung um eigene dezentrale Lösungen kümmern sollen, zum Beispiel eine Wärmepumpe. Generell gilt: Funktionierende Heizungen können weiter betrieben werden. Das gilt auch, wenn eine Heizung kaputtgeht, aber noch repariert werden kann.
Am deutlichsten ist die Planung in Mannheim vorangeschritten. Dort will der Energieversorger MVV ab 2035 sein Gasnetz stilllegen und schon bis 2030 vollständig erneuerbare Energie nutzen. Fernwärme versorgt bereits heute 60 Prozent der Mannheimer, 10.000 neue Wohnungen sollen bis dahin an das Fernwärmenetz angeschlossen werden, 100 Kilometer neues Fernwärmenetz gebaut werden. Ein Biomasse-Kraftwerk hat der MVV dafür bereits zum Heizkraftwerk umgebaut, 2023 wurde Deutschlands größte Wärmepumpe am noch im Betrieb befindlichen Steinkohlekraftwerk in Betrieb genommen. Sie speist Wärme aus dem Flusswasser des Rheins in das städtische Fernwärmenetz ein.
Ähnliche Ausstiegsmeldungen kommen aus München und Augsburg – dort ist jedoch noch nichts beschlossen – und auch Stuttgart würde gern ab 2035 auf Wärmenetze und die Wärmepumpe setzen. Kaum eine Stadt vertritt dies jedoch derzeit so offensiv und so planvoll wie Mannheim. Offenbar will sich kaum eine Kommune mit seinen Einwohnerinnen und Einwohnern anlegen, denn es geht ums Geld und verunsicherte Bürger. Man befürchtet Konflikte wie seinerzeit rund um das Gebäudeenergiegesetz.
Schnellere Abschreibung

Diese Konflikte zeigen sich bereits in Mannheim. So sind dort die Kosten für einen Fernwärmeanschluss gestiegen. Ein neuer Gasanschluss wird jedoch noch teurer. Regionale Interessengemeinschaften gehen dagegen vor, meldet der SWR. Mannheim unterstützt den Umstieg durch zusätzliche Gelder für neue Heizungen und Wärmepumpen, so könnten bis zu 70 Prozent der Kosten mithilfe von Bundes- und Kommunalförderprogrammen erstattet werden, heißt es in den entsprechenden Förderanträgen. Entscheidend für den MVV aber war laut Aussagen des Versorgungsunternehmens die CO2-Bepreisung von Gas, die in den kommenden Jahren steigen wird. Jedoch kosten auch Betrieb und Wartung der existierenden Gasnetze – heute mehr als noch vor einem Jahr. Dem raschen Preisanstieg für denjenigen Teil der Gasnetze, der nicht in das kommende Wasserstoffnetz integriert werden wird, soll eine schnellere Abschreibungsmöglichkeit von Versorgern für ihre Gasnetze entgegenwirken. Dafür hat im vergangenen Jahr die Bundesnetzagentur gesorgt. Dort heißt es, dass die trotz sinkender Absatzmengen weiterhin anfallenden Kosten der Gas-Infrastruktur und der Versorgungssicherheit zeitlich so auf die nächsten Jahre und Jahrzehnte bis 2045 verteilt werden können, dass sie noch von möglichst vielen Kunden getragen werden können. „Diese Kosten werden damit lediglich zeitlich verschoben. So wird verhindert, dass Kunden, die langsamer als andere aus der Erdgasnutzung aussteigen können, zu hohe Belastungen tragen müssen. Ohne diese Maßnahme müssten die verbleibenden Nutzer über die Zeit immer höhere Entgelte tragen“, so die Bundesnetzagentur.
Trotzdem ist die Verunsicherung groß. Nur weil manche Kommunen, wie Mannheim, bereits sehr früh in ihre Dekarbonisierung investiert haben, schon länger Fernwärmenetze betrieben und bereits heute so weit sind, können sie gesicherte Daten nennen. Klar ist eines: Die Wärmeversorgung wird dezentraler und hängt von vielen regionalen Vorbedingungen ab. Bis endgültige Aussagen darüber getroffen werden können, was wann mit welchen Gasnetzen passiert, müssen in vielen anderen deutschen Kommunen jedoch erst die Wärmeplanungen abgeschlossen sein. Frühestens also 2028.