Im letzten Gruppenspiel der Champions-League-Vorrunde wartet auf die BR Volleys ein Topteam. Der Deutsche Meister will beweisen, dass er mit den besten Clubs Europas mithalten kann.

Für den anvisierten Zuschauer-Rekord gab Louisa Lippmann alles. Im Vorfeld des Doppel-Spieltags rührte die fünffache „Volleyballerin des Jahres“ reichlich die Werbetrommel, dann gab sie für eine Auswahl an Nachwuchsspielerinnen auf dem Hauptcourt der Max-Schmeling-Halle eine Trainingseinheit. Und am Heimspielevent selbst war die Olympiastarterin als prominenter Kopf auch gefragt. Autogramme schreiben hier, Selfies machen da – hauptsache, die Fans blieben in der Schmeling-Halle. Denn nach dem Jahresauftakt des Männerteams des Deutschen Meisters BR Volleys gegen Karlsruhe (3:0) stand noch das Zweitliga-Frauenspiel zwischen dem Berlin Brandenburger Sportclub (BBSC) gegen VfL Oythe auf dem Programm. Auch zahlreiche andere Aktionen vor Ort sollten dafür sorgen, dass die Spielpause attraktiv überbrückt wird und möglichst wenige Zuschauer nach Hause gehen. Und es klappte: Von den 5.125 Fans beim Match der BR Volleys blieben 3.531 bis zum Anpfiff bei Kooperationspartner BBSC. Es war ein neuer Saisonrekord für den deutschen Frauenvolleyball, auch deshalb werteten die Verantwortlichen den Doppel-Spieltag Mitte Januar als großen Erfolg. Auch wenn der Aufwand für eine solche Aktion enorm war.
Zuschauerrekord beim BBSC
„Der Aufwand ist schon größer, aber wir machen das gern“, sagte BR-Volleys-Manager Kaweh Niroomand, der von einem „Highlight“ für den Volleyball in Berlin sprach. „Wir wollen den Frauenvolleyball in Berlin sichtbarer machen“, sagte Niroomand über den Hauptbeweggrund der Aktion. Denn zusätzliches Geld wurde zumindest mit den Eintrittskarten nicht verdient. Die besaßen Gültigkeit für beide Partien. Das Event sei „eine zentrale Idee unserer Kooperation mit dem BBSC“ gewesen, ergänzte Niroomand. Das Team spielt ansonsten in der Sporthalle Hämmerlingstraße in Köpenick in einem deutlich kleineren Rahmen. Ob der Doppel-Spieltag eine einmalige Aktion war oder vielleicht künftig einmal pro Jahr durchgeführt wird, ließ der Manager offen: „Das weiß ich nicht.“ Klar ist aber, dass die Kooperation allgemein in den nächsten Jahren fortgesetzt wird. „Wenn die Verantwortlichen beim BBSC es richtig machen, dann kann man danach auch über weitere Schritte nachdenken“, sagte Niroomand.
Die Zusammenarbeit geht über den Doppel-Spieltag weit hinaus. Man stehe mit Rat und Tat in Fragen des Teammanagements, der Medienarbeit und der Organisation von Heimspielen zur Seite, berichtete Niroomand. Sein eigener Club profitiert davon – zumindest aktuell – nicht. Doch die BR Volleys wollen auch ihrer sozialen Verantwortung als Verein gerecht werden. „Es hat uns enorm motiviert, diese Zusammenarbeit mit einem reinen Frauenklub einzugehen, wo 300 Frauen und Mädchen in unterschiedlichen Altersklassen Volleyball spielen“, sagte Niroomand: „Das ist ein tolles Projekt.“
Sportlich interessiert den deutschen Rekordmeister aber ein ganz anderes Projekt: die Champions League. In der Bundesliga eilt der Dominator zwar von Titel zu Titel, doch für einen internationalen Coup hat es bislang noch nicht gereicht. Nicht mal ansatzweise. In den zwölf bisherigen Jahren in der Königsklasse waren viele Enttäuschungen dabei, zuletzt rückte das Team aber dichter an die europäische Spitze heran. Viermal hintereinander reichte es jeweils zum Viertelfinal-Einzug – doch spätestens dann war Endstation. Es entwickelte sich gar ein „italienisches Trauma“, denn immer waren es italienische Mannschaften, die für das Aus der BR Volleys gesorgt hatten. Doch Niroomand glaubt, dass es einen Lerneffekt gegeben hat: „Je öfter man auf diesem Niveau spielt, desto besser ist es.“ Bis zu den K.o.-Duellen, womöglich erneut gegen eine italienische Mannschaft, ist es aber noch etwas hin. Zunächst steht das Gruppenfinale an – und das hat es in sich.
Im Heimspiel am 29. Januar gegen den polnischen Topclub PGE Projekt Warschau, der bereits als Gruppenerster feststeht und sich damit das direkte Viertelfinalticket gesichert hat, wollen die Berliner beweisen, dass sie auch mit den ganz Großen mithalten können. Man wolle „am letzten Spieltag vor eigener Kulisse noch ein ganz großes Match gegen Warschau“ zeigen, versprach Niroomand. Doch die Gäste aus Polen reisen mit dem Selbstvertrauen an, alle fünf bisherigen Partien gewonnen zu haben. Die Berliner dagegen haben eine Niederlage kassiert – gegen Warschau. Das 0:3 in Polens Metropole war ein Stimmungsdämpfer in der ansonsten bislang starken Champions-League-Saison. „Wir können in der Champions League auf jeden Fall mithalten“, sagte Nationalspieler Ruben Schott. Vor allem der 3:0-Auswärtssieg in Slowenien bei ACH Volleys Ljubljana sorgte bei Trainer Joel Banks für große Zufriedenheit: „Wir gewinnen gegen einen solchen Gegner auswärts ohne Satzverlust und lassen zweimal keine 20 Punkte zu. Das ist klasse.“
16 Siege in 16 Ligaspielen
Die BR Volleys sind in der Tat näher herangerückt an die internationalen Topclubs aus Italien, Polen und der Türkei – doch ein ernsthafter Kandidat für den Gesamtsieg sind sie (noch) nicht. Selbst als Gruppenzweiter ist die Champions-League-Saison aber noch nicht endgültig zu Ende. Es besteht noch die Chance, gegen einen anderen Gruppenzweiten oder den besten Gruppendritten in Play-off-Spielen einen von noch drei freien Plätzen fürs Viertelfinale zu buchen. Die Runde der besten acht Teams wird in Hin- und Rückspiel ausgetragen.

In der Bundesliga läuft derweil alles nach Plan. Das jüngste 3:1 im Prestigeduell am Bodensee mit dem VfB Friedrichshafen war der 16. Sieg im 16. Ligaspiel, lediglich vier Sätze hatte das Team von Trainer Joel Banks bis dahin abgegeben. Die Dominanz, die der Titelverteidiger in der Saison ausstrahlt, ist für die Konkurrenz fast schon beängstigend. Stolze 13 Punkte betrug der Vorsprung auf das neuformierte Team aus Friedrichshafen, das in diesem Jahr kein ernsthafter Rivale im Kampf um die Meisterschaft zu sein scheint. Einzig die SVG Lüneburg kann in der Hauptrunde einigermaßen Schritt halten. Die SWD powervolleys Düren, der nächste Gegner an diesem Samstag (25. Januar), dürfte auch kein Stolperstein vor dem anschließenden Champions-League-Kracher gegen Warschau sein.
Vor allem Diagonalangreifer Jake Hanes ist von den Bundesliga-Gegnern kaum zu stoppen, wenn er erstmal so richtig in Fahrt kommt. Dazu hat er in Johannes Tille einen kongenialen Zuspieler. Da auch Kyle Dagostino zuletzt als Libero überzeugte, ist das Gesamtpaket der Berliner für die Bundesliga zu stark. Doch den Schlendrian will Trainer Banks gar nicht erst einziehen lassen. Der Niederländer fiel in der Saison schon öfter dadurch auf, dass er trotz eines klaren Sieges auch Schwächen aufdeckte und öffentlich den Finger in die Wunde legte. „Es hat mir nicht gefallen, dass wir dann eine gewisse Arroganz gezeigt und den Fuß vom Gas genommen haben“, hatte er beispielsweise nach dem 3:0-Heimerfolg gegen Karlsruhe gesagt. Denn die wahren Herausforderungen, das weiß auch Banks, warten in der Champions League. Und da wird jeder Fehler sofort bestraft.