Mit dem „Café Fe“ hat das Gastronomen-Paar Felix Hellwig und Paola Martinez de Hellwig eine neue Frühstücksoase auf der „Schöneberger Insel“ geschaffen. Das neue Lokal an der Leberstraße ist ein perfekter Rückzugsort für die grauen Tage im Berliner Winter.

Als ich unserem Fotografen am Telefon von dem Café erzähle, in dem wir uns treffen wollen, muss er zweimal nach dem Namen fragen. „Fee?“, fragt er. „Ist das nicht das Ding, das fliegt?“ Nein, sage ich, das dachte ich anfangs auch. Doch das „Café Fe“ schreibt sich nur mit einem „e“, nicht mit zwei, korrigiere ich ihn. Insgeheim ertappe ich mich dabei, wie auch ich über die Schreibweise des besagten Kaffeehauses irritiert bin. Warum heißt diese Schöneberger Location denn nicht „Café Fee“ oder „Kaffeefee“? Warum fehlt ein „e“? Soll es denn etwa nicht um eine Anspielung auf übernatürliche Wesen mit magischen Kräften gehen?
Spanisches „Fe“ steht für Glaube oder Hoffnung
Wie falsch ich mit meiner Vermutung gelegen habe, erfahre ich während meines ersten Besuchs in dem kleinen Kaffeehaus. Es liegt in Berlin-Schöneberg und wurde gegründet von Felix Hellwig und seiner Frau Paola Martinez de Hellwig, die ihre Wurzeln im südamerikanischen Kolumbien hat. „Angefangen hat es mit einem Tattoo, das sich mein Bruder und ich vor vier Jahren haben stechen lassen“, erzählt sie mir im Gespräch. Dann zeigt sie mir eine schwungvoll gezeichnete Tätowierung auf ihrem Unterarm. Fe steht dort. „Das ist spanisch und bedeutet so viel wie Glaube oder Hoffnung“, erläutert die Wahl-Berlinerin aus Bogotá. Ihr Mann Felix fand das Motiv so schön, dass er meinte, es passe auch als Logo für ein weiteres Café. Zu dieser Zeit führte das Paar schon ein anderes Frühstückslokal.

Nun gut, dann lag ich also daneben mit meiner Assoziation von magischen Wesen mit Flügeln. Bezaubernd ist das kleine Kaffeehaus des Gastronomen-Paares dennoch. Seine warme, heimelige Atmosphäre zieht mich sofort in seinen Bann. Gerade, wenn draußen wieder einmal quasi sibirische Temperaturen herrschen und Berlin seit Tagen im Wintergrau zu versinken droht. Warmes Licht aus Pendelleuchten beleuchtet die Holzmöbel und allerlei Grünpflanzen, gelungen akzentuiert durch die Anthrazittöne an den Wänden. In einer Ecke entdecke ich Kinderspielzeug, eine Kiste voller Bilderbücher. „Hier treffen sich manchmal Müttergruppen, einen Wickeltisch und Windeln haben wir auch“, sagt Felix Hellwig, der gemeinsam mit Paola eine Familie mit drei Kindern hat.
Aus der Not eine Tugend gemacht

Einladend wirkt auch das taubenblaue Zweiersofa samt hölzernem Nierentisch. Dahinter befindet sich ein an die Wand gemaltes Bücherregal. Zumindest denke ich das, als ich die schwarze, comic-artige Strichführung sehe. Doch der Schein trügt: Das 2D-Regal an der Wand ist weder gezeichnet noch gemalt. „Das hat Paola selbst gemacht – mit schwarzem Klebeband“, weiß Felix Hellwig zu berichten. Chapeau! Auch wenn seine Frau zuvor Architektur studiert hat – für so viel Akkuratesse bedarf es schon einiges an handwerklichem Geschick. Auch alles andere hat das Gastronomen-Paar in Eigenregie gestaltet – bis auf die Bar, die Felix Hellwig von einem Tischler hat anfertigen lassen. Zudem wurde ein Teil des Mobiliars von den Vorbesitzern übernommen, als das Café noch „Taubenschlag“ hieß. Ende Mai vorigen Jahres wurde das „Café Fe“ schließlich eröffnet.

Felix Hellwig und Paola Martinez de Hellwig sind nach und nach in den gastronomischen Bereich hineingewachsen. Die gebürtige Kolumbianerin kellnerte während ihres Studiums, während ihr Mann, der gelernter Anlagen-Techniker ist, als Club-Manager im „Havanna“ tätig war. Dann kamen die ersten Lockdowns. Der legendäre Tanz-Club war vorübergehend geschlossen, und das Paar hatte erst einmal keine Jobs mehr in der Gastronomie. Doch die beiden machten aus der Not eine Tugend: Mit einem Coffee-Bike machten sich die beiden selbstständig und fuhren quer durch Berlin, um das heiße Bohnengetränk an den Mann und an die Frau zu bringen. Mit Kaffeeangeboten sollte es auch weitergehen, wenn auch nicht mehr in mobiler Form. Im Frühjahr 2021 eröffneten sie mit „Mattea“ an der Frankenstraße ihr erstes Frühstückslokal, bis drei Jahre später das „Café Fe“ dazu kam.
Die nahe der Julius-Leber-Brücke gelegene Location befindet sich am Rande der sogenannten „Schöneberger Insel“, einer ruhigen Wohngegend mit vielen kleinen Läden und Cafés. Das Areal rund um den Gasometer wird inselförmig von den drei S-Bahnhöfen Schöneberg, Südkreuz und Yorkstraße eingegrenzt. Dort lebten bekannte Berliner Künstlerinnen wie Hildegard Knef und Marlene Dietrich. Die deutsch-amerikanische Sängerin, die ihren Durchbruch in der Rolle der Lola Lola im Film „Der blaue Engel“ hatte, wurde 1901 ein paar Häuser weiter, in der Leberstraße 65, geboren. Als historisch sehr sozialdemokratisch geprägte Gegend wird der Kiez manchmal auch noch als „rote Insel“ bezeichnet. Dort kam es während der Weimarer Republik zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Sozialdemokraten, Kommunisten und Nationalsozialisten.

Wahr gewordener Traum für Naschkatzen
Erzählt wird auch eine Anekdote um einen Getränkehändler namens Bäcker. Bei der Durchfahrt von Kaiser Wilhelm I. soll er eine rote Fahne aus seinem Fenster an der Leberstraße gehängt haben, um gegen das Sozialistengesetz des Kaisers zu protestieren.
Heute wirkt die Gegend sehr friedlich und weitaus weniger politisch als damals. Als ich mit dem Fotografen die Leberstraße 1 bis 3 besuche, ist das kleine Café schon halb gefüllt. Am Nebentisch sitzen zwei Asiatinnen, hinter uns unterhält sich ein französisches Trio. Weil uns die Auswahl an Leckereien wie hausgemachte Limonaden und Smoothies, Granola-Müslis, belegte Bagels und Kuchen so schwerfällt, geben wir unsere kulinarische Entscheidungsfindung ganz in die Hand unserer Gastgeber.
Zu meiner großen Freude ist noch ein Platz auf dem anfangs erwähnten Samtsofa vor der Wand mit dem fiktiven Regal frei. Dann wird nach allen Regeln der Kunst aufgetischt, und unser Frühstückstisch wird bald voll – unter anderem mit der Lieblingsspeise der beiden Gastronomen. Das sind herzhafte Waffeln mit Cheddar-Käse, gebratenem Speck und einem Spiegelei on top. Köstlich! Der Clou des Ganzen ist der Waffelteig, wie mir Paola Martinez de Hellwig auf Nachfrage verrät: „Schon in den Teig gebe ich etwas Goudakäse sowie Gewürze wie edelsüßes Paprika, Thymian und Rosmarin.“ Sie muss es wissen, schließlich stehen sie und ihr Mann eigenhändig in der Küche und produzieren die Köstlichkeiten auf unserem Tisch.

Ein wahr gewordener Traum für Naschkatzen ist der French Toast mit Zimt und Zucker an hausgemachter Beerenkonfitüre, dem auch der begleitende Fotograf nicht widerstehen kann. „Dafür muss ich heute unbedingt noch Sport machen“, sagt er und nimmt noch ein Häppchen von der süßen Sünde. Ich nippe stattdessen an meiner hausgemachten Zitronen-Ingwer-Limonade. Ihre Zutaten sollen ja schließlich auch den Metabolismus und die damit einhergehende Kalorienverbrennung ankurbeln. Außer dem Zucker natürlich.
Eher deftig, aber ebenso köstlich geht es dann mit einem Tellerchen Eggs Benny weiter. Für die pochierten Eier auf dem Briochebrot verwendet das bi-kulturelle Duo stets Bio-Eier. „Das Pochieren funktioniert nur mit Eiern aus biologischer Haltung“, weiß Felix Hellwig aus Erfahrung.
Eine Neuentdeckung für mich an diesem Tag ist wiederum etwas Süßes: Der Burnt Cheesecake, auch als baskischer Käsekuchen bekannt, ist ein Käsekuchen ohne Boden und absichtlich angebrannter Oberfläche. Wider Erwarten schmeckt die dunkle Kruste nicht bitter, sondern leicht karamellig. Auch die cremige, mousseartige Textur überzeugt uns beide. „Man backt diesen Kuchen in einem sehr heißen Ofen bei nur circa 20 Minuten Backzeit, und danach sollte er mindestens eine Nacht im Kühlschrank stehen“, erläutert mir Paola Martinez de Hellwig das Prozedere.
Am Ende sind nicht nur alle meine Fragen beantwortet, sondern ich bin auch satt. So schaffe ich es nicht mehr, jenes Bagel mit südamerikanischem Touch zu kosten, das mich bei meinem Abschied von der Vitrine aus anlächelt: Das gekringelte Brot ist mit Ají de Aguacate gefüllt, also einer scharf gewürzten Avocadosoße nach kolumbianischem Rezept. Aber das Jahr ist noch jung, und der nächste Hunger kommt sicher bald.