Nach der Pandemie ist vor dem Urlaub: Die Deutschen fahren und fliegen wieder mehr in die Ferien. Und dies trotz steigender Flugpreise, die auch in den nächsten Jahren kaum billiger werden dürften.
Jahresanfang 2025 – Zeit, mal wieder den Urlaub zu planen. Glaubt man den reinen Zahlen, steuert Deutschland wieder auf ein Rekordjahr im Tourismus zu. Immerhin diese eine Branche trotzt der mittelmäßigen bis pessimistischen wirtschaftlichen Stimmung im Land. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) übertreffen die der Jahre vor der Pandemie: Im November 2024 zählten Hotels, Gasthöfe, Campingplätze und andere Beherbergungsbetriebe hierzulande 32,3 Millionen Übernachtungen, 4,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Von Januar bis November summieren sich die Übernachtungen damit auf 465,3 Millionen. Das sind 1,8 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum und etwas mehr als der bisherige Höchstwert für die ersten elf Monate eines Jahres aus dem Vor-Corona-Jahr 2019. Damals gab es 464,7 Millionen Übernachtungen. Die Zahlen, die für die größeren Betriebe mit mindestens zehn Übernachtungsmöglichkeiten gelten, zeigen ein kräftiges Plus bei deutschen Übernachtungsgästen wie bei ausländischen.
Hohe Reiselust trotz lahmender Wirtschaft
„Dass trotz unbeständigen Wetters und der Weihnachtsferien die Übernachtungszahlen im November gestiegen sind, ist ein absolut positives Zeichen“, sagt hierzu Norbert Kunz, Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes (DTV). Viele Menschen halten zwar nach der Inflationswelle ihr Geld zusammen, bei Urlauben sind die Bundesbürger aber traditionell ausgabefreudig. Und dies scheint auch für das aktuelle Jahr zu gelten. Hier meldet die Branche derzeit starke Buchungszahlen. Der Reiseveranstalter Dertour etwa verzeichnet für den Sommer Buchungseingänge auf Rekordniveau.
Auch Branchenführer Tui profitiert. Konzernchef Sebastian Ebel rechnet für 2025 mit weiteren Zuwächsen. Die Wintersaison sei gut angelaufen und für den Sommer lägen bereits sieben Prozent mehr Buchungen vor als vor einem Jahr, sagte Ebel im Dezember, und das Reiseland Deutschland sei besonders stark in diesen Zahlen vertreten. Die schwache Konjunktur täte der Reiselust keinen Abbruch. „Wir haben das immer wieder erlebt, auch in konjunkturell schwierigeren Situationen, dass die Kunden verreisen wollen, Urlaub machen wollen.“
Nicht nur Destinationen im Inland stehen hoch im Kurs. Auch Ziele im Ausland werden deutlich öfter angesteuert – auch per Flugzeug, trotz höherer Preise. Destatis meldet vor allem für Flüge innerhalb Europas und für Pauschalreisen Teuerungen, Flüge in Richtung Nord- und Südamerika sind um bis zu 15,8 Prozent günstiger geworden. Die meisten Urlaubsziele liegen jedoch weiterhin rund ums Mittelmeer, sodass diese Preise wohl für die meisten Urlauber aus Deutschland nicht ins Gewicht fallen.

Der sogenannte Low Cost Monitor vom Institut für Luftverkehr des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) beleuchtet zweimal jährlich die Entwicklungen des Marktes günstiger Flugangebote – der „Billigflieger“– in Deutschland und in Europa. Ryanair ist demnach weiterhin nach abgefertigter Passagieranzahl größter Anbieter von Billigflügen, im betrachteten Zeitraum im Herbst 2024 aber war Wizz Air der günstigste Anbieter. Die ermittelten Durchschnittsbruttopreise für Flüge liegen je nach Fluggesellschaft zwischen 61 und 115 Euro. Die Flugpreise variieren im Untersuchungszeitraum stark je nach Buchungszeitpunkt: Flüge für den nächsten Tag können über 200 Euro kosten, während frühzeitig gebuchte Flüge mit drei Monaten Vorlauf im Schnitt 36 bis 73 Euro kosten.
Lufthansa versucht Effizienz zu steigern
Ein wichtiger Grund für die erhöhten Flugpreise: die höhere Ticketsteuer zum 1. Mai 2024. Je nach Entfernungsklasse wird seitdem jedes Ticket mit einer Steuer zwischen 15,53 und 70,83 Euro belastet. In den vergangenen Jahren wurde nicht nur die Luftverkehrsteuer mehrfach erhöht. Nach der Corona-Pandemie setzten die Gewerkschaften in allen Bereichen des Luftverkehrs am Boden und in der Luft Gehaltssteigerungen durch, während gleichzeitig nicht die frühere Effizienz erreicht wurde. „Lufthansa Airlines führt mit der gleichen Mannschaft wie 2019 rund 20 Prozent weniger Flüge aus“, sagte Konzernchef Carsten Spohr. Das bedeute 20 Prozent weniger Effizienz. Gleichzeitig sind an den Flughäfen die Kosten gestiegen: Gepäckkontrollen, Fluglotsen, Abfertigung. All diese Kosten müssen über die Tickets wieder hereingeholt werden. Dazu kommen milliardenschwere Investitionen in neue Flugzeuge.
Dass Deutschland ein teures Pflaster für Passagierflüge geworden ist, hat auch langfristige Auswirkungen. Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Flughäfen teilt mit, dass das Vor-Corona-Niveau noch nicht erreicht ist. Von deutschen Flughäfen werden insgesamt deutlich weniger Ziele angeflogen als vor der Pandemie. Vor allem Ryanair macht weiterhin einen großen Bogen um das teure Deutschland und setzt wie seine Wettbewerber, beispielsweise EasyJet oder Wizz Air, seine Flugzeuge in Ländern mit geringeren Kosten ein, um schneller Gewinne zu machen. Nutznießer ist die Lufthansa-Tochter Eurowings als größter Anbieter von Direktflügen aus Deutschland. Laut DLR-Untersuchung sind ihre Tickets im Schnitt gut 43 Euro teurer als bei Ryanair.
Selbst auf der vor Kurzem noch so lukrativen Langstrecke ist die Lufthansa mit ihren hohen Kosten und einem immer noch knappen Angebot ins Hintertreffen geraten. Sie versucht nun mit ihrem „Turnaround“-Programm, einem konzernweiten Programm zur Effizienzsteigerung, ihre Qualität und das Konzernergebnis zu verbessern. Sie benötige bis Ende des Jahres 2000 Piloten und plane bis zu 10.000 Neueinstellungen in der gesamten Konzerngruppe, hieß es seitens der Lufthansa. Ob der größte Luftfahrtkonzern Europas damit aus der Krise fliegen kann, ist noch fraglich. Mehr deutsche Fluggäste in diesem Jahr werden sicher dabei helfen.