Schon mit den ersten Tönen fühlt man sich, als würde man in eine ganz andere Welt eintauchen. Das sechste Wardruna-Album „Birna“ (altnordisch für Bärin) beginnt mit einem Herzschlag, dem ursprünglichsten Symbol für das Leben. Es folgen beschwörende Gesänge, bis sich im monumentalen Opener „Hertan“ die einzigartige Stimme von Einar Selvik, dem charismatischen Kopf der norwegischen Nordic Folk Band, erhebt.
Es geht weiter mit dem Titelsong „Birna“, der in seiner dynamisch arrangierten Dramatik zeigt, wie interessant und eindringlich nordische Folkmusik auch heute noch sein kann – in einer Welt, die sich wie wahnsinnig geworden Richtung Abgrund zu bewegen scheint. Die Band Wardruna richtet den Blick auf die inneren Gefühlswelten und die für uns Menschen so wichtige Verbindung zur Natur. Melancholische Melodien bauen sich auf und mit jeder Sekunde bewegt man sich vom Alltag weg, hinein in den reichen Wardruna-Kosmos aus selbst gebauten Instrumenten und mannigfaltigen Chören und Stimmen.
Klassische Songstrukturen finden sich kaum auf diesem Album. Vielmehr bauen sich die Kompositionen langsam auf und entfalten durch Wiederholung ihre außergewöhnliche Wirkung. Und trotzdem gelingt es Wardruna, Lieder mit hohem Wiedererkennungswert zu schreiben.
In der Mitte des Albums steht das viertelstündige Ambientstück „Dvaledraumer“, welches sehr gut in die Kultserie „Vikings“ gepasst hätte. Was nicht verwunderlich ist, schließlich war Einar Selvik maßgeblich am Soundtrack besagter Serie beteiligt.
„Birna“ ist eine Reise durch den Norden, eine Reise zum ursprünglichen Musikmachen und ein Angebot, die Reizüberflutungen der modernen Welt für 66 Minuten hinter sich zu lassen: Denn so lange nehmen sich die Bandmitglieder mit ihren zehn neuen Songs Zeit. Wer zum ersten Mal Wardruna hört, dem sei „Himinndotter“ als erster Anspielstipp empfohlen. Ein großartiges Stück, das alle Stärken der norwegischen Ausnahmeband vereint.
Fazit: Wardruna ist mit „Birna“ ein Nordic-Folk-Meisterwerk gelungen, an dem sich alle anderen ab jetzt messen müssen. Grandios.