Die Hochschullandschaft ist vielfältig. Mehr als 22.000 Studiengänge gibt es im Wintersemester 2024/25 an deutschen Universitäten und Fachhochschulen. FORUM wirft in einer losen Serie einen Blick auf die ungewöhnlichen – wie den Masterstudiengang „Theorien und Praktiken professionellen Schreibens“ an der Universität zu Köln.
Die Fähigkeit des professionellen Schreibens ist heute in vielen Berufen gefragt. Wer für Unternehmen, Theater und Museen Pressemitteilungen verfassen und Social-Media-Beiträge posten oder im Lektorat eines Verlages einsteigen möchte, kommt nicht umhin, eine entsprechende Ausbildung zu machen. Eine Option bietet die Universität zu Köln mit dem Masterstudiengang „Theorien und Praktiken professionellen Schreibens“, der am Institut für deutsche Sprache und Literatur I angeboten wird. „Der praxisorientierte Masterstudiengang richtet sich an Studierende, die am Schreiben von journalistischen, essayistischen und literarischen Texten interessiert sind und beruflich im Literatur- und Kulturbetrieb Fuß fassen wollen“, sagt die Studiengangskoordinatorin Dr. Juliane Kreppel. Zusammen mit dem Initiator und Leiter des Studiengangs, Prof. Dr. Christof Hamann, hat sie den 2018 gegründeten Studiengang entwickelt.
Pragmatisch oder literarisch
Im Laufe des Studiums, das über vier Semester geht, lernen die Studierenden „ein breites Spektrum an Textsorten“ kennen, sagt Juliane Kreppel. Es geht darum, verschiedene Formen des Schreibens in den Blick zu nehmen, sie theoretisch fundiert in ihrer historischen Verwendung zu verstehen und sich mit ihren (medialen) Bedingungen im gegenwärtigen Kontext des Kulturbetriebs auseinanderzusetzen. „Wir begreifen das Schreiben somit als eine sich entwickelnde Praxis, das heißt: als eine Kulturtechnik.“ Dabei unterscheidet man beim Schreiben für den Literatur- und Kulturbetrieb zwischen journalistischen Darstellungsformen wie etwa Bericht, Reportage und Interview und literarischen Textsorten. Entsprechend können sich die Studierenden für einen der beiden Zweige – entweder den pragmatischen oder den literarischen – entscheiden und Seminare belegen, die von renommierten Journalisten und Journalistinnen sowie Autoren und Autorinnen geleitet werden. „Es gibt selbstverständlich auch Mischformen des Schreibens wie zum Beispiel Podcasts oder Essays, die sich an der Schnittstelle von journalistischer und literarischer Textform bewegen“, führt Juliane Kreppel aus. Auch diese Mischformen werden im Veranstaltungsangebot des Studiengangs berücksichtigt.

Das Studium selbst folgt einem klaren Aufbau: In den sogenannten Aufbaumodulen werden die Studierenden mit den Theorien des professionellen Schreibens vertraut gemacht. So widmet sich ein Modul den rhetorischen Techniken und deren historischer Entwicklung, ein anderes legt den Fokus auf Medientheorie und -geschichte. „Wir befinden uns ja in einer andauernden Medienrevolution, die sich sowohl auf das Schreiben als auch auf das Lesen auswirkt“, meint die Studiengangskoordinatorin, und um die Entwicklungen zu verstehen, sei es grundlegend, „Theorie und Geschichte eng miteinander verzahnt zu betrachten“. Der dritte und letzte Theorieteil befasst sich mit der Textlinguistik, die, sagt Juliane Kreppel, die Frage fokussiert, „wie sprachliche Äußerungen so kombiniert werden können, dass sie einen stimmigen Sinnzusammenhang ergeben“. Das damit angesprochene Prinzip der Textkohärenz bietet dabei – ebenso wie alle anderen Theoriebereiche – die Möglichkeit, „das theoretische Wissen und die eigene Schreibpraxis miteinander zu verschränken“. Dies sei, erklärt die Studiengangskoordinatorin, letztlich das zentrale Ziel des Studiengangs.
Um dieses Ziel erreichen zu können, beinhalten die neben den Aufbaumodulen zu studierenden Schwerpunktmodule den Praxispart. Neben der praktischen Aneignung verschiedener Formen des Schreibens umfasst dieser auch ein zwölfwöchiges Vollzeit-Praktikum. „Wir stellen den Studierenden eine Liste mit kooperierenden Praktikumsgebern und -geberinnen im Literatur- und Kulturbetrieb zur Verfügung“, berichtet die Studiengangskoordinatorin. Die eigentliche Praktikumssuche liegt dann allerdings in der Hand der Studierenden. „Das funktioniert ganz hervorragend“, sagt Juliane Kreppel, die vor dem Start des Praktikums mit den Studierenden darüber spricht, ob der favorisierte Praktikumsplatz überhaupt infrage kommt. Hineinschnuppern können die angehenden Schreib-Profis schließlich noch in ergänzende Aspekte des Berufsbezugs, etwa in die Bereiche Unternehmenskommunikation, Printmedien und öffentlich-rechtlicher Rundfunk oder in Arbeitsfelder innerhalb von Verlagen. „Wir versuchen, die Studierenden auch über das Praktikum und andere Veranstaltungen in Kontakt mit dem Kulturbetrieb zu bringen“, erläutert Juliane Kreppel. Viele Studierende hospitieren in der Festivalorganisation, wie etwa bei dem internationalen Literaturfestival „lit.Cologne“, das seit 2001 in der Domstadt über die Bühne geht. Abgesehen vom verpflichtenden Praktikum ist für jede Kohorte eine entsprechende Teilnahme an einem lokalen Literatur-Event vorgesehen. „Im Rahmen eines Seminars bekommen die Studierenden von Lehrenden aus dem Kulturbetrieb das Angebot, an der Organisation einer Lesung oder eines Festivals mitzuwirken“, sagt sie. Neben der Teilnahme an der „lit.Cologne“ können die Studierenden etwa das Festival für Weltliteratur „Poetica“ oder die Poetikdozentur „TransLit“ begleiten. Oder aber sie organisieren eine Lesung in der Reihe „zwischen/miete nrw“, bei der junge Autoren und Autorinnen in Wohngemeinschaften ihre Debütwerke vorstellen. Im Sommer 2024 konnte in diesem Kontext etwa der Erstling von Nora Schramm, einer Absolventin aus der ersten Kohorte des Studiengangs, präsentiert werden.
Beruflich stehen viele Türen offen
Wer das Studium „Theorien und Praktiken professionellen Schreibens“ mit dem Master of Arts letztlich abgeschlossen hat, dem stehen in beruflicher Hinsicht viele Türen offen. „Wir sind ein kleiner Studiengang, da nur 20 Studierende pro Semester zugelassen werden“, erzählt Juliane Kreppel. Dadurch gebe es – anders als in anderen Studiengängen – keine vollen Seminarräume und Vorlesungssäle. „Wenn man ernsthaft in Seminaren schreiben will, wären Kurse mit 40 Personen eine Zumutung“, führt sie weiter aus. Dank ihrer überschaubaren Zahl kenne Juliane Kreppel viele der Studierenden und sehe über die Anerkennung der Praktika, welchen Berufsweg sie einschlagen. „Wenn die Studierenden ihren Masterabschluss gemacht haben, melden sich einige bei mir und erzählen, wo sie untergekommen sind.“ In den sechs Jahren, in denen sie als Studiengangskoordinatorin arbeitet, beobachte sie, dass die Absolventen und Absolventinnen recht schnell einen Job finden. So würden einige an das Masterstudium ein Volontariat in Medienhäusern und Verlagen anhängen oder zu jenen Institutionen zurückkehren, in denen sie seinerzeit das zwölfwöchige Praktikum absolviert haben.
Doch sind der Studiengang und mithin professionelles Schreiben mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung unserer Gesellschaft und den verstärkten Einsatz von Chatbots überhaupt noch relevant? Eine Frage, die Juliane Kreppel mit einem klaren „Ja“ beantwortet. „Ich würde sogar sagen: Vielleicht machen die aktuellen Entwicklungen den Studiengang noch relevanter und interessanter. Wir wollen schließlich nicht, dass uns sämtliche Informationen, die wir brauchen, durch eine Künstliche Intelligenz vermittelt werden. Denn auch wenn es nützliche Anwendungsbereiche für KI gibt, bleibt immer ein gewisses Restmisstrauen“, erklärt sie. „Es kann passieren, dass die KI Fehler produziert, sich Sachen ausdenkt oder irgendetwas kombiniert, das nicht zusammengehört.“ Erstrebenswert sei deshalb eine reflektierte hybride Nutzung von menschlicher und Künstlicher Intelligenz. In diesem Sinne bleibe die Ausbildung im professionellen Schreiben von großer gesellschaftlicher Bedeutung, denn nur diejenigen, die die Praktiken des professionellen Schreibens beherrschten, könnten diese verantwortungsbewusst mit den Angeboten einer KI kombinieren.