Marko Grgic ist eine der großen Hoffnungen im deutschen Handball. Bei der WM im Januar erreichte er Historisches und wurde dennoch vom Trainer „ausgebremst“.

Bei seiner ersten Teilnahme an Olympischen Spielen landete Marko Grgic von Bundesligist ThSV Eisenach gleich auf dem Siegerpodest. Im Sommer 2024 holte der 21-jährige Saarländer mit der deutschen Handball-Nationalmannschaft die Silbermedaille. Im Januar 2025 lief es bei seiner ersten Weltmeisterschaft im Nationaltrikot nicht ganz so rosig. Am Ende scheiterte das Team des Deutschen Handball Bunds (DHB) denkbar knapp im Viertelfinale an Portugal (30:31 nach Verlängerung).
Dabei war das deutsche Team mit Siegen über Polen (35:28), die Schweiz (31:29) und Tschechien (29:22) trotz einiger Anlaufschwierigkeiten gut in das Turnier gestartet. Nur die übermächtigen Dänen, die später ihren vierten WM-Titelgewinn in Folge feierten und damit einen neuen Rekord aufstellten, waren mindestens eine Nummer zu groß. „Die Stimmung vor ausverkauftem Haus war schon cool – auch wenn uns die Grenzen aufgezeigt wurden. Die sind schon übermächtig, aber sie sind auch schlagbar – das hat überraschenderweise das Tschechien-Spiel gezeigt“, blickt Marko Grgic auf das Duell mit den Rot-Weißen zurück. Und stellt fest: „Aber unsere Abwehr stand nur anfangs gut und wurde später sehr leicht von den Dänen ausgespielt. Wenn man nicht stark dagegenhält, kommt man halt unter die Räder.“ Mit 30:40 waren die Deutschen schlussendlich unterlegen.
Wenig Einsatzzeit bei der WM
Gegen Italien kam es dann zu einem „erwartet schweren Spiel“, wie Grgic findet. „Ich hatte das Gefühl, dass wir mit Deutschland gegen Eisenach spielen, weil deren Abwehr- und auch Angriffssystem unserem wirklich sehr geähnelt hat. Man hat gleich am Anfang gesehen, dass uns das nicht so sehr gelegen hat.“ Doch in der zweiten Halbzeit machte es das Team von Trainer Alfred Gislason besser und fuhr letztlich einen verdienten 34:27-Sieg ein. Im dritten Hauptrundenspiel durften dann vornehmlich die Reservisten gegen Tunesien Einsatzzeit sammeln. Unter ihnen auch Marko Grgic.
Der Rückraumspieler, der 2022 von seinem Heimatverein HG Saarlouis nach Eisenach gewechselt war, erzielte elf Tore und avancierte damit zum zweitbesten deutschen Torschützen in einem WM-Spiel. Nur Ex-Kapitän Uwe Gensheimer gelangen in zwei Spielen mit je 13 Tore. „Das Spiel lief für mich natürlich ganz gut. Auch für alle anderen, die nicht so viel gespielt haben und mal 60 Minuten durchackern durften. Aber es war auch wichtig, dass unsere Vielspieler mal eine Pause bekommen haben“, sagt Grgic. Und ist überzeugt: „Das hat uns allen sehr viel gebracht. Man kann auch nicht sagen, dass das Spiel keinen sportlichen Wert gehabt hätte. Es war immer noch ein WM-Spiel, und alle Beteiligten können sehr gut Handball spielen.“
Die Verschnaufpause gegen Tunesien reichte allerdings nicht. Viertelfinal-Gegner Portugal wirkte in den entscheidenden Momenten frischer und wacher und zog zwar glücklich, aber nicht unverdient ins Halbfinale ein. Schon in der Anfangsphase zog Portugal davon. Zwar glich Deutschland später aus und lag nur wenige Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit sogar mit drei Toren in Führung – und gab diese Sekunden vor dem Abpfiff doch noch aus der Hand. „Vor allem in der Anfangsphase sind wir schon sehr oft an uns selber gescheitert, haben Chancen nicht genutzt und hatten sehr viele freie Würfe oder gute Rückräume, die wir nicht verwerten konnten“, analysiert Grgic. „Am Ende hatte ich das Gefühl, dass unsere Schlüsselspieler am Ende k. o. waren. Und in der Müdigkeit machst du halt auch mal ein paar vermeidbare Fehler.“ Auf der anderen Seite durften sich die portugiesischen Brüder Francisco und Martim Costa zwischenzeitlich auf der Bank ausruhen.
„Ich weiß, was ich kann“
Grgic selbst war der direkte Wechselpartner von Julian Köster im linken Rückraum, durfte aber nur kurz zu Beginn der Partie ran und wurde nach einem Fehler direkt wieder ausgewechselt. Manche Experten warfen DHB-Trainer Alfred Gislason nach dem Ausscheiden vor, dass er Grgic, aber auch den 22-jährigen Nils Lichtlein (Füchse Berlin) im Viertelfinale „knallhart ausgebremst“ habe. „Dass wir, also Nils und ich, uns das vielleicht ein bisschen anders vorgestellt haben, ist klar. Wir haben wirklich beide auch gute Leistungen in der Bundesliga gezeigt und wollen das auch weiterhin tun. Unsere Zeit wird noch kommen“, ist Grgic sicher. Dennoch hätte er sich mehr Vertrauen vom Bundestrainer gewünscht: „Wenn du halt merkst, dass das Vertrauen nicht so groß ist, gerade in der Nationalmannschaft, und man auch selbst nicht so selbstbewusst ist wie in der Bundesliga, dann gibt es eine kleine Barrikade. Und dann macht man Fehler, die man für gewöhnlich nicht macht“, sagt er. Zwar hatte ihn Alfred Gislason für seine starke Leistung im Tunesien-Spiel noch gelobt, aber auch da noch „viele Fehler“ gesehen. Er prophezeit Grgic, einmal „ein kompletterer Spieler“ zu werden, sofern er sich „vor allem auch in der Abwehr verbessert.“ „In Eisenach spiele ich vorne und hinten in einem 5-1-System, kann aber auch eine 3-3- oder 6-0-Formation spielen – sogar im Innenblock“, erwidert Grgic. „Manchmal wird so getan als könnte ich das nicht. In der Nationalmannschaft hat das dann gleich eine andere Gewichtung, man denkt intensiver darüber nach und kann deshalb vielleicht nicht seine beste Leistung abrufen.“ In der Bundesliga tritt der Rechtshänder ohnehin selbstbewusster auf: „Ich weiß, was ich kann. Vielleicht sollte ich mich manchmal nicht so kleinreden lassen. Wie gesagt, zeige ich jedes Wochenende in der stärksten Liga der Welt, dass ich auch Abwehr spielen kann und dass ich auch ein guter Abwehrspieler bin. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.“

Sein Fazit nach dem Viertelfinal-Aus: „Man hat gemerkt, dass wir den Olympia-Rucksack mit uns geschleppt haben. Unsere eigenen Erwartungen und auch die, die von außen in uns gesteckt wurden, waren höher als in Paris“, resümiert Marko Grgic. „Damals waren wir befreiter, da hat niemand so intensiv auf uns gekuckt. Wenn man dann als Vize-Olympiasieger zur WM reist, ist das eine ganz andere Nummer. Ich glaube, wir sind etwas zu verkopft reingegangen und haben zu viel zu schnell gewollt. Deshalb hat uns die Lockerheit gefehlt.“
Nach einer kurzen, nur wenige Tage dauernden Auszeit kehrte Grgic schon Anfang Februar wieder in das Mannschaftstraining in Eisenach zurück. In der Restrunde will der 21-Jährige an seine starke Hinrunde anknüpfen, die er mit 126 Treffern als zweitbester Torschütze der Liga hinter Welthandballer Mathias Gidsel (132) abgeschlossen hatte. „Ich will auf jeden Fall die positiven Momente und Erfahrungen der WM mitnehmen. Es war immer noch ’ne WM und wir sind bis ins Viertelfinale gekommen. Man sollte jetzt auch nicht alles kleinreden“, mahnt er und kündigt an: „Ich werde weiter meine Leistung in der Bundesliga bestätigen und alles dafür tun, dass ich auch weiterhin Teil der Nationalmannschaft bin. Irgendwann wird auch hier bei mir der Knoten platzen, und dann führt hoffentlich kein Weg mehr an mir vorbei.“