Roland Theis will in den Bundestag. Als Spitzenkandidat der CDU im Saarland will sich der Neunkircher für mehr Sicherheit stark machen.
Herr Theis, Wahlkampf im Winter ist durchaus auch eine Besonderheit: Wie haben Sie diesen bislang erlebt?
Sehr intensiv. Natürlich macht die dunkle und kalte Jahreszeit einen Unterschied in den Formaten. Aber mit vielen Gesprächen in Vereinen oder Unternehmen, bei Treffen mit Landwirten, Handwerkern, Ehrenamtlern oder auf den unzähligen Weihnachtsmärkten oder Neujahrsempfängen habe ich so viele Bürger getroffen wie noch selten vor einer Wahl. Und die Leute machen sich ihre Gedanken über unser Land. Darüber in den Dialog zu kommen, ernsthaft und respektvoll miteinander zu reden, das ist für mich das beste Argument für die Demokratie, für unsere Ideen und am Ende auch für einen Kandidaten.
Sie kandidieren nun erstmals als saarländischer CDU-Spitzenkandidat für den Bund. Warum?
In den letzten Jahren habe ich oft den Kopf geschüttelt über das, was aus der politischen und medialen Blase aus Berlin bei uns ankommt. Da muss man sich irgendwann fragen: Willst du nur vom Spielfeldrand kommentieren oder versuchst du, dort aktiv etwas zu ändern? In Berlin werden in den nächsten vier Jahren die wesentlichen Weichen für die Zukunft auch in unserer Heimat gestellt. Nur vom Sich-drüber-Ärgern wird es ja nicht besser.
Sie sind insbesondere als Europapolitiker bekannt. Wird der Bund durch Sie ein Stück weit europäischer?
Danke für die Blumen. Aber ich bin Realist genug, um zu wissen, dass in Berlin keiner auf den ‚Europapolitiker Roland Theis‘ wartet, geschweige denn in der Breite kennt. Ich bin aber auch selbstbewusst genug zu sagen: Die werden mich schon kennenlernen (lacht). Und in der Tat ist eines meiner zentralen Ziele, die deutsch-französische Zusammenarbeit voranzutreiben. Ich erlebe leider zu häufig eine brüllende Sprachlosigkeit zwischen Paris und Berlin. Dabei sind wir in der Welt des Jahres 2025 aufeinander angewiesen: Ob wirtschaftlich, in der Migration oder in der Verteidigung. Ohne eine starke deutsch-französische Achse wird das nicht klappen. Da gibt es für einen überzeugten Europäer, einen leidenschaftlichen Deutsch-Franzosen und einen heimatverbundenen Saarländer in Berlin viel zu tun.
Thema Wirtschaft: Wie muss ein gelungener Wirtschafswandel in Ihren Augen aussehen?
Die wirtschaftliche Rezession ist leider auch in unserer Region traurige Realität. Unternehmen melden Insolvenz an, Leute fahren Kurzarbeit, verlieren ihren Job. Unser Wohlstand ist in Gefahr. Wir brauchen deshalb dringend eine Wirtschaftswende, die unsere Unternehmen wieder wettbewerbsfähig macht und damit Arbeitsplätze sichert. Damit unsere Volkswirtschaft wieder wettbewerbsfähig wird, brauchen wir niedrigere Strompreise und weniger staatliche Einmischung. Für mich zählt dazu auch unsere Agenda für die Fleißigen. Leistung muss sich wieder lohnen. Bislang setzen wir die falschen Anreize. Von Überstunden profitiert bei uns nicht der Tüchtige, sondern das Finanzamt. Daher bin ich für die Steuerfreiheit von Überstunden bei Vollzeit. Wenn heute bereits ein ordentlich verdienender Facharbeiter den Spitzensteuersatz bezahlt, dann stimmt doch etwas nicht. Daher wollen wir eine Steuerreform zugunsten kleiner und mittlerer Einkommen durchsetzen, die das ändert. Und wir müssen den Irrweg des sogenannten Bürgergelds beenden. Das hat dazu geführt, dass sich für viele Arbeiten gar nicht mehr lohnt, weil sie faktisch nicht mehr haben als durch Bezug des sogenannten Bürgergelds. Das wollen wir daher abschaffen und durch eine faire Grundsicherung ersetzen. Und klar muss sein: Wer arbeiten kann, aber nicht arbeiten will, der verwirkt die Solidarität der Gemeinschaft. Niemand wird zum Arbeiten gezwungen. Aber niemand kann erwarten, dass die anderen für ihn arbeiten, wenn er nicht tatsächlich bedürftig ist.
Welche sonstigen Themen stehen für Sie im Bund im Fokus?
Wenn wir eine freiheitliche Gesellschaft bleiben wollen, in der man Vielfalt und Toleranz lebt, müssen wir vor allem eines in den Griff bekommen: die illegale Migration stoppen. Alt-Bundespräsident Joachim Gauck hat gesagt: Unser Herz ist weit, doch unsere Möglichkeiten sind endlich. Und in den Kommunen ist dieser Punkt bereits überschritten. Deshalb braucht es jetzt ein klares Signal, das wir als Union mit unserem Plan senden. Wir sehen leider, dass die europäischen Regelwerke dafür nicht ausreichend funktionieren. Daher ist ein entschlossenes Handeln in der Migration jetzt nötig, damit wir das Problem der illegalen Einreisen, der Überforderung unserer Hilfssysteme und der Auswirkungen auf die innere Sicherheit in unserem Land unter Kontrolle bekommen. Wir dürfen es nicht als neue Normalität akzeptieren, dass Weihnachtsmärkte wie Festungen ausgebaut werden und Eltern Angst um ihre Kinder beim Ausflug in den Stadtpark haben müssen. Der Rechtsstaat muss sich alle Instrumente geben, um seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Dazu gehört auch, dass wir in der Migration Recht und Gesetz schnell und konsequent durchsetzen. Wir müssen zeigen, dass dieses Problem aus der Mitte der demokratischen Gesellschaft gelöst werden kann, sonst wenden sich die Menschen noch mehr den Extremen zu. Dazu gehören auch Grenzkontrollen und die Unterbindung illegaler Einreisen hier in unserer Grenzregion.
Stichwort Grenzregion: Ist das nicht ein Verstoß gegen die Idee von Schengen?
Nein. Schengen war immer ein Versprechen der Freiheit und der Sicherheit. Freiheit, indem wir die Kontrollen an den Binnengrenzen aufgehoben haben. Dafür müssen wir aber mehr Sicherheitskooperation und einen gemeinsamen Schutz unserer Außengrenzen gewährleisten. Letzteres funktioniert jedoch nicht. Unter dem Druck der massiven illegalen Zuwanderung rächt es sich immer mehr, dass wir den Schutz der Außengrenzen über Jahre vernachlässigt haben. Unser Ziel muss es deshalb sein, Kontrollen an den Binnengrenzen verzichtbar zu machen, indem wir die EU-Außengrenzen endlich effektiv schützen, und eine echte europäische Asylpolitik verwirklichen. Das haben SPD und Grüne in Europa bislang verhindert. Denn während alle unsere Partner wie Frankreich, Italien, Polen und viele andere für eine restriktivere Asylpolitik sind, ignorieren die deutschen Linken und Grünen die Probleme ungesteuerter Migration. Das muss sich ändern, damit wir in unserer Grenzregion wieder auf die Kontrolle der Binnengrenzen verzichten können. Bis dahin wollen wir, dass die Kontrolle der Binnengrenze möglichst grenzraumverträglich durchgeführt wird. Ich schlage daher vor, dass die Bundespolizei Kontrollen und Zurückweisungen illegal eingereister Personen auch im Hinterland durchführen soll. Das wäre effizienter und würde die ständigen Kontrollen an den Grenzübergängen zumindest teilweise überflüssig machen.
Zu Bestzeiten hatte das Saarland drei Minister auf Bundesebene, im bislang letzten Kabinett gab es nicht einen. Ist es an der Zeit, dass wieder mindestens einer in der Regierung sitzt?
In der Tat ist der saarländische Einfluss in Berlin kleiner geworden. Auch die derzeitige Ministerpräsidentin, die ja immerhin stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD ist, hat bislang noch keinen Punkt für unsere Heimat in Berlin gemacht. Daher sollten wir weniger auf die Personen und Positionen als auf die Inhalte und die Interessen schauen. Mir ist ein Minister, egal woher er kommt, der eine anständige Politik für ganz Deutschland macht, lieber als ein Saarländer, der nichts gebacken kriegt.
Die kommende Legislatur wird auch die erste mit verkleinertem Bundestag. Wie sehen Sie diese Reform?
Die Verkleinerung des Bundestags ist absolut richtig. Ein Parlament mit fast 800 Abgeordneten ist weder akzeptabel für den Steuerzahler noch arbeitsfähig in der Praxis. Den Weg, den die Ampel allerdings durchgeboxt hat, halte ich für völlig falsch. Das neue Wahlrecht schwächt die unmittelbare Verantwortung des Abgeordneten für seinen Wahlkreis und stärkt die Rolle der Parteilisten. Der Gewinner in einem Wahlkreis kommt nur noch dann in den Bundestag, wenn seine Partei auch genug Zweitstimmen in ihrem Bundesland bekommt. Das ist doch niemandem zu erklären. Deshalb werden wir als Union das auch rückgängig machen, ohne die Zahl der Plätze im Parlament zu erhöhen. Durch ein echtes Zwei-Stimmen-Wahlrecht, auch Grabenwahlrecht genannt, in dem die Hälfte der Abgeordneten direkt und die andere Hälfte proportional gewählt werden.