Bei der letzten Wahl hat er klar ein Direktmandat errungen. Das will Esra Limbacher verteidigen und zugleich als Spitzenkandidat für ein gutes saarländisches SPD-Ergebnis sorgen. Als Mittelstandsbeauftragter der Bundestagsfraktion kämpft er vor allem für Bürokratieabbau.
Herr Limbacher, Sie wollen nicht nur Ihren Wahlkreis (Homburg) wieder gewinnen, sondern auch als Spitzenkandidat ein gutes Ergebnis für die Partei erreichen. Wie sieht es aus mit der „Aufholjagd“?
Als ich 2021 für den Deutschen Bundestag kandidiert habe, hat es keiner der SPD zugetraut, irgendetwas zu erreichen, mir als Kandidat schon gar nicht. Ein paar Monate später war alles ganz anders. Ich habe meinen Wahlkreis mit über zehn Prozent und 20.000 Stimmen Abstand gewonnen. Das zeigt, man sollte vor allem auf seine eigenen Überzeugungen hören und dafür kämpfen, dann kann man viel erreichen. Ich finde es auch wichtig deutlich zu machen: Es treten im Saarland in jeden Wahlkreis Personen an – die sollte man sich bei der Wahlentscheidung genau anschauen.
Der Wahlkampf hat sich durch die letzten Abstimmungen im Bundestag, die manche als historisch bezeichnen, deutlich verändert. Worum geht es jetzt in den letzten Tagen bis zur Wahl?
Die offenkundige Zusammenarbeit der Merz-CDU mit der AfD im Bundestag halte ich für einen schweren Fehler. Für die Begrenzung irregulärer Migration und für mehr Sicherheit sind aber dennoch dringend neue Maßnahmen notwendig. Aber mit den Stimmen der gesellschaftlichen Mitte. Merz hat all das blockiert und stattdessen auf die Stimmen der AfD gesetzt. Für die Mitte in Deutschland gibt es bei den zentralen Entscheidungen einen Weg mit Anstand und Vernunft. Ohne Rechtsextreme. Für diesen Weg arbeiten wir politisch mit und in der SPD.
Nach drei Jahren Ampel: Wie wollen Sie die Wählerinnen und Wähler jetzt von der SPD überzeugen?
Viele hier im Saarland haben existenzielle Ängste: Bleibt mein Arbeitsplatz bestehen? Kann ich mir das Leben in diesem Land noch leisten? Darauf muss es ehrliche Antworten geben. Die SPD liefert genau diese Antworten, zum Beispiel indem wir die Menschen in der Mitte der Gesellschaft, die jeden Tag arbeiten, entlasten wollen und für eine faire Bezahlung sorgen. Das bedeutet auch für eine Rente zu kämpfen, von der man wirklich leben kann, während Friedrich Merz offensichtlich das Renteneintrittsalter am liebsten auf 70 anheben würde. In Schulen und Kindergärten soll es nach unseren Vorstellungen künftig ein kostenloses Mittagessen für alle geben. Der Weg ist klar: Wir wollen Politik für Millionen und nicht für Millionäre machen.
„Ein Weg mit Anstand und Vernunft“
Gleichzeitig müssen dringend Jobs in der Industrie gesichert und Arbeitsplätze in diesem Land gehalten werden. Hier hätte man noch vor der Bundestagswahl tätig werden können. Das hat einzig und allein die CDU verhindert. Die Industrie bei den hohen Preisen für Energie zu entlasten, wäre auch vor der Wahl schon möglich gewesen.
Sie sind der Mittelstandsbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion. Was sagen Sie zu dem Vorwurf gegenüber der SPD, über die Industriepolitik den Mittelstand zu vernachlässigen?
Es wäre fatal, den Mittelstand gegen „die Industrie“ auszuspielen. Eines hängt unmittelbar mit dem anderen zusammen, zumal es ja auch mittelständische Industrie gibt. Ich verstehe auch die Forderung der CDU nicht, man müsse noch mehr Fördermittel für den Mittelstand zur Verfügung stellen. Die gibt es bereits. Mir sagen mittelständische Unternehmen: Hört auf mit noch mehr Programmen und Subventionen, helft uns wirklich. Wie geht das? Ganz klar, indem man es ihnen ermöglicht, die Arbeit, die sie gern machen, weil sie ihren Beruf lieben, auch wieder machen zu lassen. Die Realität sieht momentan so aus, dass wir sie mit kleinteiligen Formalitäten, Dokumentations- und Berichtspflichten so stark belasten, dass sie dafür eigentlich noch jemand zusätzlich einstellen oder die Nacht im Büro verbringen müssen. Es ist ein sozialdemokratischer Ansatz, den Menschen, die ja auch das Land am Laufen halten, wieder zu ermöglichen, ihre eigentliche Arbeit zu machen.
Alle reden von Bürokratieabbau. Warum ist das so schwer?
Auf der einen Seite haben kluge Vorschriften in unserem Land auch Rechtssicherheit für die Unternehmen gegeben. Aber man hat das in den letzten Jahrzehnten auf die Spitze getrieben. Das ist nicht gut. Wie kann man das lösen? Indem man mutig ist, wirklich harte Einschnitte wagt und nicht immer Erklärungen sucht, warum etwas nicht geht. Bürokratieabbau mit sozialdemokratischer Handschrift ist kein Sozialabbau, sondern die Ermöglichung von Wirtschaftswachstum in unserem Land. Das würde ich gern stärken, aber es ist ein langer und mühsamer Weg.
Wie soll das konkret gehen?
Ich durfte das Bürokratieentlastungsgesetz IV im Bundestag mit verhandeln und weiß, wie mühsam das ist. Wir haben Hunderte von Einzelvorschlägen diskutiert. Wir haben – von der Öffentlichkeit wenig beachtet – in dieser Legislaturperiode die größten Entlastungsgesetze beschlossen, die je eine Bundesregierung auf den Weg gebracht hat. Das reicht mit Sicherheit noch nicht, aber es war ein erster großer Schritt. Vor allem hat es die Sicht verändert. Früher hat man mit Bürokratieabbau die Absenkung von Standards verbunden, heute sieht man es eher unter dem Aspekt, wieder etwas zu ermöglichen. Die nächste Bundesregierung muss noch mutiger sein: Genehmigungsfiktionen einführen, unnötige Berichtspflichten abschaffen, sich gegen neue Bürokratie aus Brüssel strikt wehren.
Vertrauen in die Politik hat erkennbar gelitten. Wie wollen Sie dagegenhalten?
Es geht um die Frage: Trauen die Menschen uns zu, dass wir es schaffen, dass sie in diesem Land sicher und zufrieden das Leben führen können, das sie möchten. Wir erleben wirtschaftliche Verwerfungen. Die Antwort der SPD ist: Keine Deindustrialisierung, den Betrieben in diesen schwierigen Phasen helfen, sie vor zu hohen Energiepreisen schützen. Das alles wollen wir nicht machen, um Unternehmensgewinne zu vergrößern, sondern Arbeitsplätze zu sichern und Wohlstand im Land zu halten. Dabei sind wir die einzige Partei, die keine Kalendersprüche auf die Wahlplakate schreibt, sondern klare Ziele formuliert.
Beim Thema Klima hat sich seit der letzten Bundestagswahl das Klima völlig gewandelt. Spielt es keine Rolle mehr?
Mir scheint sogar, dass die Grünen selbst das Thema beiseitegeschoben haben. Es sind große Fehler gemacht worden, ich will nur noch einmal das Heizungsgesetz von Robert Habeck nennen. Damit hat er genau das Gegenteil von dem erreicht, was er wohl wollte. Menschen sind verunsichert. Das zeigt: Zwänge und zu enge Vorgaben haben noch nie zu einem echten Erfolg geführt. Man darf die Menschen aber nicht überfordern. Dem Klimaschutz ist nicht geholfen, wenn wir unrealistische Ziele setzen, die kein Mensch umsetzen kann und die zu noch stärkeren wirtschaftlichen Problemen führen als wir sie ohnehin haben.
Ein großes Thema, das die Menschen bewegt: Krieg und Frieden. Damit tut sich die Sozialdemokratie immer schwer. Wie stehen Sie dazu?
Für die Sozialdemokratie ist das ein entscheidender Punkt, weil wir ja auch aus der Friedensbewegung kommen. Ich selbst bin seit meinem Studium als Reservist aktiv, bin jetzt Offizier der Reserve. Ich mache das aus Überzeugung, um meinem Land zu dienen und auch etwas zurückzugeben. Und das finde ich umso wichtiger, weil ich den Eindruck habe, dass manche zwar am liebsten heute statt morgen Bundeswehrsoldaten in die Ukraine schicken wollen, aber in den letzten Jahren mit keinem einzigen Soldaten mehr geredet haben. Stattdessen sollte der Schwerpunkt doch jetzt darauf liegen, wie wir diesen schlimmen Krieg endlich beenden können.