Knapp einen Monat nach erneuter Amtseinführung hat Donald Trump die politische Bühne wieder fest im Griff. Ist er ein strategisches Genie, das die Welt nach seinem Willen formt? Oder ein gewiefter Taktiker, der seine Macht mit fragwürdigen Methoden sichert? Eine Analyse.
Wenn dieser Text in Druck geht, hat der Protagonist des Artikels vermutlich wieder für neue Schlagzeilen gesorgt. US-Präsident Donald Trump versucht vehement, die Welt nach seinen Interessen umzugestalten. Anderen Akteuren lässt er dabei kaum Luft zum Atmen.
Genau das ist Trumps politisches Rezept: Tempo und Radikalität. Wir behäbigen Europäer haben damit ein Problem. Demokratische Prozesse brauchen Zeit und Konzessionsbereitschaft. Aber der Mann im Weißen Haus hat große Macht.
Trump kann mit einem Federstrich selbst Pläne von enormer Tragweite anordnen. Deshalb wird es wohl noch viele Trump-Momente geben, in denen wir uns verwundert die Augen reiben und fragen: Ist er ein großes Genie, ein glänzender Gaukler oder ein gerissener Geschäftsmann?
Derzeit befindet sich Trump aus Sicht seiner Anhänger auf einem Triumphzug. Mit einer Reihe von Dekreten machte der Republikaner zentrale Entscheidungen seines Vorgängers Joe Biden rückgängig. Innenpolitisch standen dabei die Themen Einwanderung, Wirtschaft und Bürokratieabbau im Vordergrund.
,,Das ist imperialer Größenwahn“
Gemessen an Zahlen und Statistiken ist der 78-Jährige erfolgreich. Seine Anordnung, illegale Migranten wegzuschaffen, führte zu Sofortrazzien gegen Einwanderer und Abschiebungen. „Wir haben in den ersten zwei Wochen mehr Migranten abgeschoben als die Biden-Regierung im gesamten Jahr 2023.“ Das behauptet Trumps Heimatschutzberater Stephen Miller. Er ist einer der mächtigsten Männer in Trumps Stab. Unabhängige Überprüfungen dieser Zahlen stehen allerdings noch aus.
Wirtschaftlich setzt Trump erneut auf Steuererleichterungen und den Abbau staatlicher Regulierungen. Ein Ansatz, der an der Wall Street gefeiert wird. Experten warnen indes vor langfristigen Risiken für die Staatsverschuldung.
Umstritten: Der nicht gewählte und von niemandem außer Trump im Amt bestätigte Milliardär Elon Musk lässt als Entbürokratisierungsbeauftragter ganze Behörden auflösen. Darunter auch die Entwicklungsbehörde USAID. Juristen halten das für verfassungsrechtlich bedenklich: „Donald Trump ist ohne Zweifel der gesetzloseste Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten,“ sagt Laurence Tribe, emeritierter Professor an der Harvard Law School. „Trump 2.0 führt einen Blitzkrieg gegen das Gesetz und die Verfassung.“
Heftiger Widerstand aus den Reihen der oppositionellen Demokraten regt sich auch gegen die Entfernung vermeintlich illoyaler Staatsdiener. So werden bei der Bundespolizei FBI allerlei Mitarbeiter von Ermittlungsbüros entlassen, die mutmaßlich kriminelle Verfehlungen Trumps und seiner Anhänger untersucht haben. „Das ist eine beispiellose politische Säuberung“, sagt Senator Richard Blumenthal (Demokratische Partei). Und weiter: „Trump entledigt sich derer, die ihn einst zur Rechenschaft ziehen wollten.“
Die Demokraten haben zahlreiche Klagen gegen Trump eingereicht. Und jetzt, wo keine Wahlen und Nominierungen mehr anstehen, schlucken sogar vereinzelte Republikaner nicht alles. Sie pochen auf die Einhaltung des Rechts oder der Traditionen und Konventionen der US- Demokratie. „Wir sind eine Partei von Recht und Ordnung“, wettert der von Trump kaltgestellte Ex-Senator Mitt Romney. Außenpolitisch ist der Meister des politischen Comebacks erwartungsgemäß markig am Start. Sein wichtigstes Kampfmittel: Strafzölle. Trump setzt auf wirtschaftliche Schädigungen, um ganz andere Ziele zu erreichen. So im Fall Kolumbien. Trump verhängte einen 50-prozentigen Aufschlag auf das Haupt-exportprodukt Kaffee. So erzwang er die Rücknahme ausreisepflichtiger Migranten. Präsident Gustavo Petro knickte ein.
Auch für das Nachbarland Mexiko galt ein 25-prozentiger Aufschlag auf alles – allerdings nur für 24 Stunden. Als Präsidentin Claudia Sheinbaum über Nacht 10.000 Soldaten gegen Migranten und Drogendealer an die gemeinsame Grenze beorderte, lenkte Trump ein und zeigte sich gnädig. Er wollte nur, dass Mexiko die Schlepper selbst am Schlafittchen packt und nebenbei die Drogenmafia zähmt.
Die USA sind ein Risikofaktor
Ähnlich ging Trump gegen den zweiten US-Nachbarn Kanada vor. Er drohte dem Land mit dem Ahornblatt in der Flagge, als 51. Bundesstaat in die USA einverleibt zu werden. Inzwischen hat Premier Justin Trudeau eine 1,3 Milliarden Dollar teure Grenzbefestigung zugesagt und Trump wirkt wunschlos glücklich.
Beobachter haben den Eindruck, dass der Präsident seine Peitsche erst mal gerne nur schwingt. Sie saust so lange nicht runter, wie Drohungen genügen, die eigentlichen Ziele zu erreichen. Vielleicht ist es so auch mit den Aufkündigungen der US-Mitgliedschaft im Weltklimapakt sowie bei der Weltgesundheitsorganisation WHO und im UN-Menschenrechtsrat. Käme Trump zurück, wenn die USA in den Gremien wieder bedeutenden Einfluss erhielten und nicht mehr nur Zahlmeister wären?
Viel Staub hat Trumps Erklärung aufgewirbelt, die USA würden den Gazastreifen „übernehmen“, wieder aufbauen und blühen lassen – die Bewohner sollten „anderswohin“ gehen. Das wurde weltweit als Annexionsabsicht gewertet und fast unisono abgelehnt. Außenministerin Annalena Baerbock schimpfte: „Das ist keine legitime Politik, das ist imperialer Größenwahn.“ Klare Worte auch von der New York Times: „Dies ist eine der dreistesten Ideen, die ein amerikanischer Staatschef seit Jahren vorgebracht hat.“
Nur im Lager der israelischen Regierung unter seinem Verbündeten Benjamin Netanjahu führte der Gaza-Plan zu Jubel, während die liberal bis links eingestellte Bevölkerung harsche Kritik übte: „Menschen sind kein Spielzeug, das man nach Lust und Laune eines Warlords oder Megakapitalisten hin- und herschieben kann.“ So warnt Fania Oz-Salzberger, Tochter des meistübersetzten israelischen Schriftstellers Amos Oz.
Doch persönliche Schicksale interessieren den kühlen Rechner und Immobilienhai offenbar nur am Rande, wenn es um Geschäfte geht – wie im Fall El Salvador. Der Präsident des mittelamerikanischen Staates, Nayib Bukele, hat den USA allen Ernstes angeboten, Schwerverbrecher auf seinem Territorium einzusperren. Gegen eine moderate Gebühr versteht sich. Trump reagierte begeistert und will das Angebot prüfen. „Wenn wir ein gesetzliches Recht dazu hätten, würde ich es sofort tun; ich weiß nicht, ob wir es haben oder nicht“, sagte er.
Für seine Gegner ist Trump ein Täuscher, der mit populistischen Parolen regiert und demokratische Institutionen untergräbt. „Die USA sind inzwischen zum Risikofaktor für die Resilienz von Lieferketten und Marktstrategien geworden“, beobachtet Daniela Schwarzer, die Europachefin der Bertelsmann Stiftung. Sie rät den Europäern, im Umgang mit Trump drei Hausaufgaben zu erledigen: einheitliche Antworten geben, die strategische Unabhängigkeit weltweit stärken und sich pragmatisch auf Handelskonflikte vorbereiten.
Die EU ist ein weiteres Ziel des Donald Trump. Zahnlos will der Staatenverbund aber nicht sein. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnte Trump vor einem möglichen Verlust von US-Jobs durch einen Handelskrieg. Eine Task Force arbeitet seit Längerem an der Vorbereitung geeigneter Gegenmaßnahmen. Um das effektiv zu schaffen, hat die EU die PR-Agentur DCI mit Sitz in Washington D.C. angeheuert. Sie hat enge Verbindungen zum Umfeld Trumps, gilt als „konservatives Kraftpaket für öffentliche Angelegenheiten“ und soll das politische Feld in Washington beackern.
Unabhängige Beobachter erleben den Blitzstart einer Präsidentschaft, die rund um den Erdball heftige Reaktionen auslöst. Trump bleibt ein unberechenbarer Machtmensch. Geschickt inszeniert er sich als Außenseiter, um das System für sich zu nutzen. Sein Motto: Schauen Sie heute auf die Schlagzeilen – es könnte neue Überraschungen geben!