Fast geschafft. Noch ein paar Tage, dann hat das nervenaufreibende Warten auf die jeweils nächste Umfrage ein Ende. Aus den hypothetischen Sonntagsfragen wird ein Wahlsonntagsergebnis. Ob wir dann sehr viel klüger sind, wird sich zeigen.
Wenn die Klugheit der Wählerinnen und Wähler, die wir selbstverständlich voraussetzen, Oberhand gewinnt, könnten wir günstigenfalls wieder in einer gemeinsamen Realität ankommen. Was keine Selbstverständlichkeit mehr ist.
Der Wahlkampf war zwar kurz, aber so voller Parallelwelten wie selten zuvor.
Dass die Parteien ihren eigenen Kandidaten nach einem TV-Duell zum klaren Gewinner küren, gehört zur letzten Wahlkampfphase dazu. Beim Überblick über die medialen Kommentare macht sich dagegen der leise Verdacht breit, dass sich dasselbe TV-Duell in verschiedenen Parallelwelten gleichzeitig höchst unterschiedlich ereignet haben muss.
Immerhin stand eine Zeit lang für alle völlig fest, dass die Migrationsdebatte das entscheidende Thema des Landes sein würde. Das sagte zeitweise auch eine Mehrheit der ständig Befragten. Die hatten aber auch gleichzeitig, befragt nach ihren persönlich wichtigen Themen für die Wahl, ganz andere Dinge auf dem Zettel, etwa Krieg und Frieden oder soziale Gerechtigkeit. Was wiederum im wahlkämpfenden Paralleluniversum alles, nur keine besondere Hauptrolle gespielt hat. Und während für die Einen zehn Tage vor dem Wahlsonntag schon alles gelaufen war, war sich über ein Drittel der Wahlberechtigten (einige sagen sogar 40 Prozent) noch gar nicht sicher, was sie machen sollen und wollen. Was mir bei den vielen Gesprächen in meinem Umfeld plausibel erscheint. Aber vielleicht ist das auch nur eine der vielen Parallelwelten, in der sich viele seit der denkwürdigen Woche im Bundestag ernsthaft Gedanken machen, wohin sich diese Republik entwickelt.
Es ist eine Richtungswahl, sagen so ziemlich alle, und sind zumindest damit wieder zurück in einem gemeinsamen Universum. In dem sind ein, zwei einfache Kreuze vielleicht nur ein kleiner Schritt für jede Wahlberechtigten, aber vielleicht ein großer für das Land.