Der US-Autobauer Ford hat es mit der Elektromobilität bisher langsam angehen lassen. Mit dem „Explorer“ kommt nun ein Elektro-SUV auf den Markt, der mit VW-Technik ausgestattet ist.

Meine erste Begegnung mit einem Ford Explorer glich einem Abenteuer. Es war der Winter 2020, kurz bevor sich das Corona-Virus weltweit ausbreitete. Im US-Bundesstaat Colorado durfte ich für eine Reportage in einem Streifenwagen der Polizei mitfahren. Zwischen den Sitzen lag die Schrotflinte, auf der Rückbank, abgeschirmt durch eine Plexiglasscheibe, pöbelte ein Betrunkener. Seine Verhaftung passte ihm gar nicht, ebenso wenig wie das Fahrzeug, welches er als „fucking cop car“ titulierte: eine verdammte Bullenkarre. Mich hingegen beeindruckte das Auto mit seiner schieren Größe. Mehr als fünf Meter lang, mehr als zwei Meter breit! Da war nicht nur Platz für Schrotflinten, Trunkenbolde und einen ausgefeilten Polizei-Computer. Auch der Fahrer und ich kamen bequem darin unter. Plus allerlei Ausrüstung im Kofferraum.
Ford startet die Aufholjagd
Neuerdings gibt es den Explorer auch in Deutschland zu kaufen. Die Polizei nutzt ihn nicht, doch abenteuerlich ist die Reise trotzdem. Anders als im Heimatland USA hat Ford den SUV nämlich für Europa elektrifiziert.
Obendrein hat er eine Schrumpfkur erhalten, wobei 4,47 Meter auch nicht gerade kurz sind. Ford und Elektromobilität: War da was? Während so mancher chinesische Hersteller beinahe im Monatstakt neue Modelle auf den Markt wirft, lässt man es bei der US-Traditionsfirma eher gemütlich angehen. Die wenigen Modelle, die es bislang gibt, bringen nicht genug in die Kasse.
So hatte Ford bei seinem Elektro-Pick-up „F150 Lightning“ Ende 2024 kurzzeitig die Produktion eingestellt, obwohl die Benzinversion das meistverkaufte Auto der USA ist. In Deutschland wiederum fristet der Ford Mustang Mach-e ein Schattendasein, obwohl er sportlich wirkt und sich auch so fährt. Vielleicht sieht er für echte Mustang-Fans einfach zu wenig nach „Muscle Car“ aus.
Weniger bullig als der Verbrenner

Nun aber startet Ford die Aufholjagd. Mit dem „Capri“ und dem „Explorer“ hat der Hersteller gleich zwei neue Elektromodelle im Angebot, die in Köln produziert werden. In der Jahresstatistik des Kraftfahrtbundesamts für 2024 wird Ford sogar auf Platz 1 aller in Deutschland produzierenden Hersteller genannt, was die prozentualen Zuwächse im Elektrosegment angeht (plus 43,8 Prozent). Davon sollte man sich jedoch nicht täuschen lassen, denn Ford startet von einem extrem niedrigen Niveau. In absoluten Zahlen verkaufte das Unternehmen im vergangenen Jahr hierzulande genau 5.538 rein elektrische Fahrzeuge – ein Bruchteil dessen, was Tesla und VW absetzen. Zudem schlägt die deutsche Autokrise auch bei Ford voll durch. Ende 2024 führte der Hersteller sogar Kurzarbeit in seinem Kölner Werk ein.
Zurück zum Explorer. Er wirkt deutlich weniger bullig als sein fossiles Pendant, und das tut ihm gut. Gleichwohl erinnern die Heckleuchten an das Original, genau wie die bequemen Sitze, die einen guten Seitenhalt bieten. Nur hinten ist es enger als in der rollenden Gefängniszelle, in der damals der Verdächtige saß. Klar, irgendwo muss man ja sparen, wenn der üppige Kofferraum erhalten bleiben soll.

Richtig punkten kann das Modell beim Interieur. Zugegeben, das Lenkrad mit seinen glitschigen Plastik-Touchfeldern ist nicht gerade der Hit. Was den Stauraum angeht, liegt Ford aber vorn. Da wäre zum einen die Mittelkonsole. Klappt man die Armlehne hoch, ist es, als ob man in einen Brunnen schaut: Ein Laptop oder drei 1,5-Liter-Flaschen finden darin Platz. Zwei Getränkehalter befinden sich unmittelbar davor. Doch damit nicht genug. Neben einer weiteren Ablage, auf der Smartphones induktiv geladen werden können, offenbart sich eine Art Geheimfach. Dieses öffnet sich, wenn man den Winkel des Touchscreens verstellt. Schließt man das Auto ab, ist auch das Staufach verschlossen. Ein wirklich cleveres Ausstattungsdetail, das nicht nur einmalig, sondern serienmäßig an Bord ist.
Apropos serienmäßig: Bereits in seiner Standardversion kommt der Explorer mit LED-Scheinwerfern, beheizten Massagesitzen, Rückfahrkamera und 14,6-Zoll-Touchscreen daher. Wer eine elektrische Heckklappe, eine gemütliche Ambiente-Beleuchtung oder ein besseres Soundsystem möchte, muss draufzahlen. Eine Besonderheit des Explorers besteht darin, dass in ihm die Technik eines Konkurrenten steckt. So nutzt Ford die MEB-Plattform („modularer E-Betriebsbaukasten“) des VW-Konzerns, wodurch im Explorer die gleichen Bauteile stecken wie beispielsweise im VW ID.5 oder im Skoda Enyaq. Von dieser „Verwandtschaft“ merkt man in der Praxis allerdings kaum etwas, weil die Fahrzeuge zu unterschiedlich aussehen.

Die Fahrt verläuft im positiven Sinne unspektakulär. Alles schön leise und gut gefedert. Die Assistenzsysteme (Abstandshalter, Tempomat, Verkehrszeichen-Erkennung) arbeiten, wie sie sollen. Der Spurhalte-Assistent greift ein, wenn man auf der Autobahn versehentlich über eine Linie fährt. Im Stadtverkehr wiederum ist der elektronische Ausstiegswarner besonders sinnvoll. Er warnt, wenn sich beim Einparken ein Fahrrad nähert, wodurch sogenannte „Dooring-Unfälle“ vermieden werden sollen. Immer wieder kommen Radfahrer zu Schaden, wenn Autotüren unbedacht geöffnet werden.
Nur das automatische Einparken funktioniert nicht. Über die Gründe kann ich nur spekulieren. Vielleicht erkennt das System lediglich Parklücken, die farblich ganz klar als solche gekennzeichnet sind. In meinem Fall tut sich zwar eine Lücke auf, aber es fehlt eine weiße Linie auf der Straße. Und es ist dunkel. Trotzdem ein bisschen enttäuschend.
Beim Laden liegt er eher im Mittelfeld

Das Navi gehört zu den besseren. Es versteht Sprachbefehle, berechnet sinnvolle Routen und plant Ladestopps ein, sollte die Batterieladung nicht bis zum Ziel reichen. Zusätzlich zeigt es auf Wunsch Ladestationen oder Restaurants in der Umgebung an. Allein die Darstellung gefällt mir nicht. Genau wie bei VW werden auf dem Bildschirm alle möglichen Staus, Straßensperrungen und Baustellen eingeblendet, die sich in der Nähe befinden. All das hat mit der eigenen Streckenführung nichts zu tun und lenkt nur unnötig ab. Schlimm genug, dass am Straßenrand tatsächlich regelmäßig Schilderwälder emporsprießen. Im Auto muss das nicht auch noch sein.
Bei Antrieb und Akku bietet Ford verschiedene Wahlmöglichkeiten an. Die günstigste Variante ist mit Heckantrieb und 52-kWh-Batterie ausgestattet (Normreichweite: 352 Kilometer). Teurer wird’s mit Allrad und größeren Akkus. Auch Schmankerl wie das Panorama-Glasdach, ein Head-up-Display, eine 360-Grad-Kamera oder eine Anhängerkupplung kosten extra.
Mein Testfahrzeug hat „nur“ Heckantrieb, dafür aber die Premium-Ausstattung und den großen 77-kWh-Akku. Die versprochenen 564 Kilometer erreicht der Explorer leider nicht. Wie bei den meisten Elektroautos bricht die Reichweite im Winter stark ein, sodass ich selbst bei moderatem Autobahntempo maximal 400 Kilometer weit komme. Immerhin lädt er schnell. In knapp einer halben Stunde ist der Akku wieder zu 80 Prozent gefüllt. Damit bewegt sich der Explorer im Mittelfeld. Ein superschnelles 800-Volt-System, wie es etwa der Hyundai Ioniq 5 nutzt, hat das Ford-VW-Gespann noch nicht.
Fazit: Obwohl Ford spät in die Elektromobilität einsteigt, kann sich das Ergebnis sehen lassen. Ganz so abenteuerlich wie meine Tour im Polizei-Explorer war die Reise durch Deutschland nicht, aber das ist ja nicht unbedingt etwas Schlechtes.