Der Weissensee in Kärnten und die umliegenden Berge sind eine Traumregion für Winterurlauber. Der außergewöhnlich schöne Bergsee war einst auch Kulisse für einen James-Bond-Film.

Wie mit unterschiedlich dicken Pinseln gemalt wirken die Muster auf der eisigen Fläche des Weissensees – ein monochromes Gemälde aus sich schlängelnden Linien und amorphen Kreisen. Auf dem Weissensee im Süden Kärntens, der größten präparierten Natureisfläche Europas, fand gerade zum 35. Mal die größte Eisschnelllaufveranstaltung der Welt statt. Noch immer sind die Kufenspuren deutlich zu sehen.
Der 11,7 Kilometer lange Weissensee, der im Winter einem norwegischen Fjordsee gleicht und im Sommer als knallblauer Karibiktraum beschrieben wird, ist mit einer Fläche von 6,5 Quadratkilometern zwar nicht der größte, aber einer der klarsten Alpenseen Österreichs. Von Gletschern und Eruptionen geformt, wird er von unterseeischen Quellen (Grundwasserströmen) gespeist.
Bereits Ende November bildet sich auf dem nur drei bis fünf Meter tiefen Westteil – auch „Kleines Meer“ genannt – eine dünne Eisschicht, die sich mit fortschreitendem Winter weiter ausbreitet. In den folgenden Monaten, von Mitte Dezember bis Anfang März, überwacht und präpariert das Team um Eismeister Norbert Jank das Eis fachmännisch. Die beste Qualität hat das Eis in den ersten Tagen. Kenner hoffen zu Saisonbeginn auf sogenanntes „spenstiges“ Eis: Das surreal wirkende Spiegeleis bildet sich nur bei absoluter Windstille und ohne Schnee. Das Eis wird zur Symmetrieachse, spiegelt Berge, Himmel und Bäume. Diese lichtreflektierende Eisfläche – auch „schwarzes Eis“ genannt – ist so durchsichtig, dass man bis zum Grund des Sees blicken kann. Die bis zu 40 Zentimeter dicke Eisschicht ermöglicht dabei oft Sichttiefen von bis zu sechs Metern. Norbert Jank, der das Eis seit über 40 Jahren pflegt, erkennt kleinste Unterschiede in der Dicke mit bloßem Auge und markiert gefährliche Stellen mit Fichtenzweigen. Sobald das Eis stabil ist und eine Dicke von mehr als zehn Zentimetern erreicht, kommen speziell von ihm ausgebaute Räumfahrzeuge zum Einsatz.

Wenn Jank mit seinem roten Fiat über das Eis braust, erinnern sich viele an die spektakuläre Geschichte, wie der Weissensee zur Heimat der „Alternativen Elf-Städte-Tour“ wurde – eine Geschichte, die fast wie aus Hollywood klingt. 1987 diente der See als Kulisse für den James-Bond-Film „Ein Hauch von Tod“ mit Timothy Dalton. Die markante Winterlandschaft und die klare, unberührte Eistopografie machten den Weissensee zum idealen Drehort. Der Film führte dazu, dass die Niederlande – die führende Nation im Eisschnelllauf – 1988 die traditionelle Elf-Städte-Tour von eisfreien Grachten auf den Weissensee verlegte. Die außergewöhnlich stabilen Eisverhältnisse und das Know-how von Eismeister Jank gaben den Ausschlag.
Auf dem Eis segeln oder im Eis tauchen
Wenn im Februar der große Trubel der Eissportveranstaltungen abklingt und der stille Zauber der märchenhaften Bergsee-Enklave zurückkehrt, beginnt die Zeit, die Umgebung in aller Ruhe zu erkunden – sei es im Slowtravel- oder Aktiv-Modus. Die Eisgarantie des auf rund 930 Metern Seehöhe gelegenen alpinen Hochsees, macht sie zum vielschichtigen Wintersportparadies. Rund 76 Prozent der Uferfläche des Weissensees sind unverbaut und eine naturbelassene puristische Kulturlandschaft, die von Bergen und dem See geprägt ist. Die behutsame Bebauung der Region konzentriert sich ausschließlich auf die Ostseite des Sees.
Seit 2014 ist der Hochsee mit seiner bildschönen Bergkulisse offiziell als streng geschützter Naturpark ausgewiesen. Das rund 7.640 Hektar große Naturgebiet in den östlichen Gailtaler Alpen (auf 930 Metern Seehöhe) gilt als Vorzeigebeispiel für über 40 Jahre gelebten, umweltverträglichen Tourismus und einen respektvollen, nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen. Das an das Gailtal angrenzende Lesachtal wurde sogar als weltweit erste „Slowtravel-Food-Region“ der Welt zertifiziert. Etwa 30 weitere zertifizierte Umweltzeichen unterstreichen den ökologischen Anspruch der Region.

Die Enklave zwischen See und Bergen besticht durch ihre Vielfalt und die kurzen Wege, die sie zu einem Paradies für Aktivurlauber machen. Neben 25 Kilometern perfekt präparierten Natureisbahnen und 400 Metern Eisschnelllaufbahnen werden hier auch Eisstockschießen, Curling, Eishockey, Eissegeln und sogar Eistauchen angeboten. Die außergewöhnliche Klarheit des Eises reflektiert das Licht wie eine riesige Discokugel – ein faszinierendes Naturschauspiel, das sogar internationale Tauchdelegationen anzieht, um hier für Expeditionen in die Antarktis zu trainieren. Ab Februar wird der See für das traditionelle Eislochfischen freigegeben. Für Langläufer stehen 40 Kilometer Doppelspur- und Skatingloipen zur Verfügung. Eine trendige Alternative ist das Nordic Cruising. Für Skifahrer und Snowboarder bietet das übersichtliche und familiäre Skigebiet mit einer Vierer-Sesselbahn und vier Schleppliften ideale Bedingungen. Ein besonderes Erlebnis ist die vier Kilometer lange Naturrodelbahn, die von der Naggler Alm – eine von vielen urigen Hütten rund um den See – ins Tal führt. Nach einem Kaiserschmarren mit Blick auf die umliegenden Berge wird die Abfahrt zum Winterspaß. Auch Schneeschuhwanderer finden ihre Routen, um allein oder mit dem örtlichen Ranger Robert Röbel den Naturpark – inklusive eines erhabenen Blicks über den See – zu entdecken. Besonders reizvoll sind die nächtlichen Fackelwanderungen und Sternenbeobachtungen, die der kundige Ranger für kleine Gruppen organisiert. Dabei kann er auch viele Geschichten über den Ort erzählen.
Paradies für Feinschmecker

Es ist erstaunlich, wie der Himmel mit Sternen übersät ist – das gilt auch im kulinarischen Sinne: Der Weissensee hat sich zu einer der Top-Gourmetregionen Österreichs entwickelt. Mit 16 Koch-Hauben im 30-Kilometer-Radius ist die Region ein Paradies für Feinschmecker. Sieben Spitzenköche, darunter drei mit Guide-Michelin-Auszeichnung, zaubern hier kulinarische Hochgenüsse. Auch Hannes Müller, ehemaliger staatlicher Eisläufer, „österreichischer Koch des Jahres 2025“ und Betreiber des Gourmet-Restaurants „Die Forelle“, der hier geboren ist, gehört dazu. In seiner Küche verbindet er meisterhaft Regionalität und Raffinesse und inspiriert damit die Region nebst Kochnachwuchs. Dank der herausragenden Wasserqualität des Weissensees tummeln sich in seinem klaren, kühlen Wasser viele Fische. Neben Karpfen und Hecht zählt vor allem die „Weissensee-Forelle“ zu den kulinarischen Delikatessen der Region. Neben Wildfang gibt es aber auch Fische aus besonders nachhaltiger Fischzucht.
Wenn die Nacht über den Weissensee hereinbricht, schlafen die Fische und der See. In die Stille hinein kann man manchmal den „Gesang des Eises“ hören. Das Natureis scheint sich mit seinen feinen Rissen, Sprüngen, dem Schmelzen und Nachfrieren zu strecken und zu recken, als bereite es sich darauf vor, am nächsten Tag wieder seinen fast makellosen Eis-Teppich frei zugeben, der nur von Mustern gezeichnet ist, die Natur- und Menschen ihm gegeben haben.