Gerade schlüpfte Anna Unterberger in zwei neuen „Steirerkrimis“ wieder in die Rolle der Kriminalistin Anni Sulmtaler. Uns erzählt sie, was sie vom Dreh in der Steiermark mitnimmt und was ihr an ihrer Wahlheimat Berlin gefällt.
Seit 2021 überzeugt Anna Unterberger als TV-Ermittlerin Anni Sulmtaler in den ARD-„Steirerkrimis“. Sie mimte zuvor schon Helden und Verlierer, glänzte aber auch am Theater. Erst Ende des Jahres lief im Ersten die Weihnachtskomödie „Die schönste Bescherung“ mit ihr in der Hauptrolle. Viele erinnern sich aber auch an den „Gundermann“-Film von Andreas Dresen, in dem Anna Unterberger die Frau des Liedermachers spielte. Und nicht nur das: Für den Streifen nahm die Wahl-Berlinerin mit Hauptdarsteller Alexander Scheer sogar Songs von Gerhard Gundermann neu auf. Seitdem wissen Kino- und Fernsehzuschauer: Singen kann die gebürtige Südtirolerin auch!

In der ersten Februarhälfte zeigte die ARD zwei neue Filme der beliebten „Steirerkrimi“-Reihe. „Steirergift“ und „Steirermord“ können in der Mediathek auch jetzt noch abgerufen werden, um Anna Unterberger dort in Aktion zu sehen. Wir haben die Schauspielerin abseits der Leinwand getroffen.
"Wir drehen auch in privaten Haushalten"
Sie lebt seit kurzem in Berlin-Friedenau, nicht weit von Grunewaldsee und Krumme Lanke. „Ich mag Berlin, weil die Stadt mich so sein lässt, wie ich bin. Hier gilt: Leben und leben lassen. Große Erwartungen hatte ich vorher allerdings nicht. Vor allem war ich neugierig. Heute liebe ich den Kontrast zwischen den Bezirken: In der City der Trubel, hier bei mir um die Ecke die Magie der Seen und Parks“, schwärmt die Filmkünstlerin, die auch schon im Berliner Wedding und in Prenzlauer Berg wohnte.
„Ich wollte eigentlich immer nach Berlin und war hier bereits früh im Theater. Schon mit zehn Jahren besuchte ich Frank-Castorf-Aufführungen“, erinnert sich Anna Unterberger, die gleich nach dem Schauspiel-Studium am Konservatorium Wien in die deutsche Hauptstadt zog. Im Berliner Umland und Brandenburg sei sie dagegen selten, obwohl die Mark Brandenburg fast direkt vor ihrer Haustür liegt. Bleibe Zeit, bevorzuge sie eher die Berge, vor allem Alpenregionen in Österreich und Italien.

Die österreichische Steiermark kannte sie vor dem Dreh der Krimireihe aber nicht, wie Anna Unterberger im Interview einräumt. „Aber das schätze ich an so einer Produktion auch, dass man Land und Leute wirklich kennenlernt. Wir drehen ja auch in privaten Haushalten und Gehöften, sind nah dran an den Menschen, so wie die Drehbücher selbst“, sagt die gebürtige Bozenerin. An Wochenenden und arbeitsfreien Tagen bestehe zudem Gelegenheit, sich vor Ort umzusehen.
Drehzeit zwischen 20 und 22 Tage
Die Drehzeit für eine Folge der österreichischen „Steirerkrimis“ liege zwischen 20 und 22 Tagen. Trifft sich die Crew, fühle es sich wie die Zusammenkunft einer großen „Film-Familie“ an. Mit Regisseur Wolfgang Murnberger arbeitete Anna Unterberger unter anderem schon 2015 für den Film „Luis Trenker – Der schmale Grat der Wahrheit“ zusammen. „Über die Anfrage für die ‚Steirerkrimis‘ hab’ ich mich vor vier Jahren riesig gefreut. Vorher scheute ich mich, durchgehende Serienrollen anzunehmen“, sagt Unterberger. Doch der Part von TV-Ermittlerin Anni Sulmtaler gebe ihr Raum, viel von sich und ihrer schauspielerischen Qualität zu zeigen. „Durch die enge Zusammenarbeit mit Wolfgang Murnberger, die eine solch durchgehende Rolle bedingt, bin ich recht früh involviert und erhalte meist schon die zweite Drehbuchfassung“, sagt Anna Unterberger und gibt so Einblick in ihre Arbeitsweise.

Zudem könne sie, genau wie Schauspielkollege Hary Prinz (in den „Steirerkrimis“ Chefinspektor Bergmann), auch Vorschläge für einzelne Szenen machen. „Wir bringen durchaus Ideen ein. Andersherum passiert es auch, dass am Drehtag morgens noch eine Nachricht des Regisseurs mit leicht veränderten Dialogen bei uns landet.“
Erhalte sie vor einer Produktion das Drehbuch, habe sie recht schnell ein Grundgefühl, was die Qualität der Geschichte betrifft. Letztlich entscheide sie aber nach Bauchgefühl. Ob ein Film oder die Folge einer Serie Erfolg hat oder nicht, hänge von unterschiedlichen Faktoren ab, darunter auch Kriterien, die die Schauspieler selbst nicht beeinflussen könnten. Anna Unterberger erwähnt in dem Zusammenhang unter anderem die PR für den jeweiligen Streifen, Sendezeit, aber auch Schnitt und Ton des Films.
Wie im erwähnten Luis-Trenker-Film spielt auch in der Folge „Steirermord“ Tobias Moretti die Hauptrolle. Er spielt Otto von Glanzberg, einen Grafen, der es gewohnt ist, auf seinen Gütern und in der Familie den Ton anzugeben. Als seine junge Verlobte entführt wird, möchte der Graf die Angelegenheit ohne Polizei regeln. Doch die Braut ist tot, und der Graf, ein passionierter Jäger, erschießt bei der Geldübergabe einen der beiden Kidnapper. Der zweite Maskierte entkommt unerkannt. Bei den Ermittlungen in der Adelsfamilie kommt es immer wieder zu überraschenden Wendungen. Bald wird klar, weshalb Graf Otto die Polizei aus dem Geschehen heraushalten wollte. Mehr will die sehr wandelbare Darstellerin aber nicht verraten.
Apropos Tobias Moretti: Angst vor großen Namen hat Anna Unterberger keinesfalls, wie sie auf Nachfrage erklärt. „Erstens kannten wir uns vom Luis-Trenker-Dreh. Zweitens erstarre ich da nicht in Ehrfurcht. Ich bin eher freudig aufgeregt, wenn ich mit so erfahrenen und professionellen Schauspielern wie Tobias Moretti arbeiten darf“, sagt die Darstellerin, die auch schon mit Götz George drehte.
Nach der letzten Klappe für eine Produktion in Hamburg genehmigte sich Anna Unterberger eine kleine Auszeit. „Ich tue jetzt einfach Dinge nur für mich, um runterzukommen und ohne bewertet zu werden. In Berlin habe ich ein kleines Atelier, in dem ich male, schneidere, mit Holz arbeite und anderweitig kreativ werde. Das genieße ich sehr“, sagt sie.
Südtirolerin mit dänischer Mutter
Weihnachten verbrachte sie diesmal am Meer, in wärmeren Gefilden. In Jahren, in denen sie an zum Weihnachtsfest daheim bleibt, bereitet sie gern das Weihnachtsmenü nach den Rezepten ihrer Mutter zu, einer Dänin. Da komme dann eine dänische Ente auf den Tisch, und zum Dessert kocht Anna Unterberger dänischen Milchreis mit geriebenen Mandeln („Risalamande“). Dabei werfe man auch eine ganze Mandel in den Topf. Wer sie später auf seinem Teller findet, erhält nach altem dänischen Brauch ein kleines Geschenk.

Was sich viele Kino- und Fernsehzuschauer schon oft fragten: Wie kommt das kleine Österreich zu einer so breitgefächerten Filmlandschaft mit so vielen herausragenden Schauspielern? Eine klare und eindeutige Antwort hat auch die häufig in österreichischen Produktionen besetzte Anna Unterberger nicht: „Ich vermute, dass es an den oft mutigen Drehbüchern liegt, am Humor, der oft ein ganz spezieller schwarzer Humor ist. In jedem Fall freut es mich, zu dieser österreichischen Community zu gehören“, sagt Anna Unterberger, die selbst keine Österreicherin ist, sondern die italienische und dänische Staatsbürgerschaft besitzt. Kollegen bescheinigen ihr immer wieder, dass sie hart an jeder Rolle arbeitet, um ihr gerecht zu werden. In jede Filmfigur möchte sich Anna Unterberger der eigenen Beschreibung nach einleben und sich so auch selbst verändern. „So sind Schauspieler praktisch ihr eigenes Instrument, wenn sie in sich selbst hineinschauen“, sagt die in Kino und Theater gefragte Anna Unterberger. Sie müsse sich also schon von Dienst wegen viel mit sich selbst befassen. Der angenehme und feine Unterschied zu vielen ihrer Kolleginnen und Kollegen: Unterberger nimmt sich dennoch selbst nicht zu wichtig!
Weitere Sympathiepunkte sammelt die Künstlerin durch ihr soziales Engagement. Schon seit zehn Jahren setzt sie sich abseits von Film und Fernsehen in der Flüchtlingshilfe ein. Auslöser war ein Griechenland-Urlaub auf den Inseln Kos und Leros, in dem sie 2015 das Leid der dort Gestrandeten hautnah erlebte. Zu helfen sei ihr eine Herzensangelegenheit, sagt die Aktrice, die ihr Filmdebüt 2009 in Urs Odermatts Verfilmung von „Mein Kampf“ gab. Bereits ein Jahr darauf war die 39-Jährige in der Rolle der Britta in „Jud Süß – Film ohne Gewisssen“ zu sehen. Seitdem ist Anna Unterberger aus der deutschen und österreichischen Filmszene nicht mehr wegzudenken.
Zum Schluss des Interviews darf die Frage nach kommenden Filmaufgaben nicht fehlen: Es gebe Projekte, die feststehen, anderes sei im Gespräch. „Ich finde es spannend, nicht immer zu wissen, was kommt“, sagt Anna Unterberger. Ihr Leben müsse sie nicht komplett durchplanen. Die „Steirerkrimis“ seien für ihr Filmleben allerdings eine gute Basis, auch finanziell. Kellnern, wie am Anfang ihrer Karriere, müsse sie zumindest nicht mehr, sagt die Schauspielerin und lächelt.