Es war eine Bundestagswahl auf Saarländisch. Die saarländischen Akzente sind erkennbar, aber sie waren schon mal sehr viel deutlicher. Das Saarland ist halt doch keine abgekoppelte Insel reiner Glückseligkeit.
Wir konnten wie immer auf ein paar saarländische Besonderheiten stolz sein: Gesellschaftlicher Zusammenhalt, ehrenamtliches Engagement, Weltoffenheit und Toleranz. Wenn es drauf ankommt, gibt es hier regelmäßig Kundgebungen für diese Werte, die gemessen an der Bevölkerungszahl zu den größten in der Republik zählen. Auch in den Wahlkampfwochen und noch am Tag vor der Wahl.
Trotzdem hat die AfD fast ohne Wahlkampf und mit teilweise selbst vor Ort völlig unbekannten Kandidaten ihre Wählerschaft – wie bundesweit – auch im Saarland verdoppelt, ist in Neunkirchen und Völklingen und weiteren Gemeinden stärkste Kraft.
Rein statistische Analysen soziodemographischer Merkmale von AfD-Wählern beantworten nicht die Frage, warum sich auch hier etwas verschiebt.
Dass eine neue Bundesregierung eine bessere Politik machen muss, ist eine Forderung purer Selbstverständlichkeit. Aber es ist keine Frage, die sich nur und alleine auf die Politik wegdelegieren lässt. Natürlich muss „die Politik“ für objektive Verbesserungen der Lebensbedingungen sorgen und dafür, dass wieder ein Gefühl einkehrt, in einem funktionierenden Staat zu leben. Das ist Grundvoraussetzung.
Aber es geht inzwischen um mehr, um grundsätzliche Einstellungen und Haltungen, und das in einem Maße, für das das Wort „Kulturkampf“ nicht völlig übertrieben ist.
Nicht alle, die jetzt AfD gewählt haben, werden für die „demokratische Mitte“ zurückzugewinnen sein. Und mit dem anderen Teil überhaupt wieder ins Gespräch zu kommen, wird nicht einfacher, je mehr sich Narrative verfestigen. Aber genau das ist die Aufgabe, für „die Politik“ sowieso, aber genauso für die Zivilgesellschaft. Aufgabe in Vereinen und Verbänden, in Kirchen und in Unternehmen. Es geht schlicht um die Frage, wie wir leben wollen.
Und die entscheidet sich in den nächsten Jahren. Korrekter: Über die entscheiden wir in den nächsten Jahren.