Matthias Kaminsky ist ein Tausendsassa. Das Multitalent organisierte CDU-Shows für Angela Merkel und den 100. Geburtstag von Schalke 04. Über sein buntes Leben schrieb der mehrfache Firmengründer und heutige Creative Director des Berliner DDR-Museums ein Buch.

Er war DJ, konzipierte im Osten Jugendklubs, gründete eine Firma für Werbetechnik sowie ein Label für Fetischklamotten. Später organisierte er Events für Toyota und Microsoft, aber auch die Party zum 100. Geburtstag von Schalke 04. Ein Highlight war seine Show beim CDU-Parteitag 2011. Kanzlerin Angela Merkel hat ihn damals persönlich in ihr Büro gebeten: ihn, Matthias Kaminsky, der scheinbar zehn Leben in einem führt. Seine unglaubliche Lebensgeschichte „Sie werden mich kennenlernen. Die Merkel kennt mich schon“ (Neues Leben) schrieb er jetzt mit Autorin Martina Kaden auf.
Schon mit 15 Jahren ist er Diskjockey
Mit DJ Motte begründete er einst den Loveparade-Nachfolger „Rave the Planet“. In Lübeck konzipierte er kürzlich das Günter-Grass-Haus als Museum neu. Seit 2018 ist das Multitalent außerdem Creative Director des DDR-Museums in Berlin-Mitte gegenüber vom Berliner Dom. Wie er alles unter einen Hut bekommt, erklärte uns der geschäftstüchtige Kreativkopf im Depot des Museums, das sich im Berliner Osten in Marzahn befindet. Ab 16. März 2025 öffne die Sammlung an drei Tagen in der Woche auch für Besucher, informiert der gebürtige Querfurter, Jahrgang 1969. Zu sehen seien unter anderem wertvolle Devotionalien des Palasts der Republik, etwa die bequemen Polstersessel im DDR-Volkskammer-Saal sowie Marmorwände aus dem Palast-Foyer.
Matthias Kaminskys Gabe, eigene Ideen für Bühnentechnik und Inszenierungen zu Shows oder Erlebniswelten zu verknüpfen, wurde ihm wohl in die Wiege gelegt. Erlernen oder studieren lässt sich das in dieser Kombination kaum. „Man hat es oder man hat es nicht“, sagt der Querkopf aus Querfurt schmunzelnd, er, der hin und wieder quer, doch nur selten schief lag.

Schon mit 15 Jahren war er im damaligen Bezirk Halle Diskjockey, also „Schallplattenunterhalter“, wie es in der DDR hieß. Mit 19 Jahren baute er im Auftrag des „Rat des Kreises“ Querfurt Jugendclubs auf und managte anschließend auch die Programme: „Angesagt waren Bands wie Karat, City, Silly, Puhdys, dazu gab’s natürlich Disko: Bei uns war wirklich jedes Wochenende was los. Die Kulturfunktionäre haben mich machen lassen. Zum Ende der DDR war auch schon mehr möglich als zuvor“, sagt der gelernte Elektromechaniker und erinnert sich an alte Zeiten. Mit seinem Jahresbudget von 100.000 Ostmark habe er in den Clubs eine Menge auf die Beine stellen können.
Doch wie lief das 2011 mit der recht kurzfristigen Anfrage, binnen sieben Wochen Bühnendesign und mediale Inszenierung des CDU-Wahlparteitags mit Angela Merkel in Leipzig zu organisieren? „In jedem Fall blieb wenig Zeit. Als Eröffnungsrednerin der Internationalen Autoausstellung (IAA) in Frankfurt am Main sah die Kanzlerin unsere dortige Eröffnungsshow und sprach uns direkt darauf an. So etwas wolle sie auch. Für ein Konzept erbat ich mir jedoch 14 Tage Zeit zum Nachdenken“, sagt Kaminsky und blickt zurück. Darauf die Kanzlerin: „Könnten Sie für mich vielleicht ein bisschen schneller nachdenken?“ Eventplaner Kaminsky konnte: Nach wenigen Tagen hatte Merkel den „Fahrplan“ für den Showteil des Parteitags.
Bei der Unterredung im Konrad-Adenauer-Haus der CDU wurde ihm wegen des kurzfristigen Termins der Stellplatz „Dr. Angela Merkel“ zugewiesen. Dort parkte er früh um 8 Uhr mit seinem Porsche ein. Zur surrealen Szene passte, dass der Bühnen- und Kulissen-Designer an dem Tag ausnahmsweise einen Anzug trug. „Die Kanzlerin war im Meeting völlig entspannt und ganz leger. Sie wirkte auf mich wie der normalste Mensch der Welt. Wir lachten und unterhielten uns noch über die IAA-Show. Merkel überraschte auch mit Fachwissen, etwa der Frage: ‚Sagen Sie mal, war das (bei der IAA – Anm. d. Autors) eigentlich eine Aufprojektion oder eine Rückprojektion?‘“
Der verblüffte Matthias Kaminsky konnte natürlich alle Details erklären. Merkels Reaktion laut Kaminsky: „Oh, da kennt sich aber jemand aus.“ Und die Kanzlerin weiter: „Genau solch eine kraftvolle Inszenierung brauche ich auch. Und zwar erst einmal für unseren Parteitag in Leipzig.“
Der Mann mit den vielen Piercings und Tattoos könnte stundenlang solche Storys erzählen. Einige Geschichten stehen in seinem lesenswerten autobiografischen Buch. Dort spart der Autor auch nicht mit Details aus seiner wilden Jugendzeit, Drogenkonsum inklusive.
Gestaltet gerade DDR-Museum um
Dann geht’s noch durchs Marzahner Depot des DDR-Museums, in dem über 360.000 Exponate lagern. Darunter befinden sich über 100 Motorräder und Mopeds, Fernsehgeräte, Radios, Waschmaschinen, Kassettenrekorder, Kühlschränke sowie Schrankwände und Mobiliar, wie es tausendfach in Ost-Wohnungen stand. Dass man oft nur mit Glück oder Beziehungen an die guten Stücke kam, ist in der Sammlung wiederum nicht zu erfahren.

Interessierte können im Museumsdepot ab März auch den „Club der Funktionäre“ besuchen. „Hier bauen wir eine elf Meter lange Schrankwand der Marke Carat auf, einst hergestellt im VEB Möbelkombinat Berlin. Von oben strahlen zwei Kronleuchter. Im Club laden dann 30 Sessel zum Verweilen ein. Geplant sind auch Events, Diskussionsrunden und vieles mehr.“ Die Depot-Eröffnung am Rande der deutschen Hauptstadt soll auch ein Angebot für alle Berliner und Brandenburger sein, die es nicht bis ins DDR-Museum in die City schaffen.
Parallel gestalten Matthias Kaminsky und sein Team seit vier Jahren das Museum am Berliner Dom um. Es soll ein realistisches DDR-Alltagsbild vermitteln: keine Verklärung, aber auch keine Reduzierung auf Stasi, Mauer und Versorgungsengpässe. So sei der Einstieg zur Schau nicht die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 7. Oktober 1949, sondern der 8. Mai 1945, der Tag der Befreiung vom Nazi-Regime durch die Alliierten Sowjetunion, Frankreich, USA und Großbritannien. Jener historische Tag gilt heute als Ursprung der späteren deutschen Teilung, die mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland (BRD) am 23. Mai 1949 – rund vier Monate vor Gründung der DDR – ihren Lauf nahm.
„Wir wollen diese Historie unter anderem fürs internationale Publikum, aber auch für nachwachsende Generationen insgesamt besser darstellen“, sagt Workaholic Matthias Kaminsky, der seit vielen Jahren in Berlin-Schöneberg lebt. Seit einiger Zeit wohnt hier auch der Mann, den er im November 2024 geheiratet hat.