Oliver Luksic wird nicht erneut als Landeschef der FDP Saar antreten. Wer wird ihm folgen? Während eine Kandidatur schon offiziell eingereicht wurde, macht sich ein möglicher Gegenkandidat auf die Suche nach einem starken Team.

Die Sonne strahlt über der Saarschleife, und auch Angelika Hießerich-Peter ist bester Dinge, als sie von ihrem Fahrrad steigt. „Das ist eine meiner liebsten Radstrecken“, erzählt sie. Sie hat sich für „Das Steinbachs“ bei der Saarschleifen-Lodge in Mettlach als Treffpunkt entschieden. Aus gutem Grund, wie die FDP-Politikerin verrät: „Ich lebe sehr gerne in dieser Region und bin auch selbst seit 25 Jahren als selbstständige Unternehmerin in der Tourismusbranche tätig. Tourismus ist also ein Herzensthema für mich.“ Das soll es auch in ihrer vielleicht bald neuen Position bleiben. Denn Hießerich-Peter hat sich auf die Nachfolge von Oliver Luksic als FDP-Landeschef im Saarland beworben. „Es war für mich nur folgerichtig, dass ich mich, nachdem ich gefragt wurde, ob ich diese Verantwortung übernehmen möchte, dieser auch stelle“, verrät die 60-Jährige. Seit gut sieben Jahren ist sie bereits als stellvertretende Vorsitzende an Bord, startete bei der vergangenen Landtagswahl als Spitzenkandidatin. „Wir haben bei der Wahl 4,8 Prozent bekommen – im Jahr 2012 waren es gerade einmal 1,2“, betont sie. Das liege auch an 15 Jahren „guter Vorstandsarbeit im Team mit Oliver Luksic“, sagt sie. „Ich fände es also falsch zu sagen, wir müssen jetzt alles anders machen. Ein ‚Weiter so‘ wäre nicht der völlig falsche Weg.“
Das sieht nicht jeder so. „Wenn der Wähler der Chef ist und die Umfragen nach drei verlorenen Landtags- und einer verlorenen Bundestagswahl zwischen drei und vier Prozent liegen, dann, würde ich sagen, muss es einen Neuanfang geben, um wieder erfolgreich zu werden“, sagt Christoph Hartmann. Auch er ist kein Unbekannter in FDP-Kreisen, führte er den Landesverband doch 2002 bis 2011 selbst an. 2004 kamen „seine“ Liberalen das erste Mal seit 14 Jahren in den Landtag, 2009 in Regierungsverantwortung. Halten sollte das Jamaika-Bündnis allerdings nur drei Jahre. Ein Nachteil? „Jeder Mensch hat eine Lernkurve“, sagt Hartmann. „Ich bin auch nicht mehr der Mensch, der ich 2012 war. Das liegt neben meinen Erfahrungen aus zehn Jahren Berufspolitik und meiner unternehmerischen Tätigkeit auch an den Schrammen, die ich in meinem Leben davongetragen habe.“
Schrammen, die Hartmann auch strategischer haben werden lassen: Gegenüber dem SR hatte er angekündigt, eine Kandidatur „nicht auszuschließen“. Offiziell erklärt hat er diese aber noch nicht. „Es ist mir wichtig, nur dann anzutreten, wenn es ein überzeugendes Bild gibt. Ich bin gerade dabei, ein Puzzle zusammenzustellen“, erklärt er. „In diesem Puzzle geht es um die politische Ausrichtung, um die Strategie, die Programmatik, aber eben auch um ein Team und eine stimmige Finanzierung. Es gibt nichts, was die Partei in ihrem jetzigen Zustand nicht bräuchte.“ Das Ende der Ära Luksic stelle die Partei vor ein großes Vakuum: „Der beste Mann ist nicht mehr da und muss ersetzt werden. Wenn man das versucht mit dem Status quo zu ersetzen, dann ist klar, dass da mindestens ein Teil im Puzzle fehlt.“
Kritik an Personaltableau

Klare Kritik an Hießerich-Peters Personaltableau. Diese erklärt klar: „Es gibt natürlich einige erfahrene Persönlichkeiten, wie Helmut Isringhaus, Roland König oder Gudrun Bierbrauer-Haupenthal, die mir bereits ihre Mitarbeit im engen Landesvorstand zugesichert haben. Auf der anderen Seite bin ich aber auch im Gespräch mit vielen jungen, dynamischen Leuten, die ihre Bereitschaft signalisiert haben.“ Wichtig sei ihr eine gute Mischung aus Erfahrung und neuen Impulsen. Während sie auf die Stimmen der etablierten Liberalen ziemlich sicher setzen kann, ist es gerade die junge Generation, die sich in Teilen stark Richtung Christoph Hartmann positioniert. Besonders der Vorsitzende der Jungen Liberalen, Felix Schick, sowie seine Amtsvorgängerin Verena Blacha hatten sich für eine Kandidatur des Ex-Wirtschaftsministers stark gemacht. „Ich glaube nicht, dass das eine einheitliche Position der Julis ist“, betont Hießerich-Peter. „Wir haben dort viele intelligente und engagierte junge Leute, die sich da sehr viele Gedanken machen.“
Junge Leute, die sich in der Vergangenheit auch oft von der Mutterpartei im Stich gelassen fühlten. Eine Meinung, für die man in Juli-Kreisen nicht lange suchen muss. „Der Support, den ich durch die Julis erfahre, kommt auch nicht von ungefähr“, sagt Christoph Hartmann. „Ich habe schon vor einigen Jahren begonnen, den Julis meine Hilfe anzubieten. Meine politischen Ziehväter waren Werner Klumpp und Guido Westerwelle. Ohne die beiden hätte ich nie erreicht, was ich erreicht habe. Dieser Know-how-Transfer war für mich essenziell, und das wollte ich auch an die Julis weitergeben.“ Dieser Prozess des „begleiteten Wachsens“ sei seiner Meinung nach auch eine der wichtigsten Aufgaben eines Landesvorsitzenden.
Eine weitere sei die Setzung konkreter Ziele: „Wir müssen schauen: Wohin wollen wir? Ist es das Ziel, bei den kommenden Landtagswahlen gerade so mit 5,0 Prozent in den Landtag zu rutschen, oder ist es eher das Ziel, sieben Prozent, vielleicht sogar acht zu erreichen und vielleicht sogar die Option zu einer Regierungsbeteiligung zu haben?“, sagt er. Dafür brauche es ein klares Profil. „Wir brauchen keine links aufgestellte FDP. Das heißt aber auch nicht, dass wir eine rechts aufgestellte FDP brauchen. Was wir brauchen, ist eine FDP, die klare Politik macht. Es muss in diesem Land einen geben, der nicht nur alte Arbeitsplätze erhält, sondern auch die Schaffung neuer Arbeitsplätze in den Fokus nimmt. Es muss eine Partei geben, die auch wieder was in Sachen Bildungspolitik angeht.“
Arbeitsplätze und Bildung als große Themen
Zwei Themen, die auch Hießerich-Peter klar zur Chefsache machen will: „Als Bundesvorsitzende des liberalen Mittelstands geht es mir natürlich um das entscheidende Thema Arbeitsplätze und Arbeitsplatzabbau“, erklärt sie. „Es ist wichtig, dass man den Schwerpunkt bewusst auf den Mittelstand setzt und die kleineren und mittleren Unternehmen in die Lage versetzt, wegfallende Arbeitsplätze in der Industrie aufzufangen. Wir müssen uns natürlich um neue Ansiedlungen kümmern, wir müssen uns aber auch um die Betriebsübernahmen von Handwerks- und Dienstleistungsbetrieben kümmern.“ Dazu sei es aber auch nötig, bereits in der Schule wieder an den Leistungsgedanken anzuknüpfen: „Da läuft bei uns im Saarland einiges in die falsche Richtung“, sagt sie. „Die jetzige Landesregierung konzentriert sich meiner Ansicht nach zu stark auf diejenigen, die gefördert, und zu wenig auf die, die gefordert werden müssen.“
Hießerich-Peter wäre die erste weibliche Spitze der FDP Saar seit 1991. Einen Vorteil darin sieht sie aber nicht: „Ich glaube nicht, dass es einen Unterschied macht, ob es eine Frau oder ein Mann macht. Eine Sache wird dann gut, wenn ein Team gut ist. Wenn Erfahrene, Junge, Männer und Frauen auf Augenhöhe arbeiten“, betont die Hotelbetreiberin. „Entscheidend sind die Kompetenz und das Engagement eines jeden Einzelnen.“ Im bisherigen Landesvorstand sei die Zusammenarbeit im Team stets konstruktiv und auf Augenhöhe gewesen. Ein entscheidender Punkt für Hießerich-Peter, die nicht ohne Grund erst 2015 in die FDP eintrat: „Das lag auch an den Personalien, die damals am Ruder waren. Da wäre es für mich keine Option gewesen, aktiv in die Partei einzutreten“, verrät sie und übt auch am damaligen Landeschef Hartmann Kritik: „Christoph Hartmann war mit seinem Team damals verantwortlich für das Scheitern der Jamaika-Koalition. Das Ergebnis waren 1,2 Prozent bei den Neuwahlen. Damit wurde das vorherige Ergebnis von über neun Prozent quasi pulverisiert. Das sind Zahlen und Fakten, an denen kommt niemand vorbei. Wir haben danach eine stringente Aufbauarbeit geleistet.“
Auch Hartmann will Zahlen und Fakten sprechen lassen: „Ich habe die FDP Saar damals mit 1.200 Mitgliedern übernommen und mit 1.800 Mitgliedern abgegeben. Aktuell sind es noch 900 Mitglieder.“ Wichtig sei es nun also umso mehr, öffentliche Beachtung zu bekommen. „Und das ist aus der außerparlamentarischen Opposition brutal schwer“, so Hartmann. Seine Erfahrung und Bekanntheit sehe er hier als klaren Vorteil an. „Natürlich wird es auch genug Leute geben, für die ich nicht die richtige Person bin – eben weil ich kein unbeschriebenes Blatt bin. Aber ich sage es mal so: Wenn 80 Prozent der Saarländer die FDP ablehnen und uns von den restlichen 20 Prozent nur die Hälfte wählt, dann haben wir immer noch alles richtig gemacht.“

Das würde sich dann 2027 zeigen, wenn das Saarland über einen neuen Landtag entscheidet. Angelika Hießerich-Peter könnte sich eine erneute Kandidatur als Spitzenkandidatin durchaus vorstellen: „Am Ende ist das eine Entscheidung, die das neue Team und die Parteigremien treffen, aber ich bin durchaus bereit, diese Verantwortung zu übernehmen“, sagt sie. Doch dafür muss erst einmal der anstehende Landesparteitag über die Bühne gehen und ein neuer Vorstand gewählt worden sein.
Ob Hartmann dann als Kampfkandidat an den Start geht, will er noch nicht in Stein meißeln. Sein Puzzle nehme zwar langsam Form an, doch fertiggestellt sei es für ihn noch nicht: „Viele Leute, mit denen ich gesprochen habe, haben gesagt, dass sie dann bereit sind mitzuwirken, wenn das Puzzle nachher ein spannendes Bild ergibt“, sagt der 52-Jährige. „Dabei bin ich auch im Gespräch mit Personen, die schon heute Verantwortung in der Partei tragen, doch genauso wichtig ist es mir, Zweite-Reihe-Transfers zu tätigen. Denn nur dann können wir am Ende ein Puzzle zusammenstellen, das attraktiv und so auch erfolgreich ist.“
Gewählt werden sollte zwar offiziell erst im Mai, der Wunsch nach einer Versammlung im April wird aber auch seitens der Parteibasis zunehmend lauter. Dann wird sich zeigen, ob die Sonne auch weiterhin mit Angelika Hießerich-Peter um die Wette strahlt oder ihr Glanz von Christoph Hartmanns fertigem Bild überschattet werden könnte.