Die Diskussion um eine Dienstpflicht hat wieder Fahrt aufgenommen. Schülerinnen und Schüler haben sich in einem Planspiel im Bundesrat damit auseinandergesetzt und ihre eigenen Vorstellungen dazu diskutiert.
Einmal im Jahr erfährt das höchste Entscheidungsgremium der 16 Bundesländer eine radikale Verjüngungskur. Nicht die Ministerpräsidenten, Staatssekretäre oder Ministerialdirektoren füllen den Plenarsaal des Bundestags, sondern Schüler.
„Länderbank statt Schulbank“ heißt das Format. In einem Planspiel wird eine Bundesratssitzung von Schülern simuliert, angefangen von der Gesetzesinitiative über die Ausschüsse bis hin zur finalen Abstimmung im Plenarsaal des Bundesrates. In diesem Jahr stand unter anderem die Dienstpflicht als Gesetz zur Abstimmung.
Gut 80 Schülerinnen und Schüler von saarländischen Schulen wurden auf die 16 Länder aufgeteilt und mussten dann die entsprechenden politischen Rollen der zugeteilten Landesregierungen übernehmen. Glück hatte in seiner Rolle als Ministerpräsident von Baden-Württemberg Finian Krippner vom Leibnitz-Gymnasium in St. Ingbert. Die Haltung des Landes zur Dienstpflicht deckt sich in vielen Punkten mit seiner persönlichen Einstellung. „Die Dienstpflicht sollte auf keinen Fall über zwölf Monate gehen, das ist zu lang, neun Monate halte ich für ausreichend. Und dann sollte auf jeden Fall auch der Bereich Klima und Ökologie mit drin sein. Eigentlich alle gesellschaftlich relevanten Bereiche, von der Pflege bis zur Umwelt.“ Selbstverständlich gehört für Finian Krippner auch der Dienst bei der Bundeswehr dazu.
Ein etwas schwieriges Planspiel-Los hat Michelle Klein von der Gemeinschaftsschule Nohfelden-Türkismühle getroffen. Sie muss die Position von Hessen vertreten: Zwölf Monate Dienstzeit, alle sozialen Bereiche, dazu Bundeswehr oder Technisches Hilfswerk – außer Klima/Umwelt. Die 18-Jährige selber findet die allgemeine Dienstpflicht zwar nicht verkehrt, aber: „Ich finde es schwierig, das verpflichtend zu machen. Es gibt viele, die direkt nach der Schule studieren wollen oder direkt eine Ausbildung anfangen. Wenn Dienstpflicht, dann für diejenigen, die nach der Schule noch keine feste Perspektive haben und sich dann einen Bereich aussuchen können, um sich da mal zu probieren.“ Dazu gehört dann aber auch selbstverständlich der Klima- und Umweltbereich, meint die Schülerin.

Differenzierte Sichtweisen
Timo Koch vom Hochwald-Gymnasium spricht bei dem Planspiel im Bundesrat für Rheinland-Pfalz und steht in seiner Rolle genau zwischen den Positionen von Hessen und Baden-Württemberg, genau wie in der realen Politik. Persönlich findet der 16-Jährige die Dienstpflicht absolut nicht verkehrt, aber ähnlich wie für seine Mitschülerin Michelle sollte diese vor allem für Schulabgänger gelten, die noch nichts haben, und der Dienst bei der Bundeswehr sollte eher freiwillige Wahl sein.
Den schwersten Stand im Bundesrat haben Yasmin Diel und Bela Kullmann aus St. Ingbert. Sie müssen Bayern vertreten: Zwölf Monate Dienstpflicht für Frauen und Männer, auch Schulabgänger ohne deutschen Pass sollen dabei sein. Klima- und Umwelttätigkeiten sind von der Dienstpflicht allerdings im bayerischen Modell ausgeschlossen. Harter Tobak für die 17-jährige Yasmin. „Nein, also so kann ich das selber nicht vertreten. Dienstpflicht ist generell keine schlechte Sache. Es sollte nur eine Möglichkeit für drei bis sechs Monate nach der Schule sein, in das Berufsleben mal reinzuschnuppern, das fände ich gut, aber auf keinen Fall für zwölf Monate, das ist zu lang.“
Der 16-jährige Bela vom Leibniz-Gymnasium hat schon eine konkrete Ahnung, was eine Dienstpflicht bedeuten kann. Er hat gerade Infomaterial über Ausbildungsperspektiven bei der Bundeswehr erhalten. „Also wenn ich müsste, dann würde ich eher zum Technischen Hilfswerk gehen, oder gleich Zivildienst machen. Wobei ich die jetzige Variante auch nicht verkehrt finde. Man bekommt einen Brief, wird auf die Möglichkeiten eines freiwilligen Dienstes bei der Bundeswehr oder im Zivilbereich hingewiesen und jeder kann selber entscheiden.“ Doch diese Variante ist in dem Planspiel im Bundesrat für die Schüler nicht vorgesehen.
Bei der Abstimmung wird dann entschieden: Die Allgemeine Dienstpflicht soll für neun Monate kommen, Tätigkeiten im Bereich Umwelt und Klimaschutz sind dabei und der Dienst bei der Bundeswehr ist freiwillig – im Planspiel. Aber vielleicht schon in wenigen Monaten könnte das in der Länderkammer ernsthaft diskutiert werden. Auffällig: Ein Großteil der Teilnehmer findet die Dienstpflicht nicht verkehrt, allerdings fand sich unter den gut 80 Schülern keiner, der sich begeistert für die Bundeswehr entscheiden würde.