Will wirklich niemand Elektroautos kaufen? Schaut man in die Zulassungsstatistik, zeigen sich große Unterschiede bei den Marken – und so manche Überraschungen.

Der Markt für Elektroautos bewegt sich wieder. Während 2024 deutlich weniger Stromer verkauft wurden als im Jahr zuvor, zeichnet sich aktuell eine Belebung ab. Das alles vor dem Hintergrund eines unsicheren weltpolitischen Umfeldes: Schutzzölle, chinesische Konkurrenz, Elon-Musk-Effekt. Sind E-Autos nun also Ladenhüter? Oder zieht das Geschäft doch wieder an? Ein genauer Blick in die Statistik des Kraftfahrtbundesamtes zeigt: Es gibt große Unterschiede zwischen einzelnen Herstellern – und einige Überraschungen. Während es so mancher internationale Traditionskonzern nicht einmal auf die Top-20-Liste schafft, schneiden die oft gescholtenen deutschen Modelle erstaunlich gut ab.
Auf Platz eins landet das Tesla Model Y mit 29.896 verkauften Exemplaren. Dahinter kommen der Skoda Enyaq (25.262 Verkäufe) sowie die VW-Modelle ID.4 und ID.5, die in der Statistik gemeinsam geführt werden (21.611 Verkäufe). Ebenfalls in den Top Ten landen VW ID.3, Cupra Born, VW ID.7, Audi Q4 e-tron, BMW iX1, MG4 sowie der Mercedes EQA.

Der viertgrößte Autokonzern der Welt, Stellantis, taucht in der Statistik nur einmal auf: Der Kleinwagen Fiat 500 landet auf dem 18. Platz. Ansonsten verkaufen sich die Elektroautos des Großunternehmens, zu dem unter anderem die Marken Opel, Peugeot, Citroën, Jeep und Chrysler gehören, ausgesprochen schlecht. Der weltgrößte Autohersteller Toyota taucht in den Top 20 gar nicht erst auf. Das ist allerdings keine Überraschung, denn Toyota bietet nur zwei Elektroautos an: den Transporter Proace und den SUV bZ4x.
Auf den ersten Blick verwundern die schlechten Verkaufszahlen, da der langjährige und kürzlich zurückgetretene Stellantis-Chef Carlos Tavares den Hochlauf der Elektromobilität vorangetrieben hat. Doch Tavares galt auch als rigider Sparfuchs. Das führte zu ausbleibenden Innovationen und mangelnder Qualität bei gleichzeitig hohen Preisen. Eine Umfrage der Marktforschungsfirma Uscale unter E-Auto-Nutzenden bestätigt diese Annahme: So würden nur acht Prozent ihren Opel-Stromer weiterempfehlen; bei Peugeot sind es elf Prozent. Zum Vergleich: Tesla kommt auf eine Weiterempfehlungsquote von 69 Prozent, gefolgt von Porsche (62 Prozent) und Genesis (63 Prozent).
Mehrheit der Neuen sind Geschäftswagen

Und welche Rolle spielen chinesische Hersteller? Aus Sorge, chinesische Hersteller könnten den europäischen Markt mit Billigangeboten überrumpeln, erhebt die EU neuerdings Zölle. Schaut man in die Statistik, hat sich diese Befürchtung zumindest für Deutschland jedoch nicht bewahrheitet. Denn dort spielen chinesische Modelle bisher kaum eine Rolle. In die Top Ten schafft es nur ein einziger chinesischer Stromer, der Kompaktwagen MG4. Weiter hinten landen der Volvo EX30 (Platz 13) und der Smart #1 (Platz 19). Dabei handelt es sich ausschließlich um Marken, die wegen ihres Namens und ihrer Geschichte den hiesigen Käuferinnen und Käufer vertraut sind. Rein chinesische Firmen wie BYD oder Great Wall Motors kommen in den Top 20 überhaupt nicht vor – obwohl sie durchaus konkurrenzfähige Modelle anbieten.

Die Frage ist auch, warum sich elektrische Klein- und Kompaktwagen so schlecht verkaufen. Am mangelnden Angebot allein kann es nicht liegen, denn inzwischen hat sich die Auswahl an kompakten E-Autos deutlich vergrößert. Neben dem allgemeinen Trend zum SUV gibt es aber noch einen weiteren Grund: Die Mehrheit der Neuwagen in Deutschland – egal ob Verbrenner oder E-Auto– sind Geschäftswagen. So auch 2024: In 67,5 Prozent aller Fälle handelte es sich laut Kraftfahrtbundesamt um gewerbliche Zulassungen. Gerade im beruflichen Kontext gelten Autos oft noch als Statussymbole. Neben dem Prestige spielt aber auch die Praktikabilität eine Rolle: Lange Strecken möchte man am liebsten in einem komfortablen E-Auto zurücklegen, das schnell lädt und einen großen Akku bietet. Die drei Spitzenreiter der Zulassungszahlen (Tesla Model Y, Skoda Enyaq, VW ID.4 und ID.5) erfüllen diese Kriterien.
Deutsche gelten als sehr markentreu

Im Vergleich zu anderen Ländern zeigen sich die Deutschen zudem ausgesprochen markentreu. Dies spiegelt eine aktuelle Studie der Beraterfirma Deloitte wider, bei der 27.000 Personen in 26 Ländern befragt wurden. Unter den befragten Deutschen gaben 41 Prozent an, beim nächsten Autokauf die Marke wechseln zu wollen. In fast allen anderen Ländern – mit Ausnahme von Japan– lag die Markentreue niedriger als in Deutschland. Dies könnte erklären, warum sich chinesische Hersteller auf dem hiesigen Markt bislang schwertun. Im Nachbarland Österreich etwa landet der BYD Seal auf Platz neun, während der Hersteller in der deutschen Verkaufsstatistik nahezu gar keine Rolle spielt.

Aus Verbrauchersicht dürfte 2025 ein gutes Jahr werden. In Fachkreisen fallen Begriffe wie „Rabattschlacht“ oder „Preiskampf“, wenn es um den Verkauf von Elektroautos geht. „Es sind gute Konditionen beim Neuwagenkauf zu erwarten“, prognostiziert beispielsweise Marktanalyst Ferdinand Dudenhöffer vom „Center Automotive Research“. Wegen der geringen Nachfrage würden Hersteller wahrscheinlich ab dem Sommer mit starken Rabatten locken, vermutet Dudenhöffer. Auch neue staatliche Subventionen seien denkbar.

Tesla-Chef Elon Musk war schon immer eine umstrittene Figur. Seit er in den USA zum engsten Berater des neuen US-Präsidenten Donald Trump aufgestiegen ist und sich auch in die europäische Politik einmischt – Musk unterstützt die rechtsextreme AfD –, haben sich selbst treue Fans von ihm abgewandt. Oder doch nicht? In der Verkaufsstatistik war der „Musk-Effekt“ zumindest 2024 kaum spürbar. Obwohl die Verkäufe zurückgingen, schaffte es Tesla nach wie vor auf Platz eins (siehe oben). Im Januar 2025 hingegen musste Tesla in Deutschland einen massiven Rückgang hinnehmen: Während der E-Auto-Markt insgesamt um über 50 Prozent wuchs, verkaufte Tesla 60 Prozent weniger Autos. Auch die verschärften EU-Grenzwerte für CO2 spielen dem Konzern in die Hände. Um Strafen abzuwenden, tun sich andere Hersteller mit Tesla zusammen. So senken sie auf dem Papier ihre Emissionen. Mit diesen Verschmutzungsrechten hat Tesla laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ allein im vergangenen Jahr 2,8 Milliarden Dollar verdient.

Zulassungszahlen ziehen deutlich an
Wie also entwickeln sich die Verkaufszahlen von E-Autos weiter? Das Jahr 2024 war fraglos kein Knaller in puncto Elektromobilität. Im Vergleich zum Vorjahr wurden 27,4 Prozent weniger Stromer verkauft. 2025 könnte es hingegen wieder bergauf gehen. Im Januar lagen die Zulassungszahlen um mehr als 50 Prozent höher als im Vorjahresmonat. „Die steigenden E-Auto-Zulassungen zeigen: Die europäischen Grenzwerte wirken“, schlussfolgert Marion Tiemann, Mobilitätsexpertin bei der Umweltorganisation Greenpeace. Auch für den kriselnden Autobauer VW gibt es Hoffnung: Auf den ersten fünf Plätzen in der Januar-Verkaufsstatistik landeten allesamt E-Autos aus dem Wolfsburger Konzern.