Drei Fragen
„Die Wehrpflicht ist keine gute Idee“
Die Bundeswehr könne eine große Anzahl von jungen Neuzugängen gegenwärtig überhaupt nicht verkraften, kritisiert die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD).
Frau Högl, Sie als Wehrbeauftrage müssten doch von der Wiedereinsetzung der Wehrpflicht, in Anbetracht des Personalmangels, begeistert sein, oder?
Nein, ich halte es für überhaupt keine gute Idee, die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht wiedereinzusetzen. Das würde die Truppe überfordern. Die Bundeswehr hat gegenwärtig überhaupt nicht die nötige Logistik, um die jungen Männer aufzufangen. Unsere Armee hat dafür nicht genügend Stuben, weil es einfach auch die Kasernen nicht mehr gibt, nicht genügend Ausrüstung, und was das Wichtigste ist, nicht genügend Ausbilderinnen und Ausbilder. Das würde uns bei der Verteidigungsfähigkeit eher behindern, als helfen.
Was schlagen Sie anstatt dessen vor? Denn die Bundeswehr braucht ja nicht nur neues Material, sondern auch Personal, das es bedient.
Deswegen hat sich Boris Pistorius Gedanken gemacht, und das hat die noch amtierende Regierung auch schon beschlossen. Einfach etwas kleiner, aber realistischer anfangen. Nämlich erst mal mit der Erfassung, mit den berühmten Fragebögen, die ausgefüllt werden müssen. Dann wissen wir, was an Nachwuchs infrage kommt. Und diese Erfassung soll auch für Frauen auf Freiwilligenbasis gelten, dann könnten wir in einer Größenordnung von 5.000 jungen Rekruten beginnen. Denn das ist eine Größenordnung, bei der gewährleistet ist, dass die jungen Leute eine vernünftige Ausbildung bekommen und dass es ein gutes Jahr für sie wird. Das ist die Grundlage für den Erfolg.
Warum nehmen Sie explizit auch Frauen bei der Nachwuchsgewinnung bei der Bundeswehr in den Fokus?
Wir können doch nicht nur junge Männer in den Blick nehmen, sehen Sie sich das bei anderen Armeen an. Das sage ich jetzt nicht als Frau, die davon nicht mehr betroffen ist. Ich unterhalte mich viel mit jungen Soldatinnen, aber auch mit Schülerinnen: Alle sagen, im Jahr 2025 brauchen wir Gleichberechtigung, Frauen und Männer müssen gleichermaßen einbezogen werden. Darum werbe ich sehr dafür, dass wir das im Rahmen eines Gesellschaftsjahres machen, bei dem nicht nur die Bundeswehr zur Wahl steht, sondern auch andere Bereiche wie Soziales, Rettungswesen, Klimaschutz, oder auch Denkmalpflege. Interview: Sven Bargel

ZF in den roten Zahlen
Der Autozulieferer ZF hat 2024 tiefrote Zahlen geschrieben. Der Verlust betrug knapp über eine Milliarde Euro, wie das Unternehmen in Friedrichshafen am Bodensee mitteilte. Vor allem hohe Rückstellungen für Umbaukosten in Höhe von rund 600 Millionen Euro hätten zu dem Nettoergebnis geführt. 2023 hatte der Konzern unter dem Strich noch einen Gewinn von 126 Millionen Euro gemacht. Neben dem schleppenden Geschäft und einem enormen Investitionsdruck belasten auch hohe Schulden in Höhe von mehr als zehn Milliarden Euro den Konzern. Entlastungen erhofft sich der Konzern, indem er Investoren bei einzelnen Divisionen an Bord holt. Aktuell werde die Antriebssparte, das Herz von ZF mit mehr als 30.000 Mitarbeitern, mit einer Abspaltung auf eine mögliche Partnerschaft vorbereitet. Einen Verkauf schließt der Konzern weiterhin aus, dieses Mal aber mit dem Beiwort „zunächst“. In den kommenden Jahren will ZF bis zu 14.000 Stellen in Deutschland abbauen. Zum 31. Dezember 2024 beschäftigte der Konzern laut Mitteilung weltweit 161.631 Menschen.
Netze verpflichtend ausbauen
Deutschlands Handynetze müssen nach dem Willen der Bundesnetzagentur besser werden. Die Behörde plant dafür sogenannte Ausbaupflichten. Dem Vorschlag zufolge muss Anfang 2030 auf 99,5 Prozent der Fläche Deutschlands eine Download-Geschwindigkeit von mindestens 50 Megabit pro Sekunde möglich sein. In Städten ist so ein Wert längst erreicht, in vielen Gegenden auf dem Land aber nicht. Wer unterwegs ist, soll gute Verbindungen haben: 2029 müssen alle Landes- und Staatsstraßen mit 50 Mbit versorgt sein und 2030 alle Kreisstraßen. Auch an allen Bundesstraßen muss jeder Netzbetreiber ab 2029 mindestens 100 Megabit erreichen.
Nach der Diskussion mit dem Politiker-Beirat dürfte es laut Agenturen nicht mehr lange dauern, bis die Netzagentur die Auflagen beschließt. Ein weiterer wichtiger Punkt: der Verzicht auf die bislang übliche Frequenzauktion, die bislang letzte brachte dem Bund 2019 rund 6,6 Milliarden ein. Nun sollen Nutzungsrechte für Frequenzen um fünf Jahre verlängert werden, wofür die Netzbetreiber nur Gebühren zahlen müssen. Dadurch werden sie finanziell entlastet.
Gewerkschaft kritisiert E-Polizeifahrzeuge
Baden-Württemberg hat Probleme mit seinen elektrischen Polizeifahrzeugen. Laut Deutscher Polizeigewerkschaft (DPolG) funktionieren diese bei Einsätzen nicht immer reibungslos. Wegen leerer Akkus habe man zum Beispiel Einsätze abbbrechen müssen, so die Gewerkschaft. Eingeführt wurde das Projekt im Juli 2024 von der grün-schwarzen Landesregierung. 150 reine Elektro- und 113 Hybrid-Fahrzeuge wurden angeschafft. Der Bundesvorsitzende der DPolG, Rainer Wendt, nennt das „völlig absurd“, wenn die Polizei nicht zum Einsatz kommt, weil Streifenwagen „bei Aldi an der Ladesäule“ aufladen müssten. Es brauche erst eine Ladeinfrastruktur und Solarpanele auf den Dienstgebäuden, so Wendt bei der „Welt“.
Schlichtung ist noch möglich

Trotz drei Verhandlungsrunden konnten sich Beamtenbund, Ver.di und die Arbeitgeber nicht einigen. Am Schluss ging es um drei zusätzliche freie Tage im Jahr. Betroffen sind zweieinhalb Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Mehrere Warnstreiks im Nahverkehr, in Bürgerämtern oder Müllabfuhr konnten die Arbeitgeber bei den Verhandlungen nicht erweichen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verwies auf die mehr als angespannte Finanzlage der Kommunen. Nun soll bis Anfang April ein Schlichterspruch erarbeitet werden. Für die Arbeitgeber wurde der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU), für die Arbeitnehmerseite der frühere Bremer Finanzstaatsrat Hans-Henning Lühr benannt. Doch die Arbeitnehmer bereiten sich offenbar auf ein Scheitern der Schlichtung vor und haben einen Streikplan für eine mehrwöchige Arbeitsniederlegung erarbeitet. Diese könnten dann noch vor Ostern Verkehrsbetriebe, Krankenhäuser oder Verwaltungen lahmlegen.

FDP
Gute Chancen auf Vorsitz
Der große Verlierer der Bundestagswahl im Februar hat offensichtlich seine Führungsfrage geklärt. Der bisherige Fraktionschef der Liberalen im Bundestag, Christian Dürr, will neuer FDP-Vorsitzender werden. Seine Chancen stehen mehr als gut, alle großen Landesverbände stehen hinter ihm. Das sagt nicht nur Christian Dürr, sondern wurde aus der Partei auch bestätigt. Dürr galt bislang als enger Vertrauter des bald Ex-Vorsitzenden Christian Lindner. Doch bereits einen Tag nach der Ankündigung seiner Kandidatur auf dem Bundesparteitag Ende Mai in Berlin distanzierte sich Dürr von Lindner. Zukünftig sollen weniger Steuersenkungen und wirtschaftsfreundliche Botschaften, sondern mehr bürgerrechtliche Belange und Digitalisierung im Mittelpunkt stehen. Im zukünftigen FDP-Präsidium sollen auf jeden Fall die EU-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann und das FDP-Urgestein aus Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, sitzen. So soll die erfahrene Generation die Neuausrichtung der Liberalen unterstützen.
Logistikzentrum eröffnet
DB Schenker hat in Neunkirchen sein neues Logistikzentrum eröffnet. Auf 70.000 Quadratmetern soll damit das Transport- und Verladenetzwerk des Logistikkonzerns erweitert werden, vor allem in Richtung Frankreich, Spanien und Portugal, wie es hieß. Hauptumschlagsgüter sollen vor allem Autoteile und Wein sein. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Cross-Dock-Terminal, das vorkommissionierte Lieferungen möglichst ohne Lagerzeiten weiterleiten soll. Täglich sollen bis zu 1.000 Lkw abgefertigt werden. Der erste Spatenstich erfolgte 2023, insgesamt kostete der Bau 50 Millionen Euro. Das Zentrum bietet nun 300 Menschen Arbeit, 250 von ihnen sollen vom Saarbrücker Schenker-Zentrum nach Neunkirchen wechseln. DB Schenker ist ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn, wurde aber im vergangenen Herbst für 14 Milliarden Euro verkauft: Den Zuschlag erhielt der dänische Logistikkonzern DSV, der damit zu einem der weltweit größten Player in der Branche aufsteigt.
Handyverbot an Grundschulen
Private Handys und Smartphones sollen künftig an saarländischen Grundschulen nichts mehr verloren haben. Zumindest nicht Unterricht. Das hat Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot in einem Rundschreiben an die Schulen klargestellt. In der Praxis wird ein solches Verbot bereits weitgehend umgesetzt. Was bislang in der Regel über die Schulordnungen festgelegt war, soll nun landesweit gelten. Aus Sicht der CDU hat die Landesregierung damit eine Kehrtwende vollzogen. Noch im Februar sei ein entsprechender Antrag der CDU abgelehnt worden. SPD-Fraktionschef Ulrich Commerçon wies den Vorwurf zurück, weil nämlich im Februar im Landtag ein SPD-Antrag beschlossen wurde, der die Nutzung privater Handys im Unterricht an Grundschulen untersagt und eine landesweit einheitliche Regelung forderte, um Schulen Rechtssicherheit zu geben. Allerdings wollte man „kein striktes und totales Verbot“ an Schulen.
Neue Aufgaben für Josephine Ortleb
Es war ein Vorschlag von oberster Stelle: SPD-Parteichef Lars Klingbeil hat Josephine Ortleb als Bundestags-Vizepräsidentin vorgeschlagen. Für die 38-jährige Saarbrücker SPD-Politikerin ein weiterer Karriereschritt, verbunden mit einigen Herausforderungen. Neben Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) wird Ortleb künftig auch Bundestagssitzungen leiten und auf Einhaltung parlamentarischer Spielregeln achten. Der Umgangston war schon in der letzten Legislaturperiode deutlich ruppiger geworden, was die Vielzahl von Ordnungsrufen zeigt. Die AfD als nunmehr stärkste Oppositionskraft hat bereits angedeutet, wie sie diese Rolle nutzen will. Ortleb hat sich seit 2017 im Bundestag als Parlamentarierin ein anerkanntes Standing erworben.
ZF in den roten Zahlen

Der Autozulieferer ZF hat 2024 tiefrote Zahlen geschrieben. Der Verlust betrug knapp über eine Milliarde Euro, wie das Unternehmen in Friedrichshafen am Bodensee mitteilte. Vor allem hohe Rückstellungen für Umbaukosten in Höhe von rund 600 Millionen Euro hätten zu dem Nettoergebnis geführt. 2023 hatte der Konzern unter dem Strich noch einen Gewinn von 126 Millionen Euro gemacht. Neben dem schleppenden Geschäft und einem enormen Investitionsdruck belasten auch hohe Schulden in Höhe von mehr als zehn Milliarden Euro den Konzern. Entlastungen erhofft sich der Konzern, indem er Investoren bei einzelnen Divisionen an Bord holt. Aktuell werde die Antriebssparte, das Herz von ZF mit mehr als 30.000 Mitarbeitern, mit einer Abspaltung auf eine mögliche Partnerschaft vorbereitet. Einen Verkauf schließt der Konzern weiterhin aus, dieses Mal aber mit dem Beiwort „zunächst“. Antriebe werden auch im Werk Saarbrücken hergestellt. Auch sollen weiterhin Jobs wegfallen, in Saarbrücken sollen es 1.800 bis Ende des Jahres sein.

Gesundheit
Kaum Vorschläge
Ein Positionspapier der Leistungserbringer im Gesundheitswesen wie Deutsche Apothekenverbände, Krankenhausgesellschaft oder die Kassenärztliche Bundesvereinigung sorgt für Ärger mit den gesetzlichen Versicherungsträgern (GKV). Die Verbände fordern in ihrem Papier ein „starkes, resilientes Gesundheitssystem“. Das, worüber alle Beteiligten im Gesundheitsbereich seit Jahren diskutieren. Doch wie das aussehen könnte, dazu gibt es wenig Greifbares in dem Positionspapier, so die Chefin des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann: „Das Papier der Verbände bewegt sich auf einer derart hohen Abstraktionsebene, dass es vor allem viele Fragen offenlässt. Die Forderung, dass die Finanzierung des Gesundheitssystems stabil, gerecht und planbar sein müsse, ohne Versicherte zu überfordern, fordern auch wir“. Nur wird von den Verbänden kein konkreter Vorschlag gemacht, kritisiert Reimann. „Angesichts der desolaten Finanzlage der GKV brauchen wir schnelle Maßnahmen, hier müssen alle ihren Beitrag leisten, auch Ärztinnen und Ärzte, Apotheken und Krankenhäuser“, fordert die AOK-Chefin.
Gegenzölle ab dritter Aprilwoche

Ab der dritten Aprilwoche will die EU-Kommission US-Produkte mit Gegenzöllen belegen. Bis dahin soll es noch Raum für Verhandlungen geben, so die Kommission. Dann erst könnten zum Beispiel Motorräder „made in USA“ um bis zu 25 Prozent teurer werden. Dies gilt auch für die beliebten Jeanshosen. Wurden diese in den USA hergestellt, wird der angekündigte Zoll durch die EU fällig. Doch die Verbraucher in Deutschland können wohl vorläufig aufatmen, die Jeanspreise werden bis zu Herbstbeginn in den Boutiquen stabil bleiben. Erstens sei die Frühjahrs- und Sommerware längst eingekauft, zweitens werden 90 Prozent des US-Bekleidungsklassikers gar nicht in den USA hergestellt, so die zuständige EU-Kommission. US-Hersteller lassen zum größten Teil in Bangladesch produzieren. Doch damit gelten die Hosen, zumindest zollrechtlich, nicht als US-Ware. Damit könnten die Preise vorerst so bleiben, wie sie sind. Anders verhält sich dies zum Beispiel bei US-Whisky. Wurde dieser in den Vereinigten Staaten destilliert, dann werden die neuen Zölle fällig.
Wiegand will's wissen
Blickpunkt Europa
Wer hätte das gedacht: Fünf Jahre nach dem Brexit ist Großbritannien wieder ein wichtiger Player in Europa. Premierminister Keir Starmer profiliert sich als Krisenmanager. Ob im Konflikt USA gegen Europa oder im Umgang mit Russland – der Sozialdemokrat aus der Downing Street 10 steht an vorderster Front.
Dabei ist Starmer wie sein bisheriger Kollege Olaf Scholz eher zurückhaltend. Als Ex-Chefankläger der Krone schien er ein blasser Jurist zu sein. Doch als Starmer voriges Jahr bei den Wahlen fulminant die Konservativen wegfegte, wählte der untersetzte Mann mit Kassenbrille große Worte. Seine Devise: mehr Zusammenarbeit mit der EU, eine aktivere Rolle auf der Weltbühne.
Starmer kam eine europäische Machtlücke zugute. Frankreichs Präsident Macron präsentiert gern große Visionen – doch die Minderheitsregierung von Paris ist im zersplitterten Parlament gelähmt. Auch Deutschland als stärkste EU-Nation war durch das Ampelgehampel und die rotgrüne Restkoalition zahnlos. Nun geht der Blick Europas nach London.
Der Briten-Premier ist genau die Person, die Europa in und um die EU herum in dieser riskanten Zeit braucht. Großbritannien hat als ein zentraler geopolitischer Akteur die Rolle des Vermittlers zwischen Brüssel, Washington und Moskau übernommen. Dass das Vereinte Königreich auch eine Atommacht ist, hilft Starmer. Eines ist klar: Die Briten wollten mit dem Brexit mehr Unabhängigkeit – jetzt nutzen sie diese in einer Schlüsselposition. Auch Deutschland muss einscheren, um Europas Schockstarre in positive Energie umzuwandeln. Hoffentlich sucht Friedrich Merz den Schulterschluss mit Starmer.
Wolf Achim Wiegand ist freier Journalist mit EU-Spezialisierung.