Der Butler im smarten Telefon soll noch schlauer als die alte Alexa sein
Eigentlich ist der „Butler“ aus dem Hause Telekom ein Chefinnensekretär. Denn dieser unsichtbare, gute Geist setzt klaglos sehr viele Talente ein, um seiner Chefin lästige Aufgaben abzunehmen. Beispielsweise fasst er lange Texte zusammen oder übersetzt im Handy-Umdrehen.
Das erste eigene KI-Phone des Magenta-Konzerns, nennen wir es der Einfachheit halber hier „Kai“, soll ab Juli auf den Markt kommen. Anders als simple, klassische Smartphones mit ein wenig Köpfchen, agiert es ohne Apps. Das heißt, das Künstliche-Intelligenz-Phone handelt einfach auf Ansage oder reagiert auf zwei kleine Fingertipps. Ein wenig retro, so wie einst das freundliche Fräulein vom Amt. Und weiter als App-Icons auf Endgeräten, die nur für spezifische Aufgaben antippbar sind.
Das lässt uns fassungslos zurück. Oder perplex. Passenderweise steckt „Perplexity“ hinter den Fähigkeiten des virtuellen „Butlers“. Ein KI-Start-up, das gefühlt fast täglich Neues aus der Welt der Sprachmodelle serviert. Eine Such- und Antwortmaschine, die ein Rundum-Werkzeug werden will. Auch im KI-Phone.
Wenn Sie zu einem Termin brausen wollen, ist künftig „Kai“ zuständig: Der ruft Ihnen ein Taxi und reserviert einen Tisch fürs Arbeitsessen. Unterwegs sprechen Sie ein paar Aufgaben ins KI-Smartphone. Kai kümmert sich daraufhin um die Einkäufe und die Mails an die Klassenleiterin des Kindes, oder er akquiriert mit elektronischer Post weitere Kunden. Sofern er das so, wie Sie wollen, erledigt. Bei KI weiß man nicht so recht, ob das rauskommt, was die Bossin erledigt haben will.
Spätestens, wenn die Lehrerin nachfragt, warum sie Ihnen drei Köpfe Kohl und vier Rollen Klopapier liefern soll, erkennen Sie, dass etwas schiefgegangen ist. Und wenn sich Ihr potenzieller Kunde wundert, warum Sie als Referenz eine Vorgangsbeschreibung zum Bau eines Papierfliegers angehängt haben. Der Supermarkt an der Ecke lässt indes mitteilen, dass Ihr Angebot nicht zu ihnen passe, allerdings aktuell Regal-Einräumer gesucht würden.
Egal. „Klär das mal“, sollte als Ansage an solch einen immer „intelligenter“ werdenden KI-Assistenten genügen. Der Akku dürfte durchhalten. Denn die Künstliche Intelligenz soll helfen, Energie effizienter zu nutzen. Die persönliche Note sollte passen – hoffentlich nicht nur bei der Musik, die das KI-Phone abspielt. Schließlich werden wir auf dem Smartphone kaum Zeit ohne unseren Maschinenintelligenz-Begleiter verbringen. So kennen uns die Algorithmen und Verknüpfungen besser und besser. Wie ein erfahrener Butler oder Sekretär eben.
Kai soll zusätzlich Anwendungen von Google Cloud AI, ElevenLabs und Picsart einsetzen. Auf deren Vernunft wir hoffen wollen: Wie Perplexity haben sie alle ihre Wurzeln in den USA. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wie wir dieser Tage perplex erleben.
„Durch KI werden Smartphones erst richtig smart“, sagt Bitkom-Vizepräsident Markus Haas. Fast drei Viertel der privaten Smartphone-Nutzer verwenden bereits mindestens eine KI-Funktion auf ihrem Telefon. Wer sich hübsch oder fantasievoll in den sozialen Medien präsentieren will, freut sich über KI-Funktionen wie einen magischen Radierer, der Unerwünschte(s) aus dem Bild entfernt.
Auf die Apps würde allerdings mehr als die Hälfte der Menschen, die jüngst vom Digitalverband Bitkom befragt wurden, gerne verzichten. Und stattdessen ein KI-Smartphone rein über die Sprache steuern.
Übrigens: Wer die Dienste des KI-Butlers auf einem beliebigen, einfachen Smartphone anstelle eines Hightech-KI-Phones nutzen will, benötigt dann doch eine App. Denn der ehemalige Staatskonzern Telekom will mithilfe von „Magenta AI“ nach eigenem Bekunden „den Zugang zu den besten generativen KI-Technologien demokratisieren“. Diese Abwendung von absoluter Hightech-Hingabe könnte glatt als Gegenbewegung zu dem verstanden werden, was dieser Tage in Richtung Autokratisierung in den USA vor sich geht.