USA-Reisende aus Deutschland haben bei der Reiseplanung North Carolina nicht unbedingt auf dem Schirm, dabei hat der Ostküstenstaat einiges zu bieten: Traumstrände, vielfältige Städte mit spannenden Museen und paradiesischen Gärten.

Der „Major the Bull“ nicht gesehen hat, war nicht in Durham, heißt es. Der monumentale Bronzebulle auf der CCB Plaza im Stadtzentrum wurde nach dem Bankier und Philanthropen George „Major“ Watts Hill (1901–1993) benannt. Warum dem einstigen Präsidenten der seit 2005 nicht mehr existierenden Central Carolina Bank (CCB) ausgerechnet eine Bullenstatue gewidmet wurde, hat seinen Grund. Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts wurde ein Bulle zum Symbol für Durham und bescherte der Stadt den Spitznamen „Bull City“. Der ikonische Bulle von damals prangt 500 Meter weiter südwestlich unübersehbar von einem Billboard auf dem Dach des „Old Bull Building“. Er war das Logo von „Bull Durham Smoking Tobacco“, einer Tabakmarke der 1874 gegründeten Tabakfabrik W. T. Blackwell & Co. Tabakmagnat James B. Duke, der Gründer von American Tobacco, erwarb die Firma 1904 und machte Durham mit losem Tabak und den Zigarettenmarken Lucky Strike und Pall Mall zur Tabakhauptstadt der Welt.
Theater in alter Tabakfabrik

Das Unternehmen schloss seinen Standort in Durham 1987, beide Marken werden heute von British American Tobacco in Großbritannien hergestellt. Aus dem Tabakfabrikkomplex wurde der „American Tobacco Historic District“ mit Gebäuden und Strukturen, die von der American Tobacco Company sowie ihren Vorgängern und Nachfolgern von 1874 bis in die 1950er-Jahre errichtet wurden. In den Gebäuden auf dem monumentalen Gelände befinden sich heute Wohnungen, ein Theater, ein Veranstaltungsort und ein Radiosender.
Neben ihrer Vergangenheit als Tabakmetropole ist die Stadt für ihre zahlreichen Start-up-Gründungen bekannt und dafür, dass sie landesweit eine der Städte mit dem höchsten Prozentsatz von Unternehmensgründungen durch Frauen ist. Eine der Gründerinnen ist Tina Williford, die sich in Schottland zur Brennmeisterin (master distiller) ausbilden ließ und 2020 in ihrer Heimatstadt „Liberty & Plenty“ eröffnete, Brennerei und Cocktail-Bar in einem. Logisch, dass sie ihren Whiskeys den Namen „Bronze Bull Spirits“ gab. Neben Bourbons brennt sie Gin, Rum und Wodka.
Zehn Autominuten nordwestlich des Zentrums liegen auf dem Gelände der Duke University die Sarah P. Duke Gardens – ein 22 Hektar großes botanisches Wunderland mit mehr als 2.500 farbenfrohen Pflanzenarten, hohen Bäumen, Bächen, Teichen und einem asiatischen Arboretum. Eine Ruheoase, in der man sich verlieren kann.
Zusammen mit Raleigh bilden die beiden Universitätsstädte Durham und Chapel Hill, 20 Kilometer südwestlich von Durham, das geografische Dreieck „Research Triangle“ (Forschungsdreieck). Zwischen den drei Städten liegt der Research Triangle Park, der größte Wissenschaftspark der USA, der sich über knapp 2.900 Hektar erstreckt und mehr als 370 Technologieunternehmen und Forschungseinrichtungen beherbergt.
Ein Museum der Weltklasse in Raleigh

Die Metropole Raleigh trägt den Beinamen „Smithsonian of the South“ – diesen verdankt sie dem „North Carolina Museum of Natural Sciences“, das sechs Einrichtungen umfasst, die sich auf fünf Standorte verteilen. Das monumentale Hauptgebäude in der West Jones Street zeigt auf vier Etagen spannende Ausstellungen, darunter die Naturwunder North Carolinas, Prähistorisches wie das weltweit einzige vollständige Acrocanthosaurus-Skelett und ein 1,5 Millionen Jahre altes Faultier, aber auch ein außergewöhnliches Blauwalskelett aus nicht allzu ferner Zeit.
Eines der vielen Highlights ist das Naturforschungszentrum, wo man Wissenschaftlern durch Glasscheiben in Labors bei der Arbeit zuschauen kann und im „Natural World Lab“ sogar selbst Experimente durchführen und Hypothesen testen darf. Hingucker ist der drei Stockwerke hohe Globus vor dem Gebäude – nach dem Unisphere in New York der zweitgrößte der Welt.
Ein weiteres Museum von Weltklasse, das man in Raleigh nicht unbedingt vermuten würde, ist das „North Carolina Museum of Art“ mit 70 Skulpturen des französischen Bildhauers Auguste Rodin sowie zahlreichen Werken bekannter Impressionisten und Expressionisten, aber auch zeitgenössischen Gemälden von Gerhard Richter und Anselm Kiefer. Raleigh schaffte es sogar ins Guinness-Buch der Rekorde – allerdings nicht mit einem Museum, sondern mit dem Raleigh Beer Garden in der Glenwood Avenue, der über 400 Zapfhähne verfügt und deshalb als größter Biergarten der Welt gilt.

Die Stadt ist Heimatort des heute in England lebenden humoristischen Autors David Sedaris, der 2017 mit „Theft by Finding: Diaries“ (deutscher Titel: „Wer’s findet, dem gehört’s – Meine Tagebücher und ich“) einen internationalen Bestseller schrieb.
Zwei Autostunden südöstlich von Raleigh liegt Wilmington am Cape Fear River. Seit der italienische Produzent Dino De Laurentiis 1984 ein Film- und Produktionsbüro für die Stephen-King-Verfilmung „Firestarter“ (deutscher Kinotitel „Der Feuerteufel“) in der North 23rd Street eröffnete und in den beiden folgenden Jahren 15 weitere Filme gedreht wurden, hat Wilmington die Beinamen „Hollywood East“ und „Wilmywood“ weg. Bis heute ist die Stadt Schauplatz von über 400 Film- und Fernsehproduktionen, darunter „Blue Velvet“, „Dawson’s Creek“, „Sleepy Hollow“, die Nicholas-Sparks-Verfilmung „A Walk to Remember“ und seit 2021 die Erfolgsserie „The Summer I turned Pretty“.
Traumhafter Badeort in Carolina Beach
Zu allen Filmschauplätzen werden „self-guided tours“ angeboten, zweimal wöchentlich auch geführte Touren (www.wilmingtonandbeaches.com). Der historische Distrikt der 1739 gegründeten Stadt ist geprägt von prächtigen Häusern im Antebellum-Stil, dem klassizistischen Baustil der Südstaaten im 19. Jahrhundert – zahlreiche Häuser dienten in Filmen als Kulisse für New York City, Washington, D.C. und Bukarest. Einen hervorragenden Blick auf die prachtvollen Bauten erhascht man bei einer Pferdekutschentour. Mit der Kutschfahrt tut man Gutes – das Geld für das Ticket geht an die Farm, auf der die Tiere leben. Die Pferde arbeiten eine Woche lang und dürfen danach vier Wochen auf der Farm ausruhen und ihrem ganz normalen Pferdeleben nachgehen, während ihre Kollegen dann die Kutsche ziehen– allerdings nur bei Temperaturen unter 35 Grad. Die Tiere pflügten früher die Äcker der Amish People und waren für den Pferdemetzger vorgesehen, wenn sie ihren Soll nicht mehr erfüllten. Springbrook Farms in Wilmington rettet seit 1987 Pferde vor dem Schlachthof.

Knapp zehn Kilometer östlich von Wilmington liegt das Küstenstädtchen Wrightsville Beach mit weiten Atlantikstränden und türkisblauem Wasser. Der Ort hat nichts mit den Brüdern Wright zu tun, wie der Name vermuten lässt. Diese führten ihre Flugexperimente 1903 zwar in North Carolina durch, allerdings 375 Kilometer weiter südlich in den Dünen von Kitty Hawk.
20 Autominuten südlich von Wilmington befindet sich der Badeort Carolina Beach mit bunten Holzhäusern und -villen im Karibik-Look sowie farbenfrohen Wandgemälden im Zentrum.
Schatten statt praller Sonne am Strand? Den findet man in den Airlie Gardens sechs Kilometer östlich des Stadtzentrums von Wilmington. Der weitläufige, 27 Hektar große Park wurde 1886 als privater Garten für die wohlhabende Familie Pembroke Jones angelegt. Ausführender Landschaftsarchitekt war der aus Deutschland stammende Rudolf Topel, der das Areal in einen üppigen Garten mit Tausenden von Azaleen, Kamelien, Glyzinien, Magnolien und Palmen verwandelte. Ältester Baum im Park ist die majestätische „Airlie Oak“, eine 500 Jahre alte Eiche.
Krönender Abschluss eines Aufenthalts in Wilmington ist der abendliche Spaziergang auf dem Riverwalk, der Promenade am Cape Fear River, bei Sonnenuntergang.