In „Eden“ siedeln sich in den 1930er-Jahren drei Gruppen von Menschen auf den Galápagos-Inseln an. Statt einander zu helfen, kommt es zum Kampf am Gartenzaun.

Endlich mal Ruhe haben vor dem Gemecker anderer Leute oder wenn es wirtschaftlich und politisch in der Heimat drunter und drüber geht, das ist wohl der Traum vieler Menschen. Eine einsame Insel bietet sich da an, so eine wie die Galápagos-Inseln etwa 1.000 Kilometer westlich der Küste Südamerikas. Diese Idee hatten in den 1930er-Jahren einige Aussteiger und Aussteigerinnen. Der spannende Film „Eden“ erzählt, wie diese Möchtegern-Siedler die widerspenstige Natur zu bändigen versuchen. Fast wäre es gelungen, aber bald zeigt sich, dass Gier und Missgunst um den Garten Eden keinen Bogen machen.
In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen sind der deutsche Philosoph Friedrich Ritter und seine Partnerin Dore Strauch auf einer der Galápagos-Inseln sesshaft geworden. Ritter schreibt an einem philosophischen Manifest, Dore möchte ihre Multiple Sklerose (MS) heilen. Nach einiger Zeit landet der Weltkriegsveteran Heinz Wittmer mit seinem Sohn Harry und seiner jungen Frau Margret ebenfalls auf der Insel, die alles andere als ein idyllisches Paradies ist. Stürme, giftige Tiere und unfruchtbare Böden machen den Menschen das Leben schwer. Aber die Wittmers schlagen sich immer besser, auch wenn sie von Friedrich Ritter keine Hilfe bekommen. Eher im Gegenteil: Der Philosoph versucht, den neuen Siedlern das Leben zu vermiesen. Nur vorsichtig scheint ein gemeinsames Leben in der Wildnis möglich, eine Nachbarschaft aus Respekt deutet sich an. Dann betritt Eloise Wehrborn de Wagner-Bosquet die Insel. Die selbsternannte Baronin und ihre zwei Liebhaber wollen ein Luxushotel am Strand errichten – und zwar ohne die schrägen Bewohner. Mit jeder Menge Lügen und Tricks versucht die affektierte Eloise, ihre Nachbarn gegeneinander auszuspielen. Eitelkeiten, Manipulation und menschliche Habgier spitzen das fragile Miteinander zu.

Ein schroffer Garten Eden voller Intrigen
Der Regisseur Ron Howard hat in den 2000er-Jahren erfahren, dass sich einst diese Geschichte tatsächlich zugetragen hat und unter dem Namen „Galápagos-Affäre“ bekannt wurde. Für seinen Film ist der erfolgreiche Filmemacher („Apollo 13“, „A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn“, „The Da Vinci Code – Sakrileg“) mit Cast und Crew an die australische Gold Coast in Queensland gereist. Aufwendige Dreharbeiten sind heutzutage auf den Galápagos-Inseln zum Schutz von Flora und Fauna freilich nicht erlaubt. Aber der Wechsel des Kontinents ist „Eden“ nicht anzusehen. Schroffe Vulkanfelsen, exotische Tiere, wild wuchernde Pflanzen: Alles sieht aus wie die echte Galápagos-Landschaft.

Die streitbaren Aussteiger werden von einem guten Ensemble gespielt. Jude Law ist der etwas verbissene Dr. Ritter, der in der Einöde glaubt, seine Philosophie kann die Menschheit retten. Mit starrem Blick auf seine Schreibmaschine und hinter seinem spießigen Gartenzaun verliert er zunehmend die Realität aus den Augen und erkennt nicht, dass seine Ideale längst zusammengefallen sind. Vanessa Kirby verkörpert die MS-kranke Dore mit vielen subtilen Blicken, die mehr Emotionen ausdrücken, als es ein längerer Monolog je könnte. Sydney Sweeney spielt Margret Wittmer anfangs als dünnhäutige Arbeiterin. Stärke beweist sie, als sie allein ihren Sohn zur Welt bringt und sich gleichzeitig gegen wilde Hunde wehrt. An Margrets Seite bleibt Daniel Brühl als Heinz Wittmer etwas blass. Aber letztlich schmiedet auch er einen Plan, um seinen Traum vom Leben auf der Insel zu verwirklichen. Die Dramaturgie von „Eden“ wäre aber nichts ohne Ana de Armas. Die fabelhafte kubanisch-spanische Schauspielerin spielt die völlig durchgeknallte Baronin Eloise. Sie intrigiert zu allen Seiten und macht aus den Menschen im schroffen Garten Eden eine mörderische Gesellschaft. Zu Recht bekommt die verlogene Adlige am Ende ihre verdiente Rechnung.
„Eden“ zeigt, wie schnell Menschen egoistisch, grausam und korrupt werden können, wenn Macht in Reichweite ist. Der Film betont anfangs die völlig unterschiedlichen Motivationen der Siedler. Bei zunehmender Dramatik werden die Ähnlichkeiten zwischen den Charakteren jedoch immer sichtbarer. Am Ende ist klar, dass für eine Person genug Platz im Paradies ist.