Versuch einer nicht zu trockenen, aber nüchternen Betrachtung
Versuch einer nicht zu trockenen, aber nüchternen Betrachtung
Seit einiger Zeit verbreiten Fachgesellschaften „auf Basis aktueller wissenschaftlicher Studien“ ernüchternde Empfehlungen zur Giftigkeit von Alkohol. Regelmäßiger Konsum auch in sehr geringer Dosis habe langfristig negative gesundheitliche Auswirkungen insbesondere auf das Gehirn. Über das fatale Suchtpotenzial und die toxischen, weltweit millionenfach tödlichen Folgen von Alkohol bei Missbrauch in hoher Dosierung müssen wir hier nicht reden, das ist traurige Realität.
Aber bisher – übrigens auch unter Berufung auf wissenschaftliche Erkenntnisse – galten geringe Mengen alkoholischer Getränke bei Erwachsenen als eher unbedenklich, ja sogar als möglicherweise herz- und gefäßschützend. Müssen wir, aber auch manche Hausärzte und Kardiologen, die Patienten das abendliche Gläschen Rotwein zugestanden haben, umlernen und Abstinenz fordern?
Zunächst zur Wissenschaft: Es gab bei kritischer Betrachtung nie methodisch „saubere“, wissenschaftlich fundierte Studien, die eine positive gesundheitliche Wirkung von Alkohol zweifelsfrei belegt haben. Mehr oder weniger „sichere“ Narrative wie beispielsweise im Rotwein enthaltene pflanzliche Schutzstoffe wurden wohlwollend konstruiert und von Produzenten bis Konsumenten angeheitert aufgenommen.
Da wir zwar in der Lage sind, aus Fehlern zu lernen, aber auch erstaunlich fähig sind, Fehler zu wiederholen, muss man stocknüchtern konstatieren: Auch die jetzt angeführten wissenschaftlichen „Fakten“, die den Alkohol ab dem ersten Tropfen „verteufeln“, stehen auf vergleichbar wackeligen Füßen. Also was nun, wenn es wissenschaftlich bisher „benebelt“ war und nicht klar ist?
Beim Rauchen ist unstrittig: Im Inhalat gelangen mit dem ersten Zug und jedem weiteren eine Vielzahl gesundheitlich hochriskanter Schadstoffe in die Lunge. Ob ein bis zwei Zigaretten am Tag unproblematisch oder gar gesundheitsprotektiv sein könnten, ist schon a priori auszuschließen. Im Unterschied zur relativ schutzlosen, wenig resistenten Lunge sind die Organe unseres Verdauungstraktes einschließlich der Leber wehrhafter. Über Jahrmillionen haben sie mit der Nahrung auch immer zwangsläufig mehr oder weniger giftige Substanzen aufgenommen und gelernt, diese bis zu einem gewissen Grad unschädlich zu machen. Beim Alkohol wäre physiologisch also durchaus denkbar, dass zumindest geringe Mengen nicht von „vorneherein“ als gesichert bedenklich einzustufen sind. Um es mal salopp zu formulieren: Wenn Sie täglich zwei Zigaretten rauchen und zwei Flaschen Bier trinken und Sie wollen partout nur auf ein „Laster“ verzichten, lassen Sie definitiv besser die Zigaretten weg.
Auch der Rat von schlauen Menschen kann weiterhelfen. Ich vertraue da weniger auf modische und oft windige selbsternannte „Coaches“ oder „Influencer“. Bewährt haben sich eher verstorbene, zeitlose „Größen“, deren Weisheit die Jahrhunderte überdauert hat. Nehmen wir also ein Zitat des Philosophen Konfuzius, der vor mehr als 2.500 Jahren lebte: „Am Rausch ist nicht der Wein schuld, sondern der Trinker“.
Wer sein Gläschen Wein beim Essen oder sein kleines „Feierabendbier“ als Kulturgut schätzt und „maßvoll“ eigenverantwortlich genießen kann und will, dem würde ich kein schlechtes Gewissen machen. Wer möglichst alle Risiken vermeiden will, muss den sichersten Weg nehmen, das ist die Alkoholabstinenz. Selbstredend kann das auch bei bestimmten Vorerkrankungen angezeigt sein.
Kleiner Tipp: Da die Hauptgefahr beim regelmäßigen Konsum bereits kleiner Mengen von Alkohol in einer langfristigen Beeinträchtigung der Gehirnleistung gesehen wird, sollte man sein Gläschen in geistig anregender Gesellschaft oder bei einem guten Buch leeren. Und natürlich gilt auch hier: Bitte gerne und regelmäßig in Bewegung bleiben, bereits zwei bis drei stramme Spaziergänge pro Woche halten unter anderem auch die „kleinen grauen Zellen“ jünger und bei Laune. Merkwürdig einfach: Irgendwie kommt es im Leben immer wieder auf Maß und Ziel sowie Ausgleich und die richtige Balance an.