Christopher Trimmel und Rani Khedira haben beim 1. FC Union Berlin ihre sportlich beste Zeit vielleicht hinter sich. Wichtig sind die beiden Routiniers aber immer noch. Bleiben sie auch über die Saison hinaus?

Auch mit 38 Jahren ist Christopher Trimmel bei Union Berlin noch kein Auslaufmodell. Das Erfolgsrezept dafür, dass er in diesem für Feldspieler relativ hohen Fußball-Alter noch mithalten kann, verrät der Österreicher nicht. Weil er es selbst nicht kennt. „Wenn ich das Rezept wüsste, würde ich es für viel Geld verkaufen“, sagte er einmal schmunzelnd, als er darauf angesprochen wurde. Dass er im Alter noch mehr investiert als früher, kann er auch nicht bestätigen. „Ich bin kein Typ, der viel Zusatztraining macht oder auch privat trainiert.“ Er sei aber von größeren Verletzungen verschont geblieben und sei ohnehin erst spät – mit 23 Jahren – als Fußballprofi eingestiegen. „Wenn ich mit 17 schon täglich auf dem Fußballplatz gestanden hätte, wäre der Verschleiß größer“, meinte Trimmel. Er hatte in jungen Jahren einen ganz anderen Lebensablauf, weil er nie ein Nachwuchsleistungszentrum durchlief. Das Leben als Fußballprofi sieht er auch deswegen aus einer wohltuenden Distanz. „Ich habe als Praktikant auf dem Bau gesehen, wie Leute ranklotzen müssen und was sie leisten können.“ Er selbst habe von 7 bis 16 Uhr gearbeitet und danach dreimal die Woche für einen Landesliga-Club trainiert. Diese Zeiten sind natürlich längst vorbei. Trimmel hat eine für seinen Werdegang erstaunliche Karriere hingelegt – und die ist noch nicht vorbei. Es verdichten sich die Anzeichen, dass der Kapitän und auch sein Vize Rani Khedira auch über die laufende Saison hinaus bei Union bleiben werden. Die beiden Führungsspieler geben seit Jahren im Team den Ton an, auch wenn sie sportlich nicht mehr ganz so unumstritten sind wie noch vor einiger Zeit. Von Champions League bis Abstiegskampf haben beide bei Union alles erlebt und es sogar maßgeblich mitgesteuert. Meist sind sie es, die den Medien nach den Spielen Interviews geben und sich auch in schwierigen Zeiten der Öffentlichkeit stellen. Solche Persönlichkeiten gibt man nie gerne ab – auch wenn beide Profis den sportlichen Zenit ihrer Karriere sicher bereits überschritten haben.
Erstaunlicher Karriereverlauf
Union gibt zwar generell keine offiziellen Auskünfte zu Vertragslaufzeiten, doch Medienberichten zufolge laufen die Kontrakte von Trimmel und Khedira im Sommer aus. Laut „Bild“-Zeitung sind in beiden Verträgen Klauseln verankert, die eine Verlängerung bei einer bestimmten Anzahl an Spielen nach sich ziehen. Hätte sich der Club intern also gegen eine Zukunft der beiden Leitwölfe entschieden, um die Alters- und Hierarchiestruktur innerhalb der Mannschaft zu verändern, hätten Trimmel und Khedira sicher weniger Spiele absolviert. Dass beide aber auch unter dem neuen Trainer Steffen Baumgart zum Einsatz kommen, deutet auf eine weitere Zukunft in Berlin-Köpenick hin. Beim überraschenden 2:1-Sieg im Auswärtsspiel beim SC Freiburg standen beide Alt-Stars erneut in der Startelf und drückten dem Union-Spiel ihren Stempel auf. Khedira besorgte den 1:1-Ausgleichstreffer, der durch eine Flanke von Trimmel eingeleitet wurde. Auch beim Siegtreffer durch Andrej Ilic hatte Trimmel seine Füße im Spiel. „Christopher Trimmel darf alles mit mir machen“, schrieb der Administrator des Vereins-Accounts auf der Plattform X im Überschwang der Begeisterung.
Für Mittelfeld-Abräumer Khedira war es das 25. Ligaspiel in dieser Saison. Nach „Bild“-Informationen soll er damit wohl schon die für eine Vertragsverlängerung notwendige Anzahl an Einsätzen erfüllt haben. Bei Trimmel, der bislang auf 19 Ligapartien kommt, sollen noch ein paar Einsätze fehlen. Doch da der Rechtsverteidiger zuletzt auch seinen sportlichen Wert für die Mannschaft unter Beweis gestellt hat, wäre es nicht überraschend, wenn die Club-Bosse den Vertrag auch unabhängig der Einsätze verlängern würden. „Solange das noch passt und der Verein auch noch überzeugt ist, würde ich mich freuen, noch länger hier zu sein“, sagte Trimmel. „Ich bleibe immer dran. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich nie aufgebe und versuche, meiner Konkurrenz im Nacken zu sitzen.“ Als Rechtsverteidiger hat zwar sein Konkurrent Josip Juranovic etwas die Nase vorn, doch der flexible Kroate lief zuletzt auch als Linksverteidiger auf und schaffte dadurch Platz für Trimmel in der Startelf.
Khedira saß in dieser Saison zwar öfter auf der Bank als es ihm lieb sein dürfte, vor allem zum Start von Trainer Baumgart hatte er keinen leichten Stand. Nachdem er und auch Trimmel im Spiel gegen Mainz nur auf der Bank gesessen hatten, klangen Baumgarts Aussagen nicht wie eine Rückendeckung für die Alphatiere. „Klar ist, dass Rani und Trimmi extrem wichtig sind, auch als Personen. Aber wir sollten gucken, wer frisch ist und im Moment in einer guten Form – und wer nicht“, hatte Baumgart betont und vielsagend ergänzt: „Ich finde, wenn du als Trainer neu zu einer Mannschaft kommst, geht es ja nicht nur ums Verwalten, sondern darum, immer mal wieder zu gucken, was möglich ist.“
Organisator und Taktgeber

Doch auch Baumgart erkannte schnell, dass es (noch) ohne die beiden Routiniers nicht geht. Trimmel verrichtet auf der rechten Abwehrseite zuverlässig seinen Job, auch wenn er offensiv nicht mehr so viele Akzente setzen kann wie noch vor ein paar Jahren, als viele seiner Flanken und Freistöße zu Toren geführt hatten. Und Khedira ist im defensiven Mittelfeld weiter als Organisator und Taktgeber gefragt. Die Chancen, dass beide auch an diesem Sonntag (6. April) zu Hause im Stadion An der Alten Försterei gegen den VfL Wolfsburg zum Einsatz kommen, stehen gut. Denn mit ihnen hat sich Union stabilisiert, in den drei schweren Ligaspielen gegen Eintracht Frankfurt (2:1), den FC Bayern (1:1) und den SC Freiburg (2:1) blieb das Baumgart-Team nicht nur ungeschlagen, es holte auch sieben von neun möglichen Punkten. Der Abstand auf den Relegationsrang 16 beträgt sieben Spieltage vor Saisonende acht Punkte – beruhigend. Die Club-Bosse können die Planungen für eine weitere Bundesligasaison konkretisieren und dabei auch die Zukunftsfrage von Khedira und Trimmel beantworten.
Rani Khedira, der Bruder von Rio-Weltmeister Sami Khedira, spielt seit 2021 in Berlin. Ob er seine Karriere bei den Eisernen beendet, ist offen. Nach der Laufbahn will er dem Profifußball aber erhalten bleiben. Er strebt ein Studium, „in die Richtung Sportmanagement“ an, wie er einmal verriet. Auch Trimmel kann vom Fußballgeschäft nicht lassen, auch wenn er sich als Tätowierer längst ein zweites Standbein aufgebaut hat. „Beruflich sehe ich mich künftig eher im Trainer-Bereich“, sagte der Österreicher. Doch bis dahin könnten noch ein paar Jahre ins Land ziehen. „Mit 43 noch professionell zu spielen wäre top“, sagte Trimmel dem „Kicker“. Er wisse aber, dass das schwierig sei. Sollte es körperlich dafür nicht reichen, würde er gern auch wieder unterklassig die Fußballschuhe schnüren. So wie damals in der Landesliga. „Ich kann mir auf jeden Fall gut vorstellen, dass ich im Amateurbereich noch spiele.“ Noch aber hat Trimmel mit Union nicht abgeschlossen.