Beim Grauen Star (Katarakt), eine der häufigsten Augenerkrankungen, entsteht eine Trübung der Augenlinse. Prof. Dr. Stephan J. Linke vom „Zentrumsehstärke“, der Augenarztpraxis am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, klärt über Symptome, Risikofaktoren, Diagnostik und Behandlung auf.

Prof. Dr. Linke, was genau passiert beim Grauen Star im Auge?
Beim Grauen Star, medizinisch als Katarakt bezeichnet, handelt es sich um eine Trübung der Augenlinse, die sich mit der Zeit entwickelt. Die Linse, die normalerweise klar und transparent ist, beginnt sich allmählich einzutrüben, was zu einer Verschlechterung des Sehvermögens führt. Diese Trübung entsteht durch chemische und strukturelle Veränderungen in den Proteinen, die die Linse bilden. Im Laufe des Lebens, insbesondere ab einem Alter von etwa 60 Jahren, kommt es zu einer Abnahme der Flexibilität und Transparenz der Linse. Das Licht kann nicht mehr so ungehindert auf die Netzhaut projiziert werden, was zu einer unscharfen und verschwommenen Sicht führt.
Der Graue Star entwickelt sich oft schrittweise und wird anfangs möglicherweise nicht bemerkt. Ein typisches Beispiel ist, dass Betroffene anfangs nur bei schlechten Lichtverhältnissen Probleme mit dem Sehen haben oder das Gefühl haben, die Farben würden blasser erscheinen. Unbehandelt kann der Graue Star zu einer erheblichen Sehbeeinträchtigung und sogar zur Erblindung führen.
Was sind die ersten Symptome und was geschieht dann?
Die ersten Symptome des Grauen Stars sind in der Regel unspezifisch und können leicht übersehen werden. Ein häufiges Anfangssymptom ist eine zunehmende Unschärfe des Sehens, die besonders bei Dämmerung oder nachts auffällt. Es kann auch zu einer erhöhten Blendempfindlichkeit kommen, was bedeutet, dass sich die Patienten von Lichtquellen wie Scheinwerfern oder Straßenlampen gestört fühlen. Viele berichten, dass sie Schwierigkeiten haben, sich in einem Umfeld mit gemischtem Licht zurechtzufinden. Eine Verschlechterung der Sehqualität kann auch dazu führen, dass Farben blasser erscheinen und die Unterscheidung von Kontrasten schwieriger wird.
Im weiteren Verlauf kann es zu Doppelbildern oder einer allgemeinen Verschleierung des Blickfeldes kommen. Ohne Behandlung kann sich die Trübung der Linse so weit verschlechtern, dass das Sehvermögen drastisch reduziert wird, sodass Betroffene ihren Alltag nicht mehr uneingeschränkt bewältigen können. Ein alltäglicher Akt wie das Fahren von Fahrzeugen kann so gefährlich werden.
Welche Ursache hat Grauer Star?
Die häufigste Ursache für den Grauen Star ist der altersbedingte Verschleiß der Linse. Im Laufe des Lebens verliert die Linse an Elastizität und Transparenz, was zu einer Trübung führt. Diese Veränderung ist ein natürlicher Teil des Alterungsprozesses. Allerdings gibt es viele andere Faktoren, die die Entwicklung eines Grauen Stars begünstigen können.
Welche Personengruppen haben denn ein höheres Risiko als andere?
Eine genetische Veranlagung kann eine Rolle spielen.
Zusätzlich begünstigen bestimmte Erkrankungen wie Diabetes mellitus die Entstehung eines Grauen Stars. Hohe Blutzuckerwerte können zu Veränderungen in der Linse führen, die letztlich die Sicht beeinträchtigen. Rauchen ist ein weiterer erheblicher Risikofaktor, da es die Augenlinse schädigt und die Entstehung von Grauem Star beschleunigt. Eine ungesunde Ernährung, die arm an wichtigen Vitaminen wie Vitamin C und E ist, kann ebenfalls das Risiko erhöhen.
Ein weiterer Umweltfaktor, der den Grauen Star begünstigen kann, ist die UV-Exposition. Menschen, die regelmäßig direkter Sonnenstrahlung ausgesetzt sind, haben ein höheres Risiko, an Grauem Star zu erkranken. Auch die langjährige Einnahme von bestimmten Medikamenten wie Kortikosteroiden kann das Risiko erhöhen, da diese die Linse schädigen können.

Wer bereits eine Augenverletzung oder -operation hatte, ist ebenfalls anfälliger für die Entwicklung eines Grauen Stars. Ist ab einem gewissen Alter jeder von Grauem Star betroffen?
Der Graue Star ist eine Erkrankung, die ab einem bestimmten Alter nahezu jeden Menschen betrifft. Etwa 50 Prozent der Menschen über 65 Jahre haben eine mehr oder weniger ausgeprägte Linsentrübung, die zwar nicht immer zu einer Sehbeeinträchtigung führt, aber häufig den Verlauf einer altersbedingten Sehverschlechterung widerspiegelt.
Die Geschwindigkeit, mit der der Graue Star fortschreitet, ist von Person zu Person unterschiedlich. Faktoren wie genetische Veranlagung, Umweltbedingungen und Lebensstil beeinflussen den Verlauf der Erkrankung maßgeblich. Bei manchen Menschen entwickelt sich der Graue Star sehr langsam, während er bei anderen rasch fortschreiten kann.
Wie genau sieht die Diagnostik aus?
Die Diagnose eines Grauen Stars erfolgt in der Regel durch eine gründliche augenärztliche Untersuchung. Eine Spaltlampenuntersuchung ist ein wesentlicher Bestandteil der Diagnostik, bei der der Augenarzt die Linse auf ihre Trübung hin untersucht. Zusätzlich wird die Sehstärke getestet, um die Auswirkungen des Grauen Stars auf das Sehvermögen zu messen. Eine Untersuchung des Augenhintergrunds gibt Aufschluss darüber, ob es zu Veränderungen der Netzhaut/Makula gekommen ist, die auch die Sehstärke herabsetzen können.
In einigen Fällen kann auch eine Ultraschalluntersuchung notwendig sein, um detailliertere Informationen über den Gesamtzustand des Auges und über die Schwere der Trübung zu erhalten.
Wie wird Grauer Star behandelt?
Die einzige wirksame Behandlung des Grauen Stars ist eine Operation. Dabei wird die getrübte Linse entfernt und durch eine künstliche Intraokularlinse ersetzt. Diese Operation ist einer der häufigsten und sichersten chirurgischen Eingriffe weltweit. Sie wird meist ambulant und unter lokaler Betäubung durchgeführt. Der Eingriff dauert in der Regel nur etwa 20 bis 30 Minuten und hat eine sehr hohe Erfolgsrate.
Nach der Operation können die meisten Patienten rasch eine Verbesserung ihrer Sehkraft feststellen. Der Heilungsprozess ist in der Regel schnell, und Patienten können oft schon innerhalb von wenigen Tagen wieder ihre gewohnten Tätigkeiten aufnehmen.

Gibt es trotzdem Risiken?
Die Kataraktoperation hat eine sehr hohe Erfolgsquote. In den meisten Fällen kommt es zu einer erheblichen Verbesserung des Sehvermögens, und das Risiko von Komplikationen ist gering. Dennoch gibt es einige seltene Risiken wie Infektionen, Nachblutungen oder einen instabilen Aufhängeapparat der Linse. Der harmlose Nachstar, bei dem sich die Kapsel der Linse erneut trübt, tritt in über 50 Prozent innerhalb sechs bis zwölf Monaten nach der Linsenoperation auf – er ist harmlos und kann mit einer schonenden Laserbehandlung (YAG-Laser) leicht behoben werden.
Wie kann man Grauem Star „vorbeugen“?
Obwohl der Graue Star oft altersbedingt ist, gibt es Möglichkeiten, den Beginn der Erkrankung zu verzögern oder das Risiko zu senken. Eine gesunde Ernährung spielt dabei eine wesentliche Rolle. Antioxidantien, die in Obst und Gemüse wie Beeren, grünen Blattgemüsen und Karotten enthalten sind, können helfen, die Augen vor Schäden durch freie Radikale zu schützen. Vitamine wie Vitamin C und E sowie Mineralstoffe wie Zink und Selen tragen zur Gesundheit der Augen bei. Rauchen sollte vermieden werden, da es das Risiko für die Entwicklung eines Grauen Stars erhöht. Zudem empfiehlt es sich, die Augen regelmäßig vor UV-Strahlen zu schützen, indem man Sonnenbrillen mit UV-Schutz trägt.
Man kann trübe Augenlinsen auch mit dem Laser tauschen – wann kommt diese Methode infrage und gibt es hier Vorteile?
Die Femtosekundenlaser-assistierte Kataraktchirurgie ist eine innovative Methode, die bei bestimmten Patienten von Vorteil sein kann. Der Einsatz von Lasern ermöglicht eine besonders präzise Behandlung und reduziert die Ultraschall-Energie und somit das Risiko von Komplikationen. Besonders beim Einsatz von Speziallinsen (Stichwort „multifokal“), die ein Sehen ohne Brille ermöglichen, wird der Femtosekundenlaser zunehmend häufiger verwendet. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Graue Star durch eine Kombination aus altersbedingten Veränderungen und Lebensstilfaktoren verursacht wird, die das Risiko erhöhen können. Mit modernster Mikrochirurgie kann der Augenoperateur den Patienten aber in den meisten Fällen rasch wieder zu einem guten Sehvermögen verhelfen.
Bei welchen anderen Sehproblemen kommen Laser in der Augenmedizin noch zum Einsatz, und bei welchen Problemen sind sie besonders erfolgreich?
Lasertechnologie wird längst nicht mehr nur zur Korrektur von Fehlsichtigkeiten eingesetzt, sondern spielt auch eine entscheidende Rolle bei der Behandlung verschiedener Augenerkrankungen. Besonders erfolgreich sind Laser bei der Behandlung des Grauen Stars (Katarakt), wo der Femtosekundenlaser eine präzise Vorbereitung der Linsenoperation ermöglicht. Auch beim Grünen Star (Glaukom) kann eine Laserbehandlung wie die Selektive Laser Trabekuloplastik (SLT) helfen, den Augeninnendruck zu senken. In der Netzhautchirurgie werden Laser zur Behandlung der diabetischen Retinopathie oder zur Stabilisierung der Netzhaut bei Rissen eingesetzt. Zudem kommt das sogenannte Crosslinking bei der Behandlung von Keratokonus, einer krankhaften Hornhautverkrümmung, erfolgreich zum Einsatz.

Viele Brillenträger lassen sich die Augen lasern, um künftig auf ihre Brille verzichten zu können. Was genau wird hier beim Lasern korrigiert und wie genau funktioniert das?
Die gängigsten Verfahren zur Korrektur von Fehlsichtigkeiten sind LASIK, PRK und die Lentikelextraktion, zum Beispiel SMILE und CLEAR. Dabei wird die Hornhaut so modelliert, dass Lichtstrahlen wieder korrekt auf die Netzhaut treffen. Bei Kurzsichtigkeit (Myopie) wird die Hornhaut abgeflacht, um die Brechkraft zu verringern. Bei Weitsichtigkeit (Hyperopie) wird sie stärker gekrümmt, um die Brechkraft zu erhöhen. Astigmatismus (Hornhautverkrümmung) kann durch eine gezielte Umformung der Hornhaut ausgeglichen werden. Die neuesten Methoden sind minimalinvasiv, was die Heilungszeit verkürzt und das Infektionsrisiko reduziert.
Ist in der Augenmedizin in den nächsten Jahren mit neuen Verfahren oder Medikamenten zu rechnen?
Die Forschung in der Augenheilkunde schreitet sehr schnell voran, und in den kommenden Jahren sind spannende Entwicklungen zu erwarten. Der Femtosekundenlaser wird zunehmend für komplexere Eingriffe wie Hornhauttransplantationen oder individuell angepasste Linsenimplantate genutzt, was zu noch präziseren Ergebnissen führt. Auch biokompatible Linsen mit speziellen Beschichtungen könnten den Patienten nach einer Katarakt-Operation erheblich bessere Ergebnisse bieten. Ein besonders zukunftsweisendes Feld sind Gentherapien und Stammzellbehandlungen für genetisch bedingte Netzhauterkrankungen. Diese Technologien könnten das Potenzial haben, Krankheiten wie die Makuladegeneration oder den Grünen Star deutlich effektiver zu behandeln. Ein weiteres innovatives Feld betrifft die Akkommodationstherapie bei Alterssichtigkeit (Presbyopie). Neue Augentropfen, die die Augenanpassung an unterschiedliche Entfernungen verbessern, könnten in Zukunft Brillen für viele Patienten überflüssig machen. Die Lasertechnologie bleibt also ein wesentlicher Bestandteil der modernen Augenheilkunde und wird durch kontinuierliche Forschung immer weiterentwickelt.