Engagierter Theatermann
Carl Hegemann ist tot
Der Dramaturg und Philosoph Carl Hegemann ist tot. Er starb am 9. Mai an einem Herzinfarkt. „Carl Hegemann prägte über Jahrzehnte hinweg den deutschsprachigen Theaterdiskurs – als scharfsinniger Denker, leidenschaftlicher Kulturkritiker und kühner Erneuerer des deutschen Theaters“, schreibt die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz zum Tod ihres langjährigen Mitarbeiters. In enger Zusammenarbeit mit Regisseuren wie Christoph Schlingensief und Frank Castorf war Hegemann mitverantwortlich für eine künstlerische Sprache, die die Volksbühne in den 1990er- und 2000er-Jahren international bekannt machte. Hegemann arbeitete an zahlreichen renommierten Theater- und Opernhäusern, darunter das Thalia Theater Hamburg, das Schauspielhaus Bochum, das Berliner Ensemble, das Burgtheater Wien, die Bayreuther Festspiele, die Deutsche Oper Berlin und die Staatsoper Unter den Linden. Zuletzt war Carl Hegemann als Schauspieler an den Münchner Kammerspielen in der Inszenierung „Die Vaterlosen“ von Jette Steckel zu sehen. „Carl Hegemann verstand Theater nicht nur als Kunstform, sondern auch als Ort gesellschaftlicher Auseinandersetzung. Sein dramaturgisches Werk war durchdrungen von einem tiefen philosophischen Ansatz. Seine bekannten Bücher waren ‚Plädoyer für die unglückliche Liebe‘ oder ‚Dramaturgie des Daseins‘“, heißt es in der Würdigung der Volksbühne. Als Professor für Dramaturgie in Leipzig inspirierte er Generationen von Theaterleuten. Carl Hegemann wurde 76 Jahre alt.
Jazzpreis für Delius
Radio3 und die Kultur-Senatsverwaltung vergeben den Jazzpreis Berlin an Tobias Delius. Der mit 15.000 Euro dotierte Preis ist eine der wichtigsten Jazz-Auszeichnungen in Deutschland. Der Saxofonist und Klarinettist Tobias Delius ist seit vielen Jahren eine prägende Persönlichkeit der Berliner Improvisationsszene mit einem internationalen Wirkungskreis. Seine ersten Band-Erfahrungen machte er Anfang der 80er in Mexiko, danach studierte er in Amsterdam. Dort gründete er unter anderem ein Quartett und trat dem Instant Composers Pool Orchestra bei. 2007 zog Delius nach Berlin. Hier arbeitete er unter anderem mit Christian Lillinger, Axel Dörner, Rieko Okuda und Alexander von Schlippenbach. „Tobias Delius ist ein zentraler Akteur des europäischen Jazz. Seine Kennzeichen sind die stilistische Offenheit, die er mit Witz und Leichtigkeit zelebriert, und sein erdig-präsenter Ton. Für die Mitspielenden lässt er Räume, drängt sich nicht in den Vordergrund, bleibt aber mit seinem kernigen Sound immer im Fokus“, schreibt die Jury.
Kulturverführung vom 23. Mai 2025
Musical: Ein Oktoberfest-Musical in Berlin? Dieses Wagnis geht das Renaissance Theater ein. Dort wird zwischen Anfang Juni und Anfang Oktober „Oktoberfest – An almost true story – Beinah wahr“ aufgeführt. Der Komponist Harold Faltermeyer und der Autor Philip LaZebnik haben die Liebesgeschichte von Ludwig I. von Bayern und Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen erfunden und erzählen, wie aus dieser Vermählung nicht nur etliche Geschichten und zahlreiche Kinder, sondern auch das berühmte Oktoberfest entstand. Renaissance Theater, Knesebeckstraße 100, 10623 Berlin, Informationen und Karten: www.renaissance-theater.de
Kabarett: Corona ist überwunden. Doch schon droht eine neue Gefahr! Drei Menschen in einem Geheimbunker am Potsdamer Platz sollen die Welt retten. Es muss schnell gehen. Denn Tausende Ehen sind bereits zerbrochen, Konzernen droht die Pleite, und Markus Söder will Bayern in die Unabhängigkeit führen. Eine neue gefährliche Krankheit breitet sich aus: das Wahrheitsvirus. Die Opfer verlernen alles, was zivilisierte Menschen im Leben benötigen: Schummeln, Schwindeln, Flunkern, Lügen und Verschweigen. Sie müssen das Gefährlichste überhaupt tun: die Wahrheit sagen. Die drei Helden arbeiten fieberhaft an einer Lösung. Ein Vier-Sterne-General, eine Medizinnobelpreisträgerin, der CEO eines Weltkonzerns – waren leider verhindert. Aber es gibt kompetenten Ersatz: eine Neuköllner Streifenpolizistin, ein Psychiater aus Mecklenburg-Vorpommern und die Gleichstellungsbeauftragte für Britz-Buckow-Rudow. Sie haben keine Ahnung und nur 24 Stunden Zeit. Darum geht es – vereinfacht erklärt – in „Drei Lügen zu viel“, der Neufassung des Erfolgsstücks „Gelogene Wahrheiten“ von Frank Lüdecke und Sören Sieg. Gespielt wird es bis Ende August bei den Stachelschweinen. Kabarett-Theater Die Stachelschweine, Europa-Center, Tauentzienstraße 9-12, 10789 Berlin, Informationen und Karten: www.diestachelschweine.de
Ausstellung: „Gesellschaftliche und spirituelle Grenzziehungen zu hinterfragen und die produktive Kraft des Unreinen zu feiern“ – dazu soll eine Ausstellung von Alicia Agustín, Pêdra Costa, Mary Maggic und Lauryn Youden anregen. „HOLE*Y MAGIC“ untersucht „das Spannungsfeld zwischen Reinheit, Heilung und gesellschaftlicher Ausgrenzung innerhalb magischer und spiritueller Praktiken“. Im Zentrum stehen dabei die Begriffe „holey“ (löchrig) und „holy“ (heilig), die als Metaphern für Durchlässigkeit, Schutz und gesellschaftliche Kontrolle dienen sollen. Durch Installationen, Performances und multimediale Arbeiten setzen sich die Künstlerinnen kritisch mit Praktiken der New-Age-Magie und westlicher Esoterik auseinander. Die Ausstellung ist bis zum 17. August zu sehen. Galerie im Turm, Karl-Marx-Allee 126, 10243 Berlin, der Eintritt ist frei, Informationen: www.galerie-im-turm.net Martin Rolshausen