Der Eurodistrict SaarMoselle soll nicht nur bei der wirtschaftlichen, sondern auch kulturellen und gesellschaftlichen Weiterentwicklung von Gemeinsamkeiten dies- und jenseits der deutsch-französischen Grenze helfen. Nun wird die Institution 15 Jahre alt.
Bei den Anhängern eines grenzenlosen Europas, insbesondere der deutsch-französischen Freundschaft, müssen die Alarmglocken schrillen. Einer jüngsten Studie der Universität des Saarlandes, Fachrichtung Gesellschaftswissenschaftliche Europaforschung, zufolge nimmt der Enthusiasmus für die Grenzregion deutlich ab. Von rund 100 befragten Bürgermeistern aus der Großregion Saarland, Lothringen und Luxemburg sehen deutlich weniger als noch vor vier Jahren die Lage ihrer Kommune in der Grenzregion als einen klaren Vorteil. Während im Saarland immerhin ein Drittel der Befragten die Situation als sehr positiv bewertet und damit nur leicht unter dem Wert von vier Jahren liegt, ist der Einbruch in Frankreich dramatisch: Von 67 Prozent fiel der Wert auf 27 Prozent. Und je weiter die Kommunen von der Grenze entfernt liegen, desto stärker sinkt die Begeisterung für die Grenzregion. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von Grenzschließungen in der Corona-Zeit und aktuellen Grenzkontrollen über sprachliche Hürden bis hin zu bürokratischen Herausforderungen, die die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Alltag erschweren. Hoffnung für die Zukunft gibt zumindest, dass sich rund 90 Prozent der befragten Bürgermeister aus der Grenzregion als überzeugte Europäer geben, insbesondere aus Kommunen mit einer direkten Grenze zum Nachbarland.
Bürgermeister sind überzeugte Europäer
Umso wichtiger dürfte es in Zukunft sein, Europa bei den Bürgerinnen und Bürgern erlebbarer zu machen und zwar in allen Lebensbereichen. Trotz aller sprachlichen und administrativen Barrieren in den jeweiligen Nachbarländern gibt es zahlreiche etablierte Instrumente und Möglichkeiten, die Vorteile der Grenzregion deutlicher aufzuzeigen. Eines davon ist der Eurodistrict SaarMoselle, der 2010 als sogenannter Verbund für territoriale Zusammenarbeit gegründet wurde. Mitglieder sind französische und deutsche Kommunalverbände entlang der Grenze zwischen dem Saarland und Moselle-Est mit insgesamt rund 600.000 Einwohnern.
Zum 15-jährigen Bestehen organisierte der Eurodistrict in Zusammenarbeit mit Vereinen ein großes SaarMoselle-Fest auf dem Spiel- und Freizeitgelände in Grosbliederstroff inklusive der Saar: Kultur und Sport zum Anschauen und Mitmachen, ein vielseitiges Unterhaltungsprogramm, deutsch-französische Spezialitäten aus regionaler Produktion, rund 80 Aussteller und sechs große Themenbereiche von der Wirtschaft und Ausbildung über Gesundheit und Mobilität bis zum Tourismus und Sport sowie deren Fördermöglichkeiten. Ein „Bürgerfest für die Menschen aus SaarMoselle“ nannte es Marc Zingraff, Bürgermeister von Sarreguemines und Präsident des Eurodistricts SaarMoselle; eine Illustration der Stärke und Dynamik, wie sie nur eine Grenzregion hervorbringen könne, so Carolin Lehberger, Regionalverbandsdirektorin des Regionalverbandes Saarbrücken und Vizepräsidentin des Eurodistricts. Das europäische Denken sei in dieser Region fest verankert. Zahlreiche Besucherinnen und Besucher waren den ganzen Tag über auf das Festgelände entlang der Saar gekommen, um sich ein Bild über die vielen gemeinsamen Aktivitäten deutscher und französischer Vereine und Institutionen zu machen. Ob nun beim Wassersport, Handball, Rugby, Modellflug, Tischtennis, Triathlon oder Schach, bei den Feuerwehren aus dem Saarland und Moselle, beim grenzüberschreitenden Radeln oder bei Kooperationen im Gesundheitsbereich.
Zudem waren viele politische Mandatsträger sowie Bürgermeister der Kommunen aus dem Eurodistrict SaarMoselle zugegen, um mit Bürgerinnen und Bürgern über die Bedeutung, Vorteile und Zukunftsaussichten einer grenzenlosen Zusammenarbeit zwischen dem Saarland und der Moselle zu diskutieren. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen Rechtspopulismus in vielen Teilen Europas starken Zulauf bekomme, müsse deutlich gemacht werden, wofür der Eurodistrict stehe und welche Vorteile die Bürgerinnen und Bürger dieser Grenzregion haben, so der durchgängige Tenor bei den Festansprachen.
Zusammenarbeit und den Alltag erleichtern
Aufgabe des Eurodistricts ist es, durch die Grenze bedingte Hindernisse zu überwinden und die Zusammenarbeit zwischen den Gebietskörperschaften zu stärken, um den Alltag der Einwohnerinnen und Einwohner zu erleichtern. Gerade die vielen Interreg-Projekte in der Großregion in allen relevanten gesellschaftlichen Bereichen, für deren Umsetzung der Eurodistrict federführend tätig ist, sorgen für mehr Erlebbarkeit, Praxisbezug und eine bessere Identität des Grenzraums. Gilbert Schuh, Vizepräsident und einer der Gründerväter des Eurodistricts, verwies auf die fundierte Expertise in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, die auf höchster europäischer Ebene Anerkennung finde.
Beispiele für eine gelungene Kooperation im Eurodistrict gibt es viele: die Schaffung der ersten bikulturellen und grenzüberschreitenden Kinderkrippe Kita Salut, das Projekt PROMETER beim Standortmarketing mit verbesserter Sichtbarkeit und Attraktivitätssteigerung der Region, die Förderung der Zweisprachigkeit im Saarland und in der Moselle, der grenzüberschreitende ÖPNV, das MOSAR-Abkommen und das Projekt GeKo mit grenzüberschreitendem Zugang in der Gesundheitsversorgung, die Zusammenarbeit der Feuerwehren, die Vernetzung von Freizeitangeboten oder die Stärkung im Tourismusbereich wie Route des Feuers oder Intervelo SaarMoselle. Und es geht weiter: der Bau eines Radwegs von Lixing nach Grosbliederstroff oder der Bau einer Wildwasserbahn für Kanuten, Feuerwehr, Rettungsdienste auf der Insel in Grosbliederstroff sind fest in der Planung.
Schon heute werden beim Eurodistrict die Pflöcke für eine Strategie ab 2028 eingeschlagen, um gemeinsam mit den relevanten Akteuren und unter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger die Grenzregion SaarMoselle weiter spürbar voranzubringen. Das Bürgerfest ist ein Bestandteil davon. Es hat gezeigt, wie bürgernahe Kooperationen den Alltag verändern und die Menschen einander näherbringen.