Bruno Kreisky: geboren 1911 in Wien, 1990 auch hier gestorben. 13 Jahre war er österreichischer Bundeskanzler und galt in den 1970er-Jahren als die meistgehasste Person in Israel und die meistgeliebte Person in Österreich. Während seiner Zeit erfuhr Österreich einen Modernisierungsschub, wurde der Wohlfahrtsstaat ausgebaut. Außenpolitisch engagierte sich Bruno Kreisky auch als Vermittler im Nahost-Konflikt.
Zumeist geschah dies zum großen Missfallen der Israelis, denn er war das erste westliche Regierungsoberhaupt, das über eine Zwei-Staaten-Lösung sprach und die PLO als offizielle Vertretung des palästinensischen Volkes anerkannte. Und er war der erste Politiker, der im Zuge einer Geiselnahme Terroristen nachgab, um Menschenleben zu schützen.
Österreichs erster jüdischer Bundeskanzler war in seiner Außenpolitik allerdings widersprüchlich. Während er an arabischen Staatsterroristen wie Assad senior oder Gaddafi nichts auszusetzen hatte, stand er der israelischen Ministerpräsidentin Golda Meir mit offener Abneigung gegenüber. Das brachte ihm den Ruf des jüdischen Selbsthasses ein.
Der 37-jährige Diplomat Aschheim hatte erstmals im Studium den Namen Bruno Kreisky gehört und daraufhin weiter über ihn recherchiert. Mehr als 20 Personen aus dem Umfeld des markanten Politikers interviewte er für sein Buch. Es wurde aber keine Biografie, Aschheim blieb dem Titel treu: Kreisky, Judentum, Israel. Dabei lässt er nahezu ausschließlich seine unterschiedlichen Gesprächspartner zu Wort kommen und beschränkt sich auf verbindende Texte. Wohltuend nimmt der Autor nie Partei, sondern stellt sachlich wie ein Analytiker Licht- und Schattenseiten, Großtaten und Widersprüche eines markanten Politikers aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nebeneinander. Aschheims Buch könnte diejenigen, die Kreisky ausschließlich verehren oder hassen, von dessen vielschichtiger Persönlichkeit überzeugen.