Nie war Skincare wichtiger als heute. Bei einer sinnvollen Slow-Aging-Routine darf ein Wirkstoff keinesfalls fehlen: Retinal. Wir verraten, was er bewirken kann und welche Produkte empfehlenswert sind.
Viel hilft viel“ war das Credo, dem meine Gesichtspflege unterlag, seit ich mich dem Thema widme und ein Bewusstsein für den Erhalt meiner jugendlichen Haut entwickelt habe. Doch dann auf einmal der Wendepunkt. Produktentwickler und Instagramer Leon X Skincare ist für mich eine Koryphäe im Bereich Skincare. Ich stelle nichts von dem, was er sagt, infrage. Er ist für mich der Experte schlechthin, und Leon sagt: Retinal und Vitamin C sind die essenziell wichtigen Wirkstoffe, wenn es darum geht, den Alterungsprozess der Haut zu verlangsamen. Ich folge seinen Empfehlungen zwar blind, weiß aber auch, dass renommierte Dermatologen wie Yael Adler und Dr. Emi in die gleiche Kerbe schlagen.
Also teste ich mich durch die Vielzahl an Produkten mit besagten Inhaltsstoffen. Vitamin C morgens und Retinal abends, da das Vitamin A die Haut lichtempfindlicher macht. Nach dem Serum am Morgen sollte ein Lichtschutzfaktor 50 ebenso wenig fehlen. Mehr braucht es eigentlich nicht.
Nun wollen wir uns aber erst mal Retinal widmen und aufdröseln, wie es wirkt, was es so wirksam macht und worum es sich dabei handelt. In der Welt der Hautpflege gibt es wenige Inhaltsstoffe, die so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen wie die Retinoide – eine ganze Wirkstofffamilie, die aus Vitamin A abgeleitet ist. Neben dem allseits bekannten Retinol und dem verschreibungspflichtigen Retinsäure-Präparat (Tretinoin) hat sich in den vergangenen Jahren ein neuer Star etabliert: Retinal, auch Retinaldehyd genannt. Dermatologen sehen in ihm eine vielversprechende Brücke zwischen hochwirksamer Anti-Aging-Therapie und hautschonender Kosmetik. Also genau das, was sich der Endverbraucher sehnlich wünscht.
Unter Vitamin A kann man sich auch als Laie etwas vorstellen, und was genau ist Retinal? Bei Retinal handelt es sich um eine chemische Verbindung, die im Körper eine zentrale Rolle spielt. In unseren Augen sorgt sie als Bestandteil des Sehpigments dafür, dass wir hell und dunkel unterscheiden können. Biochemisch gesehen liegt Retinal zwischen Retinol und Retinsäure: Wird Retinol in der Haut aufgenommen, muss es zunächst zu Retinal und anschließend zu Retinsäure umgewandelt werden, um seine volle Wirkung zu entfalten. Retinsäure wiederum steuert die Genaktivität in Hautzellen – sie regt die Bildung neuer Zellen und die Produktion von Kollagen an. Retinal ist also das direkte Vorstadium und dadurch deutlich wirksamer als Retinol, gleichzeitig aber weniger aggressiv als die reine Säure und im Umkehrschluss eine wirksame Waffe gegen Hautalterung.
Retinal regt die Bildung neuer Zellen an
Ursprünglich stammt Vitamin A aus tierischen Quellen wie Lebertran, doch für die Kosmetikproduktion werden heute synthetische Verfahren oder pflanzliche Vorstufen wie Beta-Carotin eingesetzt. In komplexen chemischen Prozessen wird Retinol dabei zu Retinal oxidiert. Da Retinal extrem empfindlich gegenüber Licht und Sauerstoff ist, braucht es aufwendige Stabilisierungsverfahren, etwa Verkapselungen in Lipidkügelchen oder spezielle Glasfläschchen, die das Molekül vor Zerfall schützen. Nur so lässt es sich in Cremes oder Seren einarbeiten, die im Badezimmeralltag Bestand haben.
Ist das den Aufwand wert? Oh ja, denn Studien zeigen, dass Retinal die Zellerneuerung beschleunigt, Pigmentflecken aufhellt und Falten reduziert. Seine antibakterielle Wirkung macht es zudem für die Behandlung von Akne interessant. Anwenderinnen berichten von weniger Rötungen, Schuppungen und Reizungen, die typische Begleiter einer Retinoid-Therapie sein können oder es einmal waren.
Heute wird ja weniger von Anti-Aging als vielmehr von Slow-Aging gesprochen. Stellt sich die Frage, ab welchem Alter die Anwendung von Retinal sinnvoll ist. Dermatologen empfehlen den Einsatz von Retinal ab Mitte 20, wenn die natürliche Kollagenproduktion allmählich nachlässt. Wer frühzeitig mit milden Retinoiden beginnt, kann den Hautalterungsprozess verlangsamen. Bei unreiner Haut oder Akne kann Retinal schon im Teenageralter unter ärztlicher Begleitung eingesetzt werden. Generell gilt: Je empfindlicher die Haut, desto langsamer sollte man sich an den Wirkstoff herantasten.
Retinal wird meist in Form von Seren oder Cremes angeboten. Wie bereits erwähnt, gehört es in die Abendroutine. Ein erbsengroßer Klecks reicht für Gesicht und Hals. Bei meinem aktuellen Testobjekt von Medipharma Cosmetics genügt mir ein einziger Pumpstoß. Die Menge reicht nicht nur für mein Gesicht, sondern auch für Hals und Dekolleté. Beide lasse ich nicht aus. Am Anfang sollte man Retinal nur zwei- bis dreimal pro Woche nutzen, später kann die Häufigkeit gesteigert werden. Ich bin mittlerweile bei der allabendlichen Anwendung. Es gibt die Seren auch in zwei unterschiedlichen Konzentrationen. Das Serum mit 0,05 Prozent Retinal ist perfekt für Einsteiger geeignet, um die Haut an das Retinoid zu gewöhnen, während das Intensiv-Serum mit 0,1 Prozent Retinal für Profis und diejenigen geeignet ist, die das schwächere Serum gut vertragen. Wer gleichzeitig mit Vitamin C oder Fruchtsäuren arbeitet, sollte auf mögliche Reizungen achten und die Produkte zeitlich trennen. Darum kommt bei mir das Retinal am Abend, das Vitamin-C-Serum am Morgen. Mein Aronal und Elmex für die Haut …
Eins gibt es neben dem Lichtschutz zu beachten: Während Schwangerschaft und Stillzeit wird von Retinoiden generell abgeraten, da Vitamin-A-Derivate in hohen Dosen das ungeborene Kind schädigen könnten. Für gesunde Erwachsene gilt Retinal in den gängigen Kosmetikkonzentrationen als sicher.
Getestet habe ich mittlerweile die Produkte zahlreicher Hersteller. Colibri Skincare und davor das Retinol-Serum von No Cosmetics waren meine Dauerbrenner, aber ganz verrückt bin ich momentan nach dem gelben Gel von Medipharma Cosmetics aus dem Hause Dr. Theiss. Die erste Tube ist schon fast leer, die zweite steht schon ungeöffnet im Schrank. Wie sehr sich die Wirkung entfaltet, kann nur ein Dermatologe nachweisen, doch vom Gefühl her würde ich behaupten, dass mich dieses Produkt frischer und meine Haut erholter aussehen lässt. Und was will man mehr von einem Serum erwarten? Es führt trotz Duftstoffen zu keinerlei Irritationen. Parallel dazu nutze im Anschluss die Retinal Age Reverse Cream von Transparent. Da es sich dabei nicht um ein Serum, sondern um eine Creme handelt, wie der Name schon sagt, ist es der krönende Abschluss meiner Retinal-Routine am Abend.
Für mich ist Retinal mehr als ein kurzfristiger Hype. Der Wirkstoff vereint das Beste aus zwei Welten: die Wirksamkeit von Retinsäure und die Verträglichkeit von Retinol. Mit sorgfältiger Anwendung kann er nicht nur Falten und Pigmentflecken – meine Sommersprossen freuen sich – mindern, sondern auch das Hautbild insgesamt verfeinern. Für alle, die ihre Hautpflege auf das nächste Level heben wollen, könnte Retinal tatsächlich die goldene Mitte sein – und der neue Klassiker im Kosmetikschrank.