Über 100.000 Menschen folgen ihren Skincare- und Haarpflegetipps. Ärztin Arabella Barkawi (32) aus Hamburg spricht über Sonnenschutz in der kalten Jahreszeit, welche Inhaltsstoffe man besser nicht kombiniert, was bei der Anwendung von Retinol zu beachten ist und wie ihre eigene Pflegeroutine aussieht.
Frau Barkawi, bei Instagram folgen Ihnen über 100.000 Menschen. Wie sind Sie dazu gekommen, Tipps zu Haut- und Haarpflege zu posten?
Ich hatte die Idee schon relativ früh. In meinem Bekanntenkreis war ich bereits als diejenige mit den besten Beauty-Tipps bekannt. Damals war ich noch an einer Uniklinik tätig und habe mich nicht getraut, den Schritt zu gehen und einen eigenen Kanal zu gründen, der öffentlich zugänglich ist. Als ich dann aufgehört habe in der Klinik zu arbeiten und in den ambulanten Bereich gewechselt bin, hielt ich es für einen günstigen Zeitpunkt, mit der Aufklärung zum Thema Hautpflege zu starten. Damals gab es nicht viele, die in den sozialen Medien aktiv waren – es war also noch Neuland.
Wie sieht die optimale Reinigung und Pflege aus – sind zum Beispiel zu häufiges Waschen und zu viele Produkte hintereinander schlecht? Und worauf sollte man bei der Auswahl der Produkte achten?
Das hängt immer vom Hauttyp ab und lässt sich pauschal schwer beantworten. Menschen mit trockener Haut benötigen nicht die gleiche Reinigung wie Menschen mit öliger oder unreiner Haut. Bei unreiner Haut ist eine doppelte Reinigung oft sinnvoll, Inhaltsstoffe wie Salicylsäure unterstützen die Porenreinigung. Bei empfindlicher und trockener Haut reicht hingegen meist eine einfache Reinigung mit einem milden Waschgel.
Bei der Auswahl der Produkte kommt es vor allem auf die Konsistenz an. Die Regel lautet: von dünnflüssig zu dickflüssig. Dennoch empfehle ich nicht mehr als drei bis maximal fünf Produkte in der Routine, um eine periorale Dermatitis – also eine Überpflegung der Haut –
zu vermeiden. Grundsätzlich empfehle ich: eine Reinigung, ein Serum oder Fluid, einen Sonnenschutz und eine reichhaltigere Abendpflege.
Die warme Jahreszeit nähert sich dem Ende. Ist LSF jetzt nicht mehr so wichtig oder sollte man im Herbst und Winter weiterhin Sonnenschutz verwenden?
Ja, unbedingt. Auch während der kälteren Jahreszeiten sollte Sonnenschutz aufgetragen werden – insbesondere, wenn man sich den Anti-Aging-Effekt wünscht. UV-Strahlen dringen auch durch Wolken und werden vom Schnee reflektiert. Das bedeutet, dass die Belastung im Winter sogar relativ hoch sein kann. Ich würde aber sagen, dass das Nachtragen im Vergleich zum Sommer nicht mehr so häufig notwendig ist. Grundsätzlich empfehle ich LSF 50, im Winter reicht LSF 30, sofern kein Schnee liegt.
Welche Altersbeschleuniger gibt es? Und was hält uns länger jung?
Altern ist ein natürlicher Prozess, aber die Geschwindigkeit, mit der es abläuft, lässt sich durch unseren Lebensstil beeinflussen. Neben genetischen Faktoren spielen Umwelt und Gewohnheiten eine große Rolle.
Zu den größten Treibern zählen Schlafmangel, ungesunde Ernährung, übermäßige Sonnenexposition und chronischer Stress. Wer dauerhaft zu wenig schläft, nimmt seinem Körper die Zeit für wichtige Reparaturmechanismen. Sonne wiederum ist der wichtigste äußere Faktor für Hautalterung, weil UV-Strahlen freie Radikale erzeugen und DNA schädigen. Die tägliche Anwendung von Sonnenschutz kann hier einen großen Unterschied machen.
Stress hält die Cortisolspiegel dauerhaft hoch, fördert Entzündungen und beschleunigt die Verkürzung der Telomere –
Schutzkappen unserer Chromosomen, die eng mit dem biologischen Alter verknüpft sind. Auch Nikotin, Alkohol, Bewegungsmangel und Luftverschmutzung tragen dazu bei, dass wir schneller altern.
Die gute Nachricht: Es gibt ebenso klare Faktoren, die uns länger jung halten. Ausreichend Schlaf – sieben bis neun Stunden – unterstützt die nächtliche Zellreparatur. Eine Ernährung mit viel Gemüse, Obst, Omega-3-Fettsäuren und Ballaststoffen wirkt antientzündlich, während regelmäßige Bewegung und Krafttraining Muskeln, Knochen und Mitochondrien jung halten.
Welche sind Ihre Top-Anti-Aging-Wirkstoffe und warum?
Ich bin ein großer Fan von Retinol und Retinal. Studien zeigen, dass Retinol zu den wirksamsten Anti-Aging-Wirkstoffen gehört. Ich empfehle, nach der Anwendung eines Retinol-Serums oder einer -Creme eine kurze Einwirkzeit von etwa zehn Minuten einzuhalten und anschließend eine reichhaltige Feuchtigkeitspflege aufzutragen. So lassen sich Nebenwirkungen gut abmildern.
Was sollte man bei der Anwendung von Retinol beachten?
Unbedingt langsam starten! Zunächst eine niedrige Konzentration wählen und das Produkt maximal zweimal pro Woche anwenden – das kann schon ausreichen. Bei guter Verträglichkeit kann die Anwendung auf drei- bis fünfmal pro Woche gesteigert werden. Eine tägliche Anwendung empfehle ich nicht, um die Hautbarriere nicht zu schädigen. Schwangere sollten grundsätzlich auf Retinol verzichten – hier ist Azelainsäure eine gute Alternative.
Welche Inhaltsstoffe sollte man nicht miteinander kombinieren und warum?
Die wichtigste Kombination, die man vermeiden sollte, ist Retinol mit Vitamin C in reiner Ascorbinsäure-Form. Vitamin C benötigt ein saures Milieu, Retinol eher ein neutrales – direkt übereinander können sie sich in der Wirksamkeit beeinträchtigen und die Haut stark reizen. Außerdem sollte Retinol nicht gleichzeitig mit Säuren kombiniert werden, da dies zu Rötungen, Schuppung bis hin zu Ekzemen führen kann.
Welche Inhaltsstoffe finden Sie bedenklich und warum?
Der europäische Markt ist relativ streng reguliert – das zeigt auch die neue Regelung bezüglich Retinol, die besagt, dass ab November 2025 nur noch Retinol-Konzentrationen bis maximal 0,3 Prozent frei verkäuflich sein werden. Kritisch sehe ich Titandioxid in Nanoform, insbesondere in Sprays oder Pudern, da es beim Einatmen problematisch sein kann.
Welche Behandlungen oder Schönheitseingriffe würden Sie bei sich nicht machen lassen und warum?
Besonders riskant finde ich Hyaluronsäure-Injektionen im Nasenbereich, da hier ein erhöhtes Erblindungsrisiko besteht. Die Nase und der Bereich um sie herum gehören zu den am besten durchbluteten Regionen des Gesichts. Kommt es dort zu einer Gefäßverstopfung, kann dies irreversibel sein und im Zweifel zu einer Erblindung führen.
Was macht man falsch, wenn das Make-up cakey oder ungleichmäßig wird?
Zum einen kann es daran liegen, dass die Haut nicht ausreichend vorbereitet wurde. Ist sie zu trocken, legt sich das Make-up nicht gleichmäßig ab und wirkt schnell cakey. Ein weiterer Grund kann eine Unverträglichkeit zwischen Pflege und Foundation sein. Es gibt wasser- und silikonbasierte Produkte – verwendet man beispielsweise wasserbasierte Pflege und eine silikonbasierte Foundation, kann es zu Pilling kommen, bei dem sich das Make-up abrollt.
Juckreiz und trockene Haut sind in der anstehenden kälteren Jahreszeit häufige Gründe für einen Besuch beim Hautarzt. Welche Inhaltsstoffe helfen hier wirklich?
Ceramide stärken die Hautbarriere hervorragend, Panthenol wirkt zusätzlich beruhigend. Wenn keine offenen Ekzeme bestehen, ist auch Urea ein sehr guter Feuchtigkeitsspender.
Mit welchen Inhaltsstoffen und Tricks bekommt man schnell fettende Haut und Unreinheiten in den Griff?
Einen ultimativen Tipp gibt es leider nicht, da fettige Haut oft genetisch und hormonell bedingt ist. Sie hat aber auch Vorteile: Menschen mit fettiger Haut entwickeln oft weniger Falten, weil die Haut länger durchfeuchtet bleibt. Unreine Haut ist multifaktoriell bedingt. Wichtig ist eine gute Reinigung, und mit Säurepeelings lassen sich Unreinheiten oft gut in den Griff bekommen. Wenn das nicht ausreicht, sollte eine ärztliche Abklärung erfolgen, um gegebenenfalls eine Therapie mit verschreibungspflichtigen Medikamenten zu starten und Narben zu vermeiden.
Haben Sie schon viele Pflege- und Beautyprodukte getestet? Wenn ja: Welche waren für Sie absolute Überraschungen – sowohl im positiven als auch im negativen Sinn?
Ich teste sehr viele Produkte – meine Followerinnen und Follower und Patientinnen und Patienten fragen täglich nach Empfehlungen. Besonders überzeugt haben mich Produkte mit aktiven Inhaltsstoffen, da sie tatsächlich einen Unterschied machen. Bei Naturkosmetik überrascht mich hingegen oft, wie viele ätherische Öle enthalten sind, die die Haut reizen können.
Welche Irrtümer hören Sie häufig in der Praxis und würden Sie gern richtigstellen?
Sehr oft höre ich den Ratschlag, unreine Haut „auszutrocknen“. Das Gegenteil ist richtig: Trocknet man die Haut aus, produziert sie noch mehr Talg, was wiederum Pickel fördert. Die richtige Produktauswahl ist hier entscheidend.
Wie sieht Ihre eigene Pflege- und Beauty-Routine aus?
Tagsüber verwende ich Sonnenschutz, sobald ich aus dem Haus gehe. Unabhängig von der Jahreszeit.
Ich habe selbst eine ölige Haut. Daher lege ich bei meiner Abendroutine viel Wert auf eine doppelte Reinigung, um die Reste von Sonnenschutz und Makeup zu entfernen. Anschließend verwende ich einen aktiven Inhaltsstoff wie Azelainsäure, gefolgt von einer reichhaltigen Nachtpflege als Abschluss.