Einfach mal machen lassen, einfach mal selbst Erfahrungen sammeln lassen – das ist im Groben die Herangehensweise von Micha Madjde-Teimouri. Der 35-Jährige absolviert eine Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher an der Katholischen Fachschule für Sozialpädagogik Saarbrücken (KFS).
Dabei findet er die Herangehensweise der Einrichtung im Stadtteil Jägersfreude als genau richtig für sich selbst: „Das sind Praktiker“, sagt er überzeugt. Um nachzuvollziehen, wieso er diesen Ansatz so gut findet, lohnt sich ein Blick in seine Vita. Nach dem Abi nahm er 2014 ein Studium der Geschichtswissenschaften an der Universität des Saarlandes auf. Später gründete er die „4TEL UG“, die Veranstaltungen durchführt sowie Auftrittsmöglichkeiten, Videodrehs und Musikproduktion vermittelt. Parallel spielte und spielt er in mehreren Ensembles, wobei er vor allem in der Band Fashioned From Bone als Sänger aktiv ist. Das Rock-Trio wurde 2019 gegründet und wollte durchstarten, doch da kam die Pandemie. „Corona hat einen riesen Cut reingebracht“, erklärt Micha Madjde-Teimouri.
Er, der seinen Zivildienst einst bei der Awo absolvierte, wurde auf das Angebot der KFS aufmerksam. Die Schule formuliert eines ihrer Ziele auf ihrer Internetseite wie folgt: „Die KFS versteht sich als Lern- und Übungsort für den Ausbau und die Entwicklung partizipativer Kompetenzen, indem die Studierenden Verantwortung für sich, ihr Handeln sowie die Schulgemeinschaft übernehmen. Damit erfahren sie in unserer Bildungsinstitution Selbstwirksamkeit und Wirkmacht und nehmen diese Erfahrung mit in andere pädagogische Institutionen und ermöglichen diese Erfahrung folglich auch dort.“
Eltern werden intensiv begleitet
Das sprach den praktisch veranlagten Micha Madjde-Teimouri an, seine Bewerbung verlief positiv, und so ist er nun im Anerkennungsjahr in einer Tagesgruppe in Sulzbach/Saar tätig. Das heißt, das Kind wird während der Woche tagsüber nach dem Schulbesuch betreut. Die Tagesgruppe umfasst Kinder von neun bis 13 Jahren. Das Wichtigste sei, dass die Kinder mit allem Notwendigen versorgt sind. „Das heißt, sie haben durch die Strukturen der Tagesgruppe einen geregelten Alltag, der ihnen beim Bewältigen der alltäglichen Herausforderungen enorm hilfreich sein wird. Das ist ja auch für Eltern entlastend“, sagt der zukünftige Erzieher, der seinen Schwerpunkt in der Jugend- und Heimarbeit sieht.
Die Eltern werden dabei intensiv beteiligt, zum Beispiel durch Beratungsgespräche, Elternabende oder Eltern-Kind-Treffen. Man müsse immer genau „beobachten und schauen, was die Ressourcen sind“, so Madjde-Teimouri. Vor allem aber sollen die Kinder lernen, ihren Alltag zu gestalten, und Anregungen für eine sinnvolle Freizeitgestaltung bekommen.
Diese Problematik kommt neben den üblichen Herausforderungen unserer Zeit also noch obendrauf. Stichwort Ablenkung durch sehr viele Möglichkeiten zur Freizeit- und letztlich Lebensgestaltung, vor allem, was soziale Medien und Angebote im Internet angeht. „Es gibt viel zu viele Angebote“, ist Madjde-Teimouri sich sicher. Dagegen versuchen er und die weiteren zukünftigen Erzieherinnen und Erzieher, den Kindern pädagogisch sinnvolle Angebote zu machen. „Damit sie auch Verantwortung für ihren eigenen Raum lernen“, wie er es ausdrückt. „Man braucht Erfolgserlebnisse“, ist er sich sicher. So wird in der Gruppe zum Beispiel in Kooperation mit den Kindern an der Gestaltung ihres Freizeitraums gearbeitet. Solche Aktionen könnten dabei helfen, mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln. Denn der Ansatz sei stets ein positiver.
Sein Bezugskind beispielsweise sei das älteste Kind in dessen Familie und habe viele Geschwister. Da könne das einzelne Kind schon mal hintanstehen, wodurch das Selbstbewusstsein leiden könne. Er erklärt: „Wir sind eine Stütze und haben als Bezugserzieher einen Fokus auf die Bedürfnisse des jeweiligen Kindes und sind auch in alltägliche Strukturen wie Eltern-, Schul- und Hilfeplangespräche mit eingebunden. Der Bezugserzieher schreibt beispielsweise auch Berichte über das Kind, die dem Jugendamt als Grundlage dienen, um gemeinsam mit Eltern, Kind und Einrichtung die Entwicklung des Kindes beziehungsweise Jugendlichen zu betrachten.“
Eigenverantwortung wird großgeschrieben
Zurück zu seiner Ausbildung. Das Angebot der Katholischen Fachschule für Sozialpädagogik Saarbrücken ist sozusagen selbst pädagogisch aufgebaut. Seitens der KFS heißt es: „Das Ausbildungskonzept geht mit einer expliziten Persönlichkeitsentwicklung, hin zu Gemeinschaftsfähigkeit und Eigenverantwortung sowie Verantwortungsübernahme in der Gesellschaft, einher.“ Es gibt Angebote wie gemeinsames Pilgern oder auch Erlebnisausflüge. Dabei rudert man gemeinsam über einen See oder besucht einen Kletterpark. Es werden Angebote unterbreitet, um die Psychomotorik zu verfeinern, etwa durch menschliches Tischfußball. In der Kreativpädagogik wird im Team gemalt oder genäht. Bei der Medienpädagogik werden verschiedene Medienarten und der Umgang damit durchgenommen. Dann gibt es noch die Möglichkeit zum gemeinsamen Musizieren, etwa in der Schulband.
Es werde sehr viel Wert gelegt auf die Verzahnung der Lernorte Praxis und Schule, damit sich die Schülerinnen und Schüler zu kompetenten Fachkräften entwickeln können. Denn wohl nur eine gut ausgebildete und selbstbewusste Person kann beispielsweise im Falle eines Streites dem betroffenen Kind glaubhaft versichern: „Du und ich wuppen das jetzt“, wie es Micha Madjde-Teimouri ausdrückt.
Er liebt seinen Job, das merkt man ihm an. Und auch, wenn es oft den Anschein mache, dass Kinder- und Jugenderziehung am Limit laufe, gibt er doch zu bedenken, dass es sehr viele Angebote von Trägern und staatlichen Institutionen gebe, um Kindern und Jugendlichen ein gutes Leben in sicherer Umgebung zu ermöglichen, „mit einem riesen finanziellen und personellen Aufwand“, wie er sagt. Wichtig sei es eben vor allem, sich um die Kinder und Jugendlichen zu kümmern, und „positive Affektionen zu schaffen“.