Wie macht man ein Thema sichtbar, das oft im Verborgenen bleibt? Der Bundesverband Caritas Kinder- und Jugendhilfe (BVKE) zeigt: mit Austausch, Musik und vor allem den Stimmen von Kindern und Jugendlichen.
Seit 50 Jahren bildet die Katholische Fachschule für Sozialpädagogik Fachkräfte für die Jugendhilfe aus – für jene Orte, die im Alltag oft einfach „Heime“ genannt werden. Doch hinter dieser nüchternen Bezeichnung verbirgt sich ein komplexes, sensibles und zugleich höchst wichtiges Arbeitsfeld: Hier geht es um Alltagsbewältigung, Förderung und die enge Zusammenarbeit mit den Eltern. „Dieses Arbeitsfeld ist eine große demokratische Errungenschaft“, sagt Mechthild Denzer, ehemalige Leiterin der privaten Schule. „Noch immer halten viele das alte Bild der ‚schlechten Jugendhilfe‘ im Kopf. Doch das hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert. Familien haben ein Recht auf Erziehungshilfe, gewaltfreie Erziehung und Bildung. Und genau das leisten wir – in Kooperation mit den Einrichtungen und den Familien. Das sollte die breite Öffentlichkeit unbedingt erfahren.“
Unterstützt wird diese Botschaft auch von einem Dokumentarfilm, der im Sommer für Furore sorgte: „Im Prinzip Familie“. Ein Jahr lang begleitete das Filmteam eine intensivpädagogische Wohngruppe in Brandenburg. Es entstehen eindrückliche Einblicke in die Herausforderungen und Chancen stationärer Hilfen zur Erziehung. Alltagsnah und mit viel Authentizität zeigt der Film, wie komplex Jugendhilfe ist, auch wenn Denzer hinzufügt: „Man hätte die fachliche Dimension noch etwas stärker herausarbeiten können.“
Ein weiterer Trend zeigt, dass der Beruf zunehmend auch für Männer attraktiv wird. Im Saarland gibt es derzeit etwa 1.000 Plätze für Kinder, die vorübergehend nicht bei ihren Familien leben können, bundesweit sind es schätzungsweise rund 15.000 – in ganz unterschiedlichen Betreuungsformen. Allen gemeinsam ist, dass die jungen Menschen besondere Förderung erhalten und dass die Eltern aktiv eingebunden werden. „Die Eltern sind heute Teil der neuen Lebenssituation, sie stehen nicht mehr außen vor“, betont Denzer.
Mit Hilfe das eigene Leben selbst gestalten lernen
Die Aufgabe der Erzieherinnen und Erzieher ist es, Jugendliche zu stärken, ihnen Halt zu geben und sie auf das weitere Leben vorzubereiten. „Erfolgserlebnisse sind entscheidend. Zu merken: Ich bin wer und etwas wert“, erklärt Denzer. Ein eindrucksvolles Beispiel liefert ein Musikprojekt, das die KFS zusammen mit dem BVKE im vergangenen Sommer initiiert hatte und das Jahr für Jahr an verschiedenen Orten in Deutschland stattfindet: Innerhalb einer Woche lernen Jugendliche, die bisher kaum Berührungspunkte mit Musik hatten, ein Instrument so zu spielen, dass sie am Ende gemeinsam auf der Bühne stehen und zeigen können, was sie erreicht haben. „Solche Momente sind der Schlüssel für ein besseres Leben“, sagt Denzer. Mitgewirkt bei besagtem Musikprojekt hat auch Micha Madjde-Teimouri, der von seiner Ausbildung berichtet und erklärt, warum ihn die Arbeit in der Jugendhilfe so sehr fasziniert.
Das Ziel der Jugendhilfe bleibt immer dasselbe: Kind und Eltern sollen nach Möglichkeit wieder zusammenfinden. „Wir sind Lebensabschnittspartner. Die Erzieher ziehen sich über kurz oder lang zurück. Die Familien sollen gemeinsam weitermachen. Wo das nicht klappt, helfen wir bei der Verselbstständigung“, erklärt Denzer.
Ein Blick in eine intensivpädagogische DBT-A-Wohngruppe verdeutlicht, wie eng Alltag und Betreuung miteinander verwoben sind. Wir erleben, wie die Jugendlichen miteinander umgehen, wie viel Engagement und Einfühlungsvermögen die Betreuer rund um die Uhr leisten und wie individuelle Förderung aussehen kann. Dr. Stefan Eisenbeis, Leiter des Margaretenstifts Saarbrücken, erläutert dieses besondere Wohn- und Therapieangebot und spricht über den Status der Jugendhilfe im Allgemeinen. Patrick Jochum, Leiter des Landesjugendamtes Saarland, beleuchtet Chancen, Herausforderungen und die Erwartungen an Politik und Gesellschaft.
Die Fachschule, die hier nur exemplarisch genannt wird, Filme wie „Im Prinzip Familie“ und Initiativen wie Musikprojekte zeigen deutlich: Jugendhilfe ist weit mehr als ein Heim. Sie ist Förderung, Kooperation, Lebensbegleitung – und vor allem ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche erfahren, dass sie etwas wert sind und ihr Leben selbst gestalten können.