Wer im Ronald McDonald Haus Homburg ankommt, merkt: Hier können Gäste zur Ruhe kommen und Kraft schöpfen. Eltern von schwer kranken Kindern wohnen dort während des Klinikaufenthalts in freundlich eingerichteten Apartments.
An einem Vormittag Mitte September sitzen die beiden frisch gebackenen Adoptiveltern Daniele und Stefanie L. (Name der Redaktion bekannt) in der Gemeinschaftsküche des Ronald McDonald Hauses Homburg. Das moderne, helle Gebäude liegt mitten auf dem Gelände des Universitätsklinikums, wenige Hundert Meter von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin entfernt. Das Ehepaar erzählt von seinem Sohn Jacob, der gerade erst sechs Monate alt ist und innerhalb von vier Wochen zweimal in stationäre Behandlung musste. Der Säugling ist mit einem Gendefekt zur Welt gekommen und hat einen Herzfehler, genau genommen sind in seiner Herzscheidewand zwei Löcher. „Das untere ist mittlerweile besser, das obere muss noch behandelt werden, aber erst, wenn er ein bisschen älter ist“, sagt Stefanie. Und als wäre diese Tatsache allein für die Eltern nicht besorgniserregend genug, machte dem Kleinen eins seiner Augen Probleme. „Da ein Auge etwas größer ist als das andere, hatte er leichtes Spiel, sich da hineinzugreifen. Dadurch entzündete sich aber das Auge, woraufhin die Hornhaut in Mitleidenschaft gezogen wurde“, erzählt Jacobs Mama weiter. Schließlich vernarbte die verletzte Stelle und Jacob musste operiert werden. Aus eben diesem Grund sind die Eltern des Kindes wieder in Homburg. „Wir hätten ohnehin diese Woche eine Menge Termine an der Uniklinik gehabt“, sagt Stefanie.
„Wir fühlen uns hier richtig wohl“
Keine Frage: Für die junge Familie bedeutet es eine spürbare Entlastung, dass sie in der Zeit, während der kleine Jacob auf Station liegt, in einem der 14 Apartments im Ronald McDonald Haus wohnen können. „Wenn Jacob wieder auf der Normalstation liegt, geht einer von uns mit rüber und einer kann hierbleiben“, so Jacobs Mama. An dem Tag, als sie das erzählt, wurde der Junge von der Kinder-Intensivstation auf die Kinder-Kardiologie-Station verlegt. Besonders froh sind die Eltern des kleinen Jungen, dass sie während der Kliniktermine nicht zwischen Homburg und ihrem Zuhause hin- und herpendeln müssen, sie in ihrem Zimmer in Ruhe duschen können und sich dort zurückziehen können, wann immer sie das Bedürfnis haben. „Wir fühlen uns hier wirklich wohl. Es ist eine tolle Einrichtung, die wir nur all denen empfehlen können, die ein krankes Kind haben“, sagt sie. Ohne den unermüdlichen Einsatz der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten wohl alle anfallenden Aufgaben rund um das Ronald McDonald Haus Homburg nicht gestemmt werden. Tanja Meiser hat seit 13 Jahren die Leitung des Hauses inne, zusammen mit ihrer Assistentin und Ehrenamtskoordinatorin Julia Gisch und Anja Wilhelm, die für die hauswirtschaftlichen Aufgaben verantwortlich ist, managt sie das „Zuhause auf Zeit“ an 365 Tagen im Jahr.
Als Tanja Meiser die Leitung des Hauses übernahm, konnte der Standort Homburg auf sieben Jahre zurückblicken – in diesem Jahr feierten Tanja Meiser zusammen mit ihrem Team sowie die McDonalds Kinderhilfe Stiftung, der verantwortliche Träger des Hauses in Homburg, die Schirmherren und der Freundeskreis das 20-jährige Bestehen. „Vor 20 Jahren wurde das Ronald Elternhaus in Homburg als das damals 15. Ronald McDonald Haus in Deutschland eröffnet“, sagt Adrian Köstler, Vorstand der McDonald’s Kinderhilfe Stiftung mit Sitz in München. „Heute, 20 Jahre später, ist das Ronald McDonald Haus aus Homburg nicht mehr wegzudenken. Das verdeutlicht vor allem eine Zahl: Insgesamt haben hier mehr als 4.500 Familien gewohnt. Diese Zahl erfüllt mich und das gesamte Team vor Ort mit Stolz und ist Ansporn, auch weiterhin so vielen betroffenen Kindern und Eltern wie möglich zu helfen. Jedes Mal, wenn ich selbst vor Ort bin, erlebe ich das Elternhaus dank des engagierten haupt- und ehrenamtlichen Teams als einen Ort der Wärme und Herzlichkeit, der den Familien einen sicheren Hafen in einer schweren Zeit bietet. Hierfür arbeiten wir tagtäglich eng mit dem Universitätsklinikum des Saarlandes zusammen, um gemeinsam die bestmögliche Situation für die Familien zu schaffen.“
In dem Jahr, als Tanja Meiser die Leitung übernahm, wurde der herzkranke Junge Matteo geboren. „Wir haben die Familie über viele Jahre begleitet“, erzählt Tanja Meiser. Irgendwann kam ein Anruf von der Familie: Da Matteo dringend auf ein Spenderherz angewiesen war, werde sie bald für längere Zeit ins Ronald McDonald Haus einziehen. Dass die Familie mehr als zwei Jahre in Homburg wohnen würde, konnte zu dem Zeitpunkt niemand voraussehen. „Sein Herz war damals so geschwächt, dass ihm ein neues transplantiert werden musste“, sagt Tanja Meiser. Die Hausleiterin erinnert sich ganz genau an den Abend, als sie auf ihrem Handy eine Nachricht empfing: „Ich war zu Hause, als vom Vater die Nachricht mit der Betreffzeile ‚Es ist soweit‘ kam.“ Sofort wusste sie, was los war: Es war ein Spenderherz für Matteo gefunden worden, er musste mit einem Krankentransport nach Gießen gefahren werden, sein Vater fuhr mit der Bahn hinterher. Nach geglückter Transplantation konnte Matteo weiterleben. Und es gibt noch viele andere berührende Familiengeschichten. Zum Beispiel wohnte vor vielen Jahren eine Familie mit Zwillingen im Haus. „Einer von den Zwillingsbrüdern war herzkrank, die Eltern haben auch sehr um ihr Kind gekämpft. Wir haben mit ihnen viele Hochs und Tiefs erlebt“, erzählt Tanja Meiser. Sie und ihre Kolleginnen haben mitgefiebert, ob er es schafft. „Er hat es geschafft. Heute ist er ein großer Junge, er wird dieses Jahr elf“, sagt sie. Und weil die Eltern des Jungen sich für die Zeit im Ronald McDonald Haus bedanken wollten, organisierten sie im vorigen Jahr einen Spendenlauf an der Schule ihres Sohnes. „Die Spenden gingen zu unseren Gunsten. Wir bekommen auch viel von den Eltern zurück, auch nach so langer Zeit“, erzählt Tanja Meiser.
Das Projekt ist auf Spenden angewiesen
Überhaupt gibt es immer wieder viele schöne Aktionen, um das Haus finanziell zu unterstützen. So haben zum Beispiel die Wirtschaftsjunioren Saarland vor einigen Jahren ein Kochbuch herausgebracht, in dem unter anderem Cliff Hämmerle und andere renommierte Köche der Region Rezepte beigesteuert hatten. Der Erlös des Verkaufs floss dem Ronald McDonald Haus zu. Oder die Saarländerin Monika Gaab, die sich seit 14 Jahren für das Ronald McDonald Haus engagiert und zusammen mit zahlreichen Unterstützern bisher mehr als 15.000 Euro gesammelt hat, wie die „Saarbrücker Zeitung“ im Januar berichtete.
Während bei Tanja Meiser im Homburger Haus alle Fäden zusammenlaufen und sie sich auch Zeit nimmt, um für die Gäste da zu sein, empfängt Julia Gisch die neu ankommenden Familien, führt sie zu den Apartments und erklärt die Hausregeln. Täglich ist die Assistentin der Hausleitung im Austausch mit der Intensivstation, Frühchenstation und Kardiologie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinderklinik weisen die betroffenen Eltern von Frühchen und herzkranken Kindern darauf hin, dass es uns gibt. Letztlich entscheiden sie auch, welche Eltern zu uns kommen. Wenn die Eltern hier bei uns sind, können sie sich ganz frei bewegen“, sagt Julia Gisch, die jederzeit ein offenes Ohr für die Anliegen und Probleme der Gäste hat. Das Besondere am Ronald McDonald Haus Homburg ist: Die ganze Familie kann hier zusammenbleiben. Geschwisterkinder dürfen mitgenommen werden, und wenn es der gesundheitliche Zustand zulässt, dürfen auch die erkrankten Kinder mit ins Haus.
Einmal die Woche ein Verwöhn-Abend
Zwar logieren die Eltern während des Klinikaufenthalts ihres Kindes im Ronald McDonald Haus kostenfrei, doch verpflegen müssen sie sich weitestgehend selbst. An zwei Tagen in der Woche allerdings werden sie kulinarisch verwöhnt – jeden Dienstag und Donnerstag. Dienstagmorgens bereitet das Ehrenamtler-Team ein leckeres Frühstückbüffet vor. Jeden Donnerstagabend wird für erwachsene und heranwachsende Gäste ein leckeres Verwöhn-Abendessen gekocht. Auch hier kommen wieder die ehrenamtlichen Mitarbeiter ins Spiel und der ehemalige Handballprofi Christian „Blacky“ Schwarzer. Vor 13 Jahren übernahm der 55-Jährige die Schirmherrschaft des Ronald McDonald Hauses in Homburg. Der Ex-Nationalspieler Miroslav Klose ist ebenfalls Schirmherr. Als Christian Schwarzer vor Jahren bei einer Charity-Veranstaltung des Hauses eingeladen war, fragte ihn die Präsidentin des Freundeskreises des Ronald McDonald Hauses, Siegrid Getrey-Hagmaier, ob er dieses Ehrenamt ausüben wolle. „Ich habe Ja gesagt, weil ich mich verpflichtet fühle, etwas zurückzugeben“, erklärt Christian Schwarzer. Außerdem findet er, dass es eine „tolle Einrichtung ist, die Familien ermöglicht, in einer schweren Zeit nah bei ihren Kindern zu sein“. Dabei ist Christian Schwarzer kein Schirmherr, der es dabei belässt, nur seinen Namen herzugeben. Immer wieder hängt er sich rein, so etwa bei Spendenläufen zugunsten der Einrichtung in Homburg, wie zuletzt bei einem Event der Saarland-Versicherung und auch bei Schul-Spendenläufen. An Tagen des Verwöhn-Abendessens steht er an Grill und Herd, etwa wenn er zusammen mit Kollegen des Niederwürzbacher Männerkochclubs „Heißer Löffel“ ein Barbecue mit Burgern für die Eltern brutzelt. „Da das Ehrenamt langsam ausstirbt und die jüngeren Generationen nicht mehr so viel daran haben, finde ich es wichtig, mit gutem Beispiel voranzugehen“, sagt der prominente Schirmherr.
Wie wichtig die Unterstützung seitens der insgesamt 20 Ehrenamtskräfte ist, macht die Tatsache deutlich, was die 17 Frauen und drei Männer alles im Haus leisten. Das fängt an beim Saubermachen der Gemeinschaftsküche und der Kaffeemaschine, geht über das Dekorieren der Tische und Fenster, verschiedene Gartenarbeiten, Fensterputzen, Bettwäsche waschen und hört auf beim Herrichten der Apartments für die Neuankömmlinge. Eine unter den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen ist Ulrike Thörner, die seit drei Jahren einmal in der Woche das Ehrenamtler-Team verstärkt. Der Assistentin Anja Wilhelm hilft sie in den Apartments, die Betten zu beziehen sowie Möbel und Böden sauber zu machen. An den Verwöhn-Tagen hilft sie sehr gern mit, das Frühstück vorzubereiten. „Wenn ich nach meinem Dienst hier rausgehe, habe ich das Gefühl, etwas richtig Gutes getan zu haben“, erzählt die 59-Jährige. Die ehrenamtliche Arbeit im Ronald McDonald Haus, sagt Ulrike Thörner, erfüllt sie. „Die Ehrenamtler sind auch wertvoll, denn jeder Einzelne bringt sich menschlich ins Haus ein. Das bereichert uns immer wieder in unserem täglichen Tun“, sagt Tanja Meiser. Neben dem Team der Ehrenamtler sind je nach Bedarf und Verfügbarkeit auch zehn Zeitspender im Einsatz.