Die Medienbranche befindet sich im Wandel, digitale Inhalte sind jederzeit verfügbar und ersetzen die klassischen Abendnachrichten oder den Film im Fernsehen. Was kann man der stetig wachsenden Konkurrenz entgegensetzen? Unverwechselbare Angebote – so das Rezept von Anke Schäferkordt, Geschäftsführerin der Mediengruppe RTL Deutschland.
Frau Schäferkordt, mit ihrem Nachrichtensender n-tv feiert die Mediengruppe RTL in diesen Tagen 25-jähriges Jubiläum. Ein Vierteljahrhundert voller Veränderungen!
n-tv ist ein Vorbild dafür, wie man eine Medienmarke in das digitale Zeitalter führen kann. Wenn Sie heute an n-tv denken, dann denken Sie nicht nur an lineares Fernsehen, sondern auch an Digitalangebote, an die App auf dem Smartphone oder dem Tablet, an Car-Entertainment-Systeme oder an Amazon Echo. Wir sind mit der Marke n-tv und ihren Inhalten wie Nachrichten und Wirtschaftsberichterstattung überall präsent.
Das lineare Fernsehen, bei dem sich der Zuschauer zu einer bestimmten Uhrzeit vor dem Fernseher einfinden muss, wird gerade bei jungen Leuten eher unbeliebter. Heißt das, dass man Zuschauer nun mit digitalen Angeboten binden kann?
Es ist schon so, dass ein Großteil der Bewegtbildnutzung in Deutschland nach wie vor über lineares Fernsehen erfolgt. Aber Sie haben Recht: Je jünger die Zielgruppe ist, desto mehr wird auf digitalen Endgeräten und auch non-linear, also auf Abruf, konsumiert. Daher haben wir uns als Mediengruppe RTL frühzeitig vom TV- zum Bewegtbildanbieter für alle Plattformen gewandelt. Für uns war es daher selbstverständlich, auch mit unserer Nachrichtenmarke auf allen Plattformen und Endgeräten präsent zu sein und je nach Zielgruppe und Gusto die Informationen so zur Verfügung zu stellen, wie man sie konsumieren möchte.
Funktioniert das?
Das funktioniert sehr gut. Schauen Sie sich einmal an, wie attraktiv n-tv heute auch für eine junge Zielgruppe auf dem mobilen Endgerät ist: Wir gehören mit n-tv immer zu den Top5-Nachrichtenangeboten in der digitalen Nutzung. Ich glaube, da kann man wirklich sagen, dass n-tv den richtigen Weg beschritten hat.
Im Werbemarkt dominiert der Bereich Online. Grund zur Sorge?
Im Onlinebereich sind sehr viele Segmente zusammengefasst. Die höchsten Erlöse werden dort mit „Search" erzielt, ein Bereich, in dem kaum ein deutscher Player präsent ist. Bei den klassischen Medien ist TV – übrigens inklusive seiner Digitalaktivitäten – klar dominant. Aber sicher ist die sehr starke Marktposition der amerikanischen Player Google und Facebook im digitalen Werbemarkt etwas, vor dem deutsche Publisher Respekt haben müssen.
Sprechen wir über Netflix und Amazon Prime Video: Noch gibt es diesen Bezahl-Angeboten keine Werbung. Haben Sie Angst, dass das demnächst passieren könnte?
Angst ist selten ein guter Berater, Respekt sollten wir vor allen Wettbewerbern haben. Amazon Prime und Netflix spielen in einem anderen Segment als unsere Free-TV-Angebote. Sie sind rein non-linear unterwegs und ein Pay-Angebot. Bis dato hat keiner dieser Player Angebote im Werbebereich, also stehen wir hier nicht in Konkurrenz. Allerdings stehen wir natürlich im Wettbewerb um die Gunst der Zuschauer. Da sind die Streaming-Angebote wiederum in der jungen Zielgruppe Wettbewerber, die wir absolut ernst nehmen.
Legen Sie deswegen den Schwerpunkt im Gegensatz zu Netflix und Amazon mehr auf deutsche Inhalte – um den Wettbewerbern zu begegnen?
Unsere Strategie, auf Eigenproduktionen zu setzen, ist zwar keine Reaktion auf die Angebote von Streaminganbietern. Dennoch ist sie natürlich ein Unterscheidungsmerkmal, weil Sie deutsche Produktionen im fiktionalen und non-fiktionalen Bereich oder in der Information bei Amazon Prime oder Netflix nur in ganz kleinem Umfang oder gar nicht bekommen. Wir haben uns bereits vor einigen Jahren entschieden, verstärkt auf exklusive, unverwechselbare Inhalte zu setzen, die nur bei uns zu sehen sind. Sie erhöhen in einer sich fragmentierenden Medienwelt mit einer immer größeren Anzahl an Angeboten die Aufmerksamkeit für unsere Sendermarken. Und sie werden wichtiger, weil wir mit ihnen eigene Verwertungsrechte über alle Plattformen generieren können.
Sie waren ja bis vor Kurzem Vorstand der Muttergesellschaft RTL-Group und der Mediengruppe Deutschland. Seit März beschränken Sie sich ausschließlich auf Deutschland – wieso das?
Ich bin der festen Überzeugung, dass sowohl die RTL Group als auch die Mediengruppe RTL Deutschland im Zuge der immer schneller werdenden Veränderungen ungeteilte Konzentration von den CEOs braucht. Denn unser Geschäft wird zunehmend fragmentierter, kompetitiver und technologiegetriebener. Darum war das der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt – sowohl für mich, als auch für die RTL Group in Luxemburg und die Mediengruppe RTL Deutschland. Das heißt nicht, dass ich den Job bei der RTL-Group nicht wahnsinnig gerne gemacht habe. Ich habe viel gelernt, ich habe hervorragend mit meinem Co-CEO Guillaume de Posch zusammengearbeitet.
Aber jetzt galt es, sich zu konzentrieren, und das habe ich getan.