Bluetooth-Kopfhörer werden immer beliebter – leider meist auf Kosten des Klangs. Doch das muss nicht sein: Der Qualcomm aptX-Codec überträgt in CD-Qualität.
Smartphones oder gar portable Hi-Res-Player wie der von FORUM bereits getestete Onkyo DP-X1 können heute auch mobil eine Tonqualität liefern, die höchsten Ansprüchen genügt. Die Hi-Fi-Kopfhörer-Hersteller haben ebenso den Markt für Musikgenuss unterwegs erobert und bieten besonders kompakte und auch den Umgebungslärm abschirmende Modelle an.
Bleibt nur noch das Problem, dass sich mancher Mobil-Hörer regelmäßig in den Kopfhörer-Kabeln verheddert – oder der Vordermann beim Aussteigen aus der U-Bahn mit dem Rucksack am Kabel hängen bleibt, das neue iPhone so aus der Jackentasche gerissen wird und im Gleisbett landet. Drahtlose Tonübertragung über Bluetooth heißt die Lösung.
Bose hat dazu sogar extra Teststationen bei vielen Unterhaltungselektronikhändlern aufgebaut: Die Drahtlos-Kopfhörer liegen bereit, um sie an das eigene Smartphone ankoppeln und mit der eigenen Musik testen zu können. iPhone-Nutzer sind begeistert, Smartphone-Besitzer mit Android-Geräten verziehen dagegen das Gesicht. Warum?
Nun, die Standard-Bluetooth-Audio-Übertragung wurde einst zum Telefonieren entwickelt. Musik, gar in Stereo, kam erst später hinzu, und die Datenraten waren für eine verlustfreie Übertragung nicht hoch genug. Ist Musik bereits auf dem Smartphone komprimiert gespeichert, beispielsweise als MP3, muss sie erst entpackt und für die Bluetooth-Übertragung erneut in einem anderen Verfahren komprimiert werden. Das hört man.
AAC, der Standard, mit dem Musik im Apple iTunes-Store komprimiert ist, kann von einigen Geräten auch direkt über Bluetooth zum Kopfhörer übertragen und erst dort entpackt werden. Damit entfällt das die Tonqualität deutlich verschlechternde Ent- und Neukomprimieren. Apple iPhones und Bose-Blue-tooth-Kopfhörer beherrschen dieses Verfahren. Auf Android-Geräten ist es dagegen nicht üblich.
Dafür können viele Android-Smartphones aptX, eigentlich ein altes, verlustarmes Verfahren aus dem ISDN-Zeitalter, noch vor MP3 entstanden und heute für Bluetooth adaptiert. Die Patente wurden von Qualcomm aufgekauft –
dem wichtigsten Chiplieferanten der Smartphone-Branche. Deshalb ist aptX in viele Smartphones bereits integriert, die Qualcomm-Chips verwenden.
aptX hat den Vorteil, mit höherer Datenrate nur wenig zu komprimieren, dadurch nicht nur gut klingend, sondern auch energieeffizienter zu sein und eine geringere Verzögerung (Latenz) zu haben. Das freut Spieler, doch auch bei Telefonaten ist dies angenehm. Gerade die recht bekannten Bose-Kopfhörer und Apple-Geräte haben jedoch keine aptX-Hardware eingebaut. Ohne diese geht es aber nicht – aptX kann nicht per Software nachgerüstet werden.
Noch kein HiRes-Standard
In einem schon einige Jahre alten Sony Z3 findet sich aptX dagegen ebenso wie im erwähnten Onkyo DP-X1. Ebenso in vielen Kopfhörern, wie denen von Ultrasone, in diesem Fall übrigens als recht pfiffige Lösung, als nur zwölf Gramm leichtes Ansteckmodul „Sirius": Dieses muss nur anstelle des Kabels an einen eigentlich nicht Bluetooth-fähigen Kopfhörer angesteckt werden. Prinzipiell kann das Modul auch an anderen Kopfhörern genutzt werden, aber an die Ultrasone-Performance-Reihe ist es auch mechanisch angepasst. Einzeln kostet es knapp 140 Euro, zusammen mit einem Ultrasone-Kopfhörer reduziert sich der Aufpreis bis auf 90 Euro.
Neben der Bluetooth-aptX-Fähigkeit enthält der Sirius-Adapter auch Tasten zum Steuern des Abspielgerätes und ein Mikrofon. Der Kopfhörer wird zum Headset, und es kann nun auch dann drahtlos telefoniert, konferiert oder gespielt werden, wenn der Kopfhörer eigentlich nur zur Wiedergabe von Musik ausgerüstet ist. Erst nach zwölf Stunden Dauerbetrieb oder 160 Stunden Stand-by muss das Sirius-Modul über ein Adapterkabel wieder in einer Stunde an einem USB-Anschluss geladen werden.
An einem Ultrasone Performance 880 (Listenpreis knapp 380 Euro) hat FORUM den Sirius-Adapter und aptX getestet. Zunächst einmal solo, per Kabel an den Smartphones angeschlossen. Der Kopfhörer spielt hier qualitativ deutlich oberhalb seiner Liga – andere mit dieser Tonqualität kosten um einiges mehr. Der Anpressdruck ist deutlich höher als bei Kopfhörern für den stationären Einsatz zu Hause, was die Dämpfung von Umgebungsgeräuschen und vor allem den sicheren Sitz bei der mobilen Nutzung verbessert, den Tragekomfort dafür etwas reduziert. Auch mit Brille war der Druck zumindest über ein bis zwei Stunden am Stück noch gut auszuhalten, und im Winter erspart der Performance 880 zudem Mütze oder Ohrwärmer.
Gegenüber Kopfhörern mit aktiver Geräuschunterdrückung (ANC: Active Noise Suppression) stören tiefe Frequenzen (Flugzeugtriebwerke, Zugrumpeln, Sitznachbarn mit tiefer Stimme) allerdings wesentlich mehr, obwohl der Performance 880 die Umgebung prinzipiell gut abschirmt. Ultrasone bietet keine Kopfhörer mit aktiver Geräuschunterdrückung an, weil diese die unverfälschte Musikwiedergabe beeinträchtigen kann, wie alle Signalprozessoren. Allerdings ist sicherlich auch die Patentlage hinderlich: Die guten ANC-Verfahren „gehören" Bose, Sennheiser und Sony. Es kommt also etwas auf die persönliche Verwendung an, ob man dem guten Klang zuliebe auf ANC verzichten kann oder nicht.
Der Sirius-Adapter funktionierte im Test hervorragend. Er wird von den Musikspielern unproblematisch und schnell erkannt, wobei auch angezeigt wird, dass aptX aktiviert und genutzt wird, wenn das Gerät dies bietet. Neben der guten Klangqualität fällt auch der deutlich reduzierte Stromverbrauch auf, weil für aptX keine so aufwendige Umkodierung notwendig ist. Damit hält der Akku des Smartphones oder MP3-Spielers genauso lange wie bei Anschluss über Kabel.
Nur die Reichweite konnte nicht überzeugen: Statt der vom Hersteller versprochenen 20 Meter gab es bereits Aussetzer, wenn sich Kopfhörer und Abspielgerät auf unterschiedlichen Seiten des Benutzers befanden. Allerdings stand FORUM eins der ersten Muster des Adapters zum Test zur Verfügung. Es ist also zu hoffen, dass die Seriengeräte besser arbeiten.
aptX ist noch kein HiRes-Standard. Er bietet nur CD-Qualität mit 44 kHz und 16 Bit, keine höheren Taktraten oder 24 Bit. Wer die bessere Wiedergabemöglichkeiten des Onkyo DP-X1 oder anderer HiRes-Player ausreizen will, muss diesen doch wieder über Kabel anschließen, was beim Ultrasone Performance 880 ja kein Problem ist, oder auf Geräte mit dem erweiterten Standard aptX HD warten. Diese lassen sich gegenwärtig allerdings noch an einer Hand abzählen, und Onkyo DP-X1 oder Ultrasone Sirius gehören leider nicht dazu.