Der 1. FC Saarbrücken hat nun Planungssicherheit. Und die kommende Saison wirft ihre Schatten voraus. Der schwache Auftritt beim 0:3 gegen den FC Magdeburg spielt dabei nur eine Nebenrolle.
Will man die Situation des 1. FC Saarbrücken beschreiben, dann kann man auf ein Zitat des amerikanischen Schriftstellers Napoleon Hill zurückgreifen: „Ein Ziel ist ein Traum mit einem Verfallsdatum“. Nach der 0:3-Niederlage gegen den 1. FC Magdeburg ist der FCS in der Realität angekommen. Sportlich ist sie besser, als es die erwartungsgemäß hysterischen Reaktionen eines Teils des chronisch unzufriedenen Umfelds erwarten ließen. Mit 56 Punkten haben die Blau-Schwarzen immer noch gute Chancen, die bisherige Drittliga-Bestmarke von 59 Zählern aus der Saison 2010/2011 zu erreichen. Ohnehin hat der Aufsteiger das selbst gesteckte Ziel von 50 Punkten längst erreicht. Die 0:3-Niederlage gegen den FCM, in dieser Form eine der Top-Mannschaften der 3. Liga, zeigt aber auch deutlich, dass für den FCS entgegen vieler Behauptungen nicht mehr drin gewesen wäre. Um in dieser Liga Spiele zu gewinnen, benötigt der Kader personelle und physische Bestform. Davon ist er seit Wochen weit entfernt. Noch-Trainer Lukas Kwasniok musste abermals schmerzlich erfahren, dass Undank der Welten Lohn ist. Vor Wochen sorgte er mit einer taktischen Meisterleistung dafür, dass der FCS überraschend gegen Aufstiegsanwärter 1860 München gewann. Damals stellte er erstmals auf eine Dreierkette um, fungierte Außenstürmer Maurice Deville zum Verteidiger um. Ähnlich sollte der Plan gegen die extrem starken Elb-Städter sein. Dem Gegner den Ball überlassen und kontern. Diesmal wurde Top-Scorer Nicklas Shipnoski zurückgezogen. Doch das Konzept ging nicht auf. „Es hat nicht an der Taktik gelegen, wir haben nach zwei Spielen mit 9:0-Toren gedacht, es würden 85 Prozent reichen. Wir haben heute gesehen, dass es eben nicht so ist“, sagte der Trainer, der in der Halbzeit förmlich explodiert sein soll. „Mit der Taktik hat das nichts zu tun. Wir haben einfach ein schlechtes Spiel gemacht. Man hätte das Gefühl, dass wir den Zweikämpfen aus dem Weg gegangen sind. Magdeburg war einfach besser“, sagte Kapitän Manuel Zeitz und fügte fast flehend hinzu: „So ein Spiel muss man uns auch mal zugestehen.“ Abschenken will man die kommenden drei Spiele in Ingolstadt, gegen Meppen und in Zwickau nicht. „Wir haben uns vorgenommen, jedes Spiel zu genießen. Wir haben lange darauf gewartet, in der 3. Liga spielen zu können und haben nie etwas vom Tabellenstand abhängig gemacht“, sagte Zeitz.
Nun stehen die Planungen für die kommende Runde an. Coach Kwasniok wird den Verein verlassen, auch weil ihm der Glaube fehlt, mit der bisherigen Mannschaft eine solche Saison wiederholen zu können. Nicklas Shipnoski, nach allen Statistiken bester Außenspieler der Liga, wird eine Etage höher wechseln. Bei Marin Šverko deutet sich ebenfalls ein Abschied an, auch wenn dessen Ablösesumme etwas höher liegt. Der neue Trainer Uwe Koschinat sprach kürzlich davon, dass mit Torwart Daniel Batz, Kapitän Zeitz, Mittelfeldmann Tobias Jänicke sowie den Saarländern Steven Zellner und Sebastian Jacob eine funktionierende Achse vorhanden sei. Doch auch hinter dieser verbergen sich viele Unwägbarkeiten. Für Torwart Batz gibt es mehrere Interessenten aus höheren Ligen, für den 30-Jährigen wäre es die letzte Chance, noch einmal richtig Geld zu verdienen. Hier wird der Verein abwägen, ob er auf die Erfüllung des noch ein Jahr laufenden Vertrags besteht oder ob er den verdienten Schlussmann gegen eine stattliche Ablösesumme ziehen lassen wird.
Frisches Geld wäre ein angenehmer Nebenaspekt. Vor allem, weil man mit den Führungsspielern Jacob und Zellner nicht sicher planen kann. Der Angreifer, den seine Kniebeschwerden in der Rückrunde wieder eingeholt haben, wird nun aufgrund einer Achillessehnenverletzung wohl bis zum Saisonende ausfallen. Wie schwerwiegend diese ist, hat der Verein bislang nicht kommuniziert, lediglich verlauten lassen, dass der Spieler „mehrere Spezialisten“ konsultieren wird. Noch ungewisser ist die Situation bei Steven Zellner. Gegen Magdeburg musste er nach einer halben Stunde ausgewechselt werden, der 30-Jährige hatte ein Krachen im linken Knie gespürt. Ob es sich dabei wie von der „Saarbrücker Zeitung“ spekuliert, um eine Kreuzbandverletzung handelt, ist zur Stunde noch offen. Bekannt ist aber, dass „Zelle“ seit Monaten nur mit Schmerzmitteln und Spritzen auflaufen kann. Vor 14 Tagen sollte er gegen Waldhof Mannheim geschont werden. Doch da sich Marin Šverko im Abschlusstraining verletzt hatte, und kein gelernter Innenverteidiger mehr zur Verfügung stand, wurde Zellner kurzerhand fit gespritzt. Auch aus diesem Grund hat der künftige Trainer Koschinat Wert darauf gelegt, den Vertrag mit Boné Uaferro zu verlängern. Dies soll in den kommenden Tagen über die Bühne gehen. Der im Winter nachverpflichtete Bjarne Thoelke spielt in den Planungen keine Rolle mehr, er muss abermals operiert werden. So ist die Innenverteidigung die derzeit wohl größte Baustelle.
Auch im Angriff wird frisches Personal benötigt. Namen werden viele gehandelt, jene von Philipp Tietz (Wiesbaden) oder Vincent Vermeij (Duisburg) sind aber eher unrealistisch. Tietz wird mit dem Zweitligisten Darmstadt 98 in Verbindung gebracht, Vermeij zählt zu den Topverdienern beim MSV: „Es ist normal, dass Spieler ihren Marktwert testen. Viele warten auch ab, ob sie einen Verein in der Zweiten Liga finden. Aus unserer Sicht ist es dennoch legitim, dass wir viele Dinge versuchen, auch wenn es finanziell manchmal nicht zu realisieren ist“, sagt Sportdirektor Jürgen Luginger. Sicher scheint mittlerweile, dass die bei Kwasniok nicht unumstrittenen Mario Müller und Maurice Deville unter seinem Nachfolger bessere Karten haben. Einen Linksverteidiger sucht der Verein aktuell nicht und der Luxemburger soll die Nachfolge von Shipnoski auf seiner Wunschposition antreten.
FORUM-Einzelkritik (Bewertet wurden Spieler mit mehr als 20 Minuten Einsatzzeit)
Daniel Batz: Sicher und stark im Eins gegen Eins. Leider mit einem großen Patzer vor dem ersten Gegentor. Note 3-
Mario Müller: In der Viererkette zuletzt stark, vor der Dreierkette mit Problemen. Immerhin ohne größeren Fehler. Note 3-
Marin Šverko: Gute Aktionen, aber leider auch mit einem fatalen Aussetzer. Note 4
Manuel Zeitz: Engagiert, aber irgendwo auch überspielt und mit einem groben Fehler. Note 4
Anthony Barylla: In der Defensive noch einer der besseren, aber auch nicht in Bestform. Note 3-
Nicklas Shipnoski: Warum ihn Coach Kwasniok zum Außenverteidiger umschulte, bleibt ein Rätsel. Versucht die ungewohnte Rolle mit Laufpensum auszufüllen. Viel gelang ihm auch nicht. Note 4
Luca Kerber: Der Youngster mit einer akzeptablen Vorstellung, auch wenn er viel hinterherlief. Note 3-
Tobias Jänicke: Dem Routinier gelang nichts. Viele Fehlpässe und schwaches Zweikampfverhalten. Note 5
Steven Zellner: In der Zentrale bemüht, dann schwer verletzt ausgewechselt. Note 3
Julian Günther-Schmidt: Nach auskurierter Corona-Infektion einfach nicht in Form. Note 5
Minos Gouras: Kein gewonnener Zweikampf, kein festgemachter Ball. Körperlich weit von Drittliga-Robustheit entfernt. Note 5
Maurice Deville: Kam für Zellner und wirkte im Angriffszentrum wie ein Fremdkörper. Note 5
Rasim Bulic: Äußerst engagiert nach seiner Einwechslung, aber auch extrem ungestüm und unüberlegt. Note 4