SUVs sehen bullig aus, sind fürs Gelände aber meist ungeeignet. Nicht bei Subaru: Der japanische Hersteller setzt seit jeher auf den Allradantrieb – mit dem Subaru Solterra nun erstmals als E-Auto.
Wer den Science-Fiction-Film „Starship Troopers" gesehen hat, erinnert sich vielleicht an die Machart: tumbe Ballerei, künstliche Aliens, Raumschiffe im Stil von Plastikmodellen. Was das mit einem Autotest zu tun hat? Nun, das Cockpit des Subaru Solterra sieht ein bisschen so aus wie jenes im Raumschiff. Alles Grau in Grau, eine monströse Mittelkonsole, Plastik-Elemente hinterm Lenkrad.
Der zweite Blick ist versöhnlicher, denn von außen erinnert der Solterra dank seiner markanten Scheinwerfer an frühere Subaru-Modelle. Dabei gibt es auch hier Kunststoff-Elemente, zum Beispiel an den Scheinwerfern, Kotflügeln und den Schürzen. Sie stören aber kaum, weil sie sich ins Gesamtkonzept fügen. Der Solterra ist schließlich nicht irgendein City-SUV, der auf dem ersten Feldweg stecken bleibt. Oh nein! Wie für den japanischen Hersteller typisch, rollt auch dieses Modell serienmäßig mit Allradantrieb. Ein Geländewagen also, der wirklich fürs Gelände gemacht ist.
Und nicht nur das. Zum ersten Mal überhaupt bringt Subaru mit dem Solterra ein Elektroauto auf den Markt. Entwickelt wurde es zusammen mit Toyota. Das dortige Schwestermodell hört auf den kryptischen Namen „bZ4X" und verfügt über andere Scheinwerfer. Ansonsten sehen die Fahrzeuge fast gleich aus. Auch in einem anderen Punkt waren sich die beiden japanischen Konzerne bislang einig: E-Autos? Nein, danke! Selbst in der Werbung machte Toyota aus dieser Einstellung lange keinen Hehl („Ich brauche meine Unabhängigkeit – und keine Ladesäulen"). Umso dringlicher stellt sich nun die Frage, wie ernst es die Japaner mit der E-Mobilität meinen.
Vom „Starship Troopers"-Armaturenbrett mal abgesehen, zeigt der Innenraum keine Besonderheiten. Die Gänge lassen sich – wie bei vielen E-Autos üblich – mithilfe eines Drehrads einstellen. Ein 12,3-Zoll-Bildschirm zeigt eine übersichtliche Navi-Karte an. Die wichtigsten Funktionen (Lautstärke, Temperatur, Fahrmodus) sind zusätzlich über Knöpfe erreichbar. Das erleichtert die Handhabe und stellt einen Vorteil im Vergleich zur Konkurrenz dar: Bei Tesla beispielsweise muss man fast alles über einen Touchscreen steuern; bei VW dominieren unhandlich-glatte Touch-Felder.
Beim Ausparken folgt die zweite freudige Überraschung: eine hochauflösende, serienmäßig verbaute 360-Grad-Rückfahrkamera. So gelingt das Manöver in dem 4,70 Meter langen Gefährt ohne Probleme. Leise und angenehm gefedert gleitet der Solterra über die Bonner Schlagloch-Pisten. Aber kennt er auch den Weg zum Ziel? Probeweise geben wir München ein, woraufhin sich der Solterra bei der Routenplanung erst einmal Zeit lässt. Sprachbefehle versteht er schneller.
Federt über Schlaglochpisten
Obwohl der Solterra nur eine Norm-Reichweite von 440 Kilometern hat, schlägt er keine Ladestopps für die 600 Kilometer lange Strecke vor. Zugegeben, dieses Manko haben auch viele andere E-Autos. Bei einem Modell, das über 60.000 Euro kostet, darf man ein solches Feature aber schon erwarten. Doch nicht nur an der Lade-Planung hapert es. So fehlt sogar jeglicher Hinweis, dass eine Batterieladung nicht reicht. Ist das wirklich zu viel verlangt?
Testen wir die Stärken des Subarus: Ab ins Gelände! Schnee liegt leider nicht, aber einen steilen, durchgeweichten Waldweg erklimmt der Japaner ohne Probleme. Und es macht sogar richtig Spaß! Je nach Untergrund lassen sich verschiedene Allrad-Modi auswählen, etwa „Schnee/Schotter" oder „Tiefer Schnee/Matsch". Wie erhofft drehen die Räder kein einziges Mal durch. Der maximale Böschungswinkel vorne liegt bei 17,7 Grad, hinten bei 25,4 Grad – für alle, die es ganz genau wissen wollen.
Drinnen fühlt man sich wie in einem angenehm gepolsterten Kokon. Und erst der Blick nach oben! Auf Knopfdruck fährt der „Himmel" zurück, woraufhin ein Glasdach zum Vorschein kommt – zumindest in der teuersten Ausstattungslinie. Auf den hinteren Sitzen ist ebenfalls Platz genug, was man vom Kofferraum leider nicht behaupten kann. Dieser öffnet sich zwar elektrisch, fällt mit einem Volumen von 441 Litern aber für SUV-Verhältnisse bescheiden aus. Ein Frunk (Stauraum unter der Motorhaube) fehlt ebenfalls. Dafür besteht die Möglichkeit, eine Anhängekupplung nachzurüsten. Sie kann bis zu 750 Kilo tragen.
Gut gelöst wurde die Balance zwischen Sicherheit und Selbstbestimmung. So kommt der Solterra nicht nur mit diversen Kameras, einem Radar-System sowie einem Spurhalte- und Notbremsassistenten daher, sondern auch mit einem Müdigkeitswarner. Dieser schlägt Alarm, wenn der Fahrer längere Zeit nicht auf die Straße schaut. Gleichzeitig kommt nie das Gefühl auf, fremdgesteuert zu werden, da sich fast alles einstellen lässt. Bestes Beispiel: die Rekuperation. Um Energie beim Bremsen zurückzugewinnen, kann man vier verschiedene Modi wählen. In der höchsten Stufe braucht man fast keine Bremse mehr, so stark rekuperiert der Solterra, sobald man vom Strompedal geht. In diesem Punkt hat sich Subaru also durchaus andere E-Autos zum Vorbild genommen. Gar nicht gut sieht hingegen die Batterie-Anzeige aus. Sie zeigt nur einen schwer einschätzbaren Balken und eine Reichweiten-Prognose an. Diese ändert sich je nach Temperatur, Fahrstil und Landschaft aber kontinuierlich. Viel besser wäre eine Prozent-Anzeige.
Kurze Pause an der Schnellladestation. Hier soll der Solterra mit bis zu 150 Kilowatt laden, sprich: in einer halben Stunde zu 80 Prozent voll sein. Nun ja, er soll. In der Realität sind nur knapp über 100 Kilowatt drin, was den kalten Außentemperaturen zuzuschreiben sein dürfte. Noch stärker ins Gewicht fällt die Ladeleistung mit Wechselstrom, also an langsamen Ladestationen, wie man sie auf Parkplätzen oder in der Garage findet. Dort kann der Solterra nur einphasig mit mickrigen sieben Kilowatt laden. In der Branche üblich sind eigentlich elf; manche E-Autos wie der Renault Zoe schaffen sogar 22 Kilowatt.
Wer das Auto sowieso zu Hause lädt, dürfte diesen Unterschied kaum bemerken. Hat man aber keine eigene Wallbox und lädt das Auto nebenbei beim Einkaufen oder beim Kinobesuch, machen ein paar Kilowatt einen beachtlichen Unterschied. Immerhin einen Hoffnungsschimmer gibt es: Subaru verspricht regelmäßige Software-Updates, sodass gewisse Funktionen nachträglich hinzukommen könnten. Verlassen sollte man sich darauf aber nicht.
60.000 Euro sind ein stolzer Preis
Auch die Reichweite liegt deutlich unter den Angaben auf dem Papier. In diesem Fall: mehr als ein Drittel weniger. Der Fairness halber sei erwähnt, dass alle Hersteller mit diesem Problem zu kämpfen haben. Sobald die Temperaturen einstellig werden, reagieren die Hochvoltbatterien empfindlich. Steht das Auto über Nacht im Frost, büßen Reichweite und Ladeleistung nochmals ein – selbst an der „Schnell"-Ladesäule zieht sich die Pause dann wie Kaugummi.
Zuletzt der Preis: Ist der elektrische Subaru 60.000 Euro wert? Was die Gelände-Gängigkeit angeht, auf jeden Fall. Hier haben die Japaner ihren Markenkern ohne Abstriche ins Elektrozeitalter übertragen. Wer aber sein SUV sowieso nur auf Asphalt ausführen möchte, findet bei Mercedes, VW oder Hyundai mindestens ebenbürtige Elektromodelle – zu günstigeren Preisen.