Der amerikanische Tüftler Walter Hurt musste dringend 15 Dollar auftreiben, die er einem Freund schuldete. Deshalb entwickelte er 1849 mal eben – zugunsten seines Gläubigers – die Sicherheitsnadel.
Kaum jemand wird heute noch etwas mit dem Namen Walter Hurt anfangen können. Dabei hat der 1796 in Martinsburg (New York) geborene Mechaniker eine ganze Reihe von bedeutenden Erfindungen gemacht, die ihn im bewundernden Andenken der Nachgeborenen durchaus auf eine Stufe mit Prominenten vom Schlage eines Thomas Alva Edison hätten hieven können. Doch um Ruhm und Ehre scheint es Hurt nie gegangen zu sein, vielmehr war er offenbar von einem regelrechten Tüftel-Virus infiziert. Mehrere Hundert kleine bis große Erfindungen werden ihm zugeschrieben. So hatte er beispielsweise schon 1834 eine Nähmaschine zusammengebastelt. Auf eine Patentanmeldung hatte er allerdings ganz bewusst verzichtet, weil er befürchtete, dass dadurch damals viele Frauen hätten arbeitslos werden können. Letztlich sollte der US-Fabrikant Elias Howe ab 1846 ein Vermögen mit der Nähmaschine machen. Neben der Nähmaschine konstruierte Hurt beispielsweise einen Messerschärfer, eine Flachsspinnmaschine, ein frühes Rechaud (Tischgerät zum Speisenwarmhalten) für Gaststätten, einen gegen das Schieflaufen gesicherten Schuhabsatz, eine Nagelmaschine, eine Apparatur zum Straßenfegen – und eben die Sicherheitsnadel.
Ganz neu war die Erfindung nicht
Die persönliche Tragik Hurts bestand darin, dass er aus der Vielzahl seiner Entdeckungen keinen rechten finanziellen Nutzen für sich ziehen konnte. 1849 war der Tüftler daher mal wieder in echte Bedrängnis geraten. Er schuldete einem Freund 15 Dollar, die dieser möglichst schnell zurückerhalten wollte. Der Legende nach zog sich Hurt daher für drei Stunden in sein stilles Kämmerlein zurück, entwarf zunächst auf dem Papier den Prototypen der Sicherheitsnadel und stellte anschließend mit Hilfe eines Stücks Drahts das erste Modell mit einem Futteral zur Abdeckung der Spitze her. Ganz neu war diese Erfindung streng genommen nicht, schließlich gab es die Vorform der Fibel schon zu Zeiten der alten Griechen und Römer. Mit der Erfindung des Knopfes im Spätmittelalter verloren die Fibeln an Bedeutung und wandelten sich zur reinen Schmuckzierde namens Brosche.
Am 10. April 1849 ließ sich Hurt seine Sicherheitsnadel patentieren und verkaufte das Patent umgehend für 400 Dollar (heute: rund 10.000 Dollar) an seinen Freund. Dieser händigte Hurt nach Abzug der Schulden noch 385 Dollar aus. Was allerdings angesichts der Millionensumme, die der Rechteinhaber schnell mit dem Patent erzielen sollte, kein so gutes Geschäft für Hurt war. Die Sicherheitsnadel sollte ihren Siegeszug antreten, nicht nur im Schneiderhandwerk, sondern auch in der Kinderpflege (Stoffwindeln für Babys).