Wohnmobile liegen im Trend. Ursache für nach wie vor existierende Probleme beim verbauten Zubehör und den Basisfahrzeugen sind lange Lieferfristen – was manchen Interessenten auf die Idee bringt, sein Urlaubsgefährt selbst zu bauen.
Mit eigenem Bett und Küche unterwegs zu sein, das ist für viele Zeitgenossen die präferierte Form des individuellen Urlaubs. Doch der Kauf eines neuen Reisemobils ist mittlerweile eine teure Angelegenheit. Da bietet sich – nicht nur bei schmalerem Geldbeutel – der Selbstbau an, etwa auf Basis eines gebraucht gekauften Kleinbusses, Transporters oder Hochdach-Kombis. Damit kommt man dann vermutlich günstiger weg als beim Kauf eines fabrikneuen Wohnmobils. Zudem kann man das Fahrzeug bei der verbauten Technik, beim Grundriss und den zum Einsatz kommenden Materialien auf die eigenen Ansprüche und Bedürfnisse zuschneiden.
Je nachdem, wie schnell man beim Ausbau ist, kann man möglicherweise sogar schneller in Urlaub kommen, als wenn man auf ein Fahrzeug von einem Reisemobilhersteller wartet. Dort liegen die Lieferzeiten teilweise bei zwei Jahren. Ein weiterer Vorteil offenbart sich bei einer eventuellen Panne im Urlaub. Hat man das Fahrzeug selbst ausgebaut, gestaltet sich die Fehlersuche und deren Behebung oft leichter als bei einem Serienmobil.
Vor dem Umbau mit den TÜV-Prüfern reden
Allerdings gibt es bei einem Aus- oder Umbau einige Vorschriften zu beachten. „Der Anteil der Wohnmobile auf den Prüfgassen von TÜV Süd hat in den vergangenen Monaten ordentlich zugenommen“, berichtet Karsten Graef, Division Mobility beim TÜV Süd. „Das gilt besonders auch für Hochdach-Kombis oder Transporter, die nach einem Umbau zum Wohnmobil zur Begutachtung vorfahren.“ Der TÜV-Verband hat ein überarbeitetes Merkblatt veröffentlicht, das darüber informiert, an welche gesetzlichen Vorgaben man sich halten muss. Karsten Graef dazu: „Sitze, Betten, Kochgelegenheit – das Merkblatt bietet Orientierung und eine Zusammenfassung der geltenden Vorschriften, Richtlinien und Standards. Ganz grundsätzlich ist es trotzdem sinnvoll, die Umbaupläne in einer Fachwerkstatt zu besprechen – auch wenn es online unzählige Umbauanleitungen gibt.“
Empfehlenswert ist auch eine vorherige Kontaktaufnahme mit dem Prüfer, der die Umschreibung vom Transporter oder Pkw zum Wohnmobil vornehmen soll. Das erspart möglicherweise die ein oder andere böse Überraschung, Nacharbeit und Kosten – etwa, wenn es um die verbauten Geräte wie Kocher, Heizung oder Gasanlage geht.
Grundsätzlich gilt: Ein Wohnmobil wird zum Camper, wenn es über Tisch, Bett, Kochgelegenheit und Ablagefächer oder Staumöglichkeiten verfügt. Wer einen entsprechenden Umbau plant, sollte sich vorab Gedanken über seine Bedürfnisse, die Inneneinrichtung, den Platzbedarf, aber auch Reiseziele und die Reisezeit machen. Wer im Sommer alleine oder zu zweit im Süden unterwegs ist, hält sich vermutlich viel draußen auf. Anders sieht das bei Familien mit kleineren Kindern aus, die im Herbst oder Winter im Norden unterwegs sind. Da darf das Fahrzeug schon etwas größer ausfallen, und auch eine Heizung sollte mit an Bord sein.
Zu klären wäre auch die Frage, ob man eher auf Stell- oder Campingplätzen übernachtet oder lieber „frei“ stehen mag, was längst nicht überall erlaubt ist. Wer auf die Infrastruktur und sanitären Einrichtungen eines Campingplatzes zurückgreifen kann, wird vielleicht eher auf eine eigene Dusche verzichten. Ein WC sollte hingegen – und sei es noch so klein – an Bord sein. Montezumas Rache ereilt einen nicht immer in der Nähe eines Restaurants, Cafés oder Campingplatzes, wo man ein WC benutzen könnte.
Für einen Aus- oder Umbau sind grundsätzlich viele Fahrzeuge geeignet. Für Besitzer der am meisten verbreiteten Fahrerlaubnisklasse B sind Fahrzeuge innerhalb der 3,5 Tonnen-Grenze zulässigen Gesamtgewichts interessant. Die unterliegen in Deutschland auf Autobahnen auch keiner Begrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und kommen oft bei Maut- oder Fährstrecken günstiger weg als „Dickschiffe“. Beim Ausbau sollte man auf das Gewicht der Technik und des Möbelbaus achten. Sonst gibt es bei der Zuladung schnell eine böse Überraschung. Das Gewicht sollte man auch beim Fassungsvermögen von Frischwassertanks im Hinterkopf behalten, ebenso bei Gastank oder -flaschen sowie der Größe des Kühlschranks. Auch Zubehör wie Markise, SAT-Anlage, TV, Solarzellen und Bordakkus sowie Wechselrichter bringt etliche Kilos auf die Waage.
Ein Merkblatt listet alle Erfordernisse auf
Wer es geräumiger mag oder mehr Zuladung braucht, der benötigt für Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht einen Lkw-Führerschein – oder den alten Führerschein der Klasse 3 (bis 1. Januar 1999), der das Fahren von Fahrzeugen mit bis zu 7,5 Tonnen erlaubt.
Wer sich für ein großes oder schweres Reisemobil entscheidet, sollte sich vorab über seine Reiseziele klar werden. „In einer süditalienischen Kleinstadt oder auf der Küstenstraße der Calanche wird der Tourist mit dem umgebauten Laster schnell zum Verkehrshindernis und unterliegt vielleicht sogar Fahrbeschränkungen aufgrund der Achslasten“, erklärt Karsten Graef. Auch Länge, Breite, Höhe und zulässiges Gesamtgewicht setzen dem Befahren kleinerer Straßen naturgemäß Grenzen, ebenso sieht es bei Brücken oder Tunneldurchfahrten aus.
Wer auch die Karosserie verändern und sein Fahrzeug vergrößern oder auf andere Weise umbauen möchte, für den gelten vergleichsweise viele und strenge Vorgaben. Hier reicht das Spektrum von der Festigkeit des Aufbaus über die Auswahl der Materialien bis hin zu Einstiegen, Fluchtwegen, Fenstern oder der Belüftung. Die entsprechenden Vorgaben sind im TÜV-Merkblatt detailliert zusammengefasst.
Eine weitere Besonderheit ist der Aufbau von Hoch- oder Aufstelldächern auf Kastenwagen. „Dabei sollte man immer eine Fachwerkstatt miteinbeziehen, weil große Teile der Dachstruktur durchschnitten werden müssen und dabei penibel auf Herstellervorgaben geachtet werden muss“, erläutert Graef. Die Ausführung durch einen Profi hat weitere Vorteile: „Wenn eine Fachwerkstatt das ‚Himmelbett‘ draufgebaut hat, ist gewährleistet, dass das Auto dicht ist, nichts klappert oder knarzt“, sagt Graef. Der Einbau von Fenstern sei dagegen auch für einen versierten Laien machbar. Vorausgesetzt alle Regeln werden eingehalten.
Damit das Fahrzeug zum Reisemobil wird, gehören Tisch, Bett und Stauraum dazu. Beim Innenausbau sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt, bei den Materialien muss auf Brandschutz geachtet werden. Zur Unfallvermeidung dürfen keine Kanten, vorstehende Teile oder enge Durchgänge zu Verletzungen führen. Das gilt auch für die Griffe von Schubladen oder Schranktüren, die nicht hervorstehen und versenkbar sein sollten.
Zur Mindestausstattung im Camper gehört auch eine Kochgelegenheit. Beliebt sind Gaskocher, die fest eingebaut sein müssen. Dabei gibt es einiges zu beachten. Nicht alle Vorschriften sind von einem Laien einfach zu überblicken, daher ist die Bestätigung des sachgerechten Einbaus durch einen Gassachverständigen nach DVGW Arbeitsblatt G 607 erforderlich. Womit auch hier die Fachwerkstatt gefragt ist.
Bei Strom und Gas nur Experten ranlassen
Oft werden, speziell bei kleineren Fahrzeugen, mobile Kocher mit einer Gaskartusche als günstige Alternative verbaut. Diese Kocher sind aber oft weder für den Festeinbau noch für das Kochen im Innenraum geeignet und zugelassen, dürfen also nur außerhalb des Fahrzeugs genutzt werden. Eine weit verbreitete Lösung sind Teleskopschienen, auf denen sich der Kocher so weit aus dem Heck oder einer seitlichen Schiebetür herausziehen lässt, dass er sich außerhalb des Mobils befindet und somit genutzt werden darf. Die geöffnete Heckklappe dient dann als Sonnen- oder Regenschutz. Auch mit Spiritus oder Diesel betriebene Kochstellen sind erlaubt. Wie die Gasvarianten müssen auch sie fest eingebaut sein und den Vorschriften für den Gebrauch in Innenräumen genügen. Für die Luftversorgung gelten dieselben Regeln wie für Zusatzheizungen.
Simple Ausbauten kommen möglicherweise mit einer reinen 12 Volt-Stromversorgung klar. Für die Kaffeemaschine, den Haartrockner oder Fernseher ist eine 230 Volt-Versorgung notwendig. Die wird meist von außen über eine spezielle Steckdose mit Ladestrom gespeist. Das komplette Programm der elektrischen Einrichtung umfasst dann CEE-Eingangssteckdose, FI-Schutzschalter, die Absicherung der 230 und 12 Volt Stromkreise und ein Trennrelais zur Bordbatterie und 12 Volt-Verbrauchern. Alle Kabel müssen (je nach verbauter Länge) mindestens 1,5 Millimeter stark, dreiadrig und aus Kupfer sein. Der Schutzleiter soll fest mit der metallenen Karosserie verbunden sein. Auch beim Strom gilt es VDE-Normen zu beachten. Schon zur eigenen Sicherheit, denn Fehler bei der Installation können zu Überlastungen, Kurzschlüssen und Bränden führen. Daher rät Graef: „Insbesondere bei Strom gilt natürlich: Hier nur die Experten ranlassen.“
Wer nicht über das handwerkliche Geschick oder das erforderliche Werkzeug verfügt, kann für rund 4.000 Euro auf Camping-Boxen oder -Module zurückgreifen. Mit denen lässt sich ein Geländewagen, Kleinbus, Transporter oder Hochdach-Kombi rasch zum Campingfahrzeug umbauen. Diese Boxen können in wenigen Minuten ins Fahrzeug gestellt oder entfernt werden. Sie umfassen in der Regel eine umklappbare Liegefläche für zwei Personen, Spüle, Frisch- und Abwasserkanister, eine Kühlbox und einen kleinen Kartuschenkocher. Also das Notwendigste fürs Übernachten im Fahrzeug. Da die Boxen meist ohne Werkzeug ein- und ausgebaut werden können, gelten sie als Ladung. Sie müssen daher nicht eingetragen werden, der Fahrzeuglenker ist jedoch für ordentliche Verankerung (Stichwort: Ladungssicherung) während der Fahrt verantwortlich.
Fertige Campingboxen für elf Fahrzeugmodelle
Selbst Baumärkte haben mittlerweile die Selbstausbauer als potenzielle Kunden entdeckt. So bietet etwa die Hornbach-Kette in ihren beinahe 100 deutschen Filialen und im Onlineshop unter der Eigenmarke „Buildify“ komplette Möbelbausätze für Transporter an, zu finden unter dem Stichwort „Campingboxen“. Die Module aus gefrästen und unbehandelten Birkensperrholzelementen – etwa eine Heckstaukiste, Bett- oder Staubox-System – kosten ein paar hundert Euro, für etwa 2.000 Euro wird ein Kastenwagen bereits wohnlich. Denn Scharniere, Auszüge, Schrauben und Kleinteile werden im Onlineshop mit aufgelistet, auch eine Bauanleitung ist mit dabei. Zusammenbau und Anstrich übernimmt der Kunde, ebenso die Verankerung beziehungsweise Befestigung im Fahrzeug. Für elf Fahrzeugmodelle hat Hornbach aktuell etwas im Angebot.