Flachbild-Fernseher, Swarovski-Kristalle, Liegesitze: Der BMW i7 klotzt mit Luxus. Doch selbst ein Elektroauto für 200.000 Euro kommt nicht ganz ohne Schwächen aus.
Was für ein Schiff! In die meisten Parklücken passt der 5,40-Meter-Riese nicht rein, eine Tiefgarage steuere ich erst gar nicht an. Also ein paar Runden um den Block: enge Gassen, Wohngebiete, Gegenverkehr. Es erfordert viel Geduld und die Hilfe sämtlicher Assistenzsysteme, ohne Kratzer einzuparken. Erste Erkenntnis: Diese unverschämt lange, über 200.000 Euro teure Luxus-Limousine mag sich auf der Autobahn wohlfühlen – für die Stadt ist sie nichts! Ich sitze im BMW i7, in einem elektrischen Statussymbol, das sich vornehmlich an Geschäftsleute richtet. Die Kommastelle auf dem Preisschild ist hier egal, und so sieht der i7 auch aus: Ein massives Monstrum von außen, totaler Luxus von innen. Überall Leder, feiner Stoff und – kein Witz – Swarovski-Kristalle! Die Türen öffnen sich elektrisch, die Armlehnen sind beheizt. Hinten fährt ein internetfähiger 31-Zoll-Bildschirm von der Decke – nicht etwa auf Knopfdruck, sondern beim Antippen eines handygroßen Touchscreens, der in den Armlehnen ruht. Ist das noch ein Auto oder schon ein Flugzeug? Auf jeden Fall ist das eindeutig Business-Klasse.
Auch an der Ladesäule ist der i7 sehr flott
Was er nicht hat, ist ein Auspuff. Das ist erwähnenswert, weil BMW – anders als die meisten europäischen Hersteller – einen Zickzack-Kurs bei der Elektromobilität fährt. Einerseits brachte das Münchener Unternehmen schon 2013 den BMW i3 auf den Markt, einen elektrischen Kleinwagen, der seiner Zeit weit voraus war. Andererseits fehlt bisher ein klares Bekenntnis, ob und wann mit Benzin und Diesel Schluss sein soll. BMW sieht weiterhin ein Potenzial in Wasserstoff. Bei öffentlichen Auftritten wettert Konzernchef Oliver Zipse gegen das ab 2035 gültige EU-Neuzulassungsverbot für Verbrenner.
Dem BMW i7 merkt man Zipses Reserviertheit gegenüber E-Autos nicht an. Vom Luxus einmal abgesehen, bietet er alle Annehmlichkeiten, die ein moderner Stromer haben sollte. Das fängt bei der Reichweite an: Über 600 Kilometer schafft er mit einer Akku-Ladung, auf dem Papier wohlgemerkt. In der Praxis sind es bei moderater Autobahn-Fahrweise immer noch rund 500 Kilometer – oder nur die Hälfte, wenn man das Strompedal bis zum Bodenblech durchdrückt. Das wuchtige Schlachtschiff schafft in der Spitze 250 Kilometer pro Stunde. Das mag eilige Business-Menschen freuen, erweist sich auf den vielbefahrenen deutschen Autobahnen aber ohnehin als unrealistisch.
Auch an der Strom-Tankstelle muss sich der i7 nicht verstecken. An Schnellladesäulen schafft er eine Leistung von knapp 200 Kilowatt, was bedeutet, dass der Akku nach einer halben Stunde wieder zu 80 Prozent gefüllt ist. Hier stimmen Theorie und Praxis voll überein. Bei meinem Test schafft er es von 15 auf 90 Prozent in 40 Minuten. An langsameren Wechselstrom-Ladesäulen, wie sie zum Beispiel in Städten am Straßenrand stehen, schafft er noch 22 Kilowatt (kW). Das ist doppelt so schnell wie bei den meisten E-Autos. Na ja, fast. Der Hauptkonkurrent, der Mercedes EQS, kommt ebenfalls auf 22 kW.
Zurück zur Optik. Von außen wirkt der i7 so dezent wie Kim Kardashian. Oder anders gesagt: Diese Limousine macht auf dicke Hose. Der BMW-typische Nieren-Kühlergrill ist so breit, dass er fast die gesamte Front verdeckt. Noch dazu leuchtet er. Daneben die – mit Kristallen versehenen – Scheinwerfer, die wie zusammengekniffene Augen aussehen. Diesen Anblick möchte man lieber nicht im Rückspiegel haben, wenn das 2,7-Tonnen-Gefährt auf der linken Fahrspur heranrast. Immerhin, er kann auch freundlich. Sobald die Fahrerin oder der Fahrer das Auto öffnet, setzen die Scheinwerfer zu einem Begrüßungslichtspiel an. Auch sie bestehen aus Swarovski-Kristallen.
Head-up-Display setzt aufs Wesentliche
Drinnen setzt sich der Luxus fort. Die Fußmatten sind flauschig wie ein Teppich. Das komplett durchgezogene Glasdach gibt den Blick nach oben frei. Die Rückenlehnen vibrieren im gleichen Bass wie das Radio – irre! Gleichzeitig ist BMW nicht der Versuchung erlegen, für jede der 100 Funktionen eine eigene Taste zu verbauen. Im Gegenteil, das Lenkrad wirkt minimalistisch. Die wichtigsten Funktionen lassen sich über ein Drehrad in der Mittelkonsole steuern, zudem gibt es Touchfelder unter dem Hauptbildschirm. Sogar das Handschuhfach lässt sich nur auf diese Weise öffnen, was etwas umständlich ist.
Damit ich den Blick nicht von der Straße wenden muss, aktiviere ich das Head-up-Display. Auch hier beschränkt sich BMW zu Recht auf das Wesentliche: aktuelles Tempolimit, gefahrene Geschwindigkeit, Navigation. Darüber hinaus lassen sich die wichtigsten Funktionen per Sprachbefehl steuern. Dieser funktioniert richtig gut, obgleich sich die Witze des Bordcomputers als äußerst flach herausstellen („Treffen sich zwei Parallelen ...“). Auch Smalltalk beherrscht das System bis zu einem gewissen Grad. Manche Antworten sorgen aber eher für Verwirrung. Auf die Frage „Wann wurdest du geboren?“, nennt der nagelneue i7 das Jahr 2017.
So bequem es der Fahrer vorne hat, so klar richtet sich dieses Auto an die Fond-Passagiere. Wenn diese ihren Bildschirm ausklappen, schließen sich automatisch Rollos an den Seiten- und Heckfenstern. Dieser Luxus wird nur noch getoppt von den aufpreispflichtigen Liegesitzen. Werden diese aktiviert, fährt der Beifahrersitz automatisch ganz nach vorne und klappt um. Dadurch wird die Lehne des Beifahrersitzes zur Fußablage für den Passagier im Fond. Natürlich verschiebt sich auch dessen Sitz so, dass man sich beim Fernsehen richtig lang machen kann. Ein Erlebnis wie im Kino! Nur der Chauffeur hat das Nachsehen: Dank all der Rollos und Bildschirme ist die Sicht nach hinten versperrt.
Auch das Navi spielt in der Champions League
Um den Geschäftstermin pünktlich zu erreichen, sollte auch das Navi in der Champions League mitspielen. Tatsächlich erfüllt es diese Erwartung. Einmal ein Ziel eingegeben, schlägt es automatisch Ladestopps vor, falls die Akku-Ladung nicht ausreicht. Sogar nach Ladeleistung kann man die Navigation filtern und damit schnelle Ladestationen auswählen. Hier bewegt sich BMW durchaus auf dem Niveau von Tesla und Mercedes. In einem Punkt sind die Münchener sogar besser: Genau wie beim Head-up-Display beschränkt man sich auf das Wesentliche. So bleibt die Karte schön übersichtlich.
Gibt es über den i7 denn aber auch etwas Negatives zu sagen? Nicht viel, aber ein paar wenige Details könnten selbst ein 200.000-Euro-Auto auch noch ein Stück besser machen. Da wäre zum Beispiel der Kofferraum. Zwar passt mit 500 Litern genug hinein, sollte die Geschäftslimousine am Wochenende zur Familienkutsche umfunktioniert werden. Umklappen lässt sich die Rückbank indes nicht. Stattdessen gibt es eine kleine Luke, durch die man zum Beispiel Ski oder andere lange Gegenstände schieben kann.
Einen Front-Kofferraum („Frunk“) besitzt der BMW i7 hingegen nicht. Eine Anhängerkupplung ist buchbar, ein Dachgepäckträger hingegen ist nicht vorgesehen. Schade.
Und dann wäre da der Verbrauch. Zwischen 20 und 30 Kilowattstunden „frisst“ die schwere Limousine – kleine oder mittlere E-Autos schaffen bei sparsamer Fahrweise beinahe die Hälfte. Am Ende muss ich für meine 500 Kilometer lange Autobahn-Testfahrt knapp 70 Euro Stromkosten bezahlen. Viel teurer wäre es mit Benzin vermutlich auch nicht gewesen. Sicher, der i7 ist ein großes, schweres Auto, dessen Zielgruppe ein paar Euro mehr an der Ladesäule nicht stören dürften. Vom Nachhaltigkeitsaspekt her fällt dieses Manko aber ins Gewicht. Immerhin muss auch der Strom produziert werden, und der ist in Deutschland noch lange nicht rein ökologisch.
Noch mehr verbraucht das sogenannte „Protection-Modell“, eine gepanzerte Ausführung aus kugelsicherem Glas und Panzerstahl. Sie soll „maßgeschneiderten Schutz vor Angriffen mit Schusswaffen beziehungsweise Sprengladungen“ bieten, verspricht BMW auf seiner Website. Bleibt nur zu hoffen, dass dem Luxus-Liner bei einem Feuergefecht nicht plötzlich der Strom ausgeht.