Als Mitte der 80er-Jahre des vorigen Jahrhunderts niemand etwas mit der neuen Seuche Aids zu tun haben wollte, engagierte sich Elizabeth Taylor wie keine Zweite an vorderster Front im Kampf gegen die neue Krankheit und gegen die Stigmatisierung Betroffener.
Das Acquired Immune Deficiency Syndrome, kurz Aids, hat heute viel von seinem Schrecken verloren. Dank wirksamer Medikamente und entsprechender Therapien haben HIV-Erkrankte „gute Chancen auf eine normale Lebenserwartung bei guter Lebensqualität", wie die Deutsche Aidshilfe auf ihrer Internetseite schreibt. „Auch wer spät diagnostiziert wurde, hat beste Chancen, dass sich das Immunsystem wieder erholt", heißt es dort weiter.
Vor vier Jahrzehnten war dies noch völlig anders. Als Anfang der 80er-Jahre vor allem in der Schwulenszene in den USA immer mehr Männer an einer ungewöhnlichen Lungenentzündung und auffällig oft am Kaposi-Sarkom, einer sonst sehr seltenen Krebsart, erkranken, kennt noch niemand den Ursprung. Es dauert fast zwei Jahre, bis die neue Erkrankung die breite Öffentlichkeit erreicht. In Deutschland berichtet die Zeitschrift „Der Spiegel" im Juni 1983 unter dem Titel „Tödliche Seuche Aids –
Die rätselhafte Krankheit" erstmals darüber. Schnell macht im Boulevard der Begriff „Lustseuche" die Runde, weil vor allem Homosexuelle daran erkranken – und meist versterben. Zu Anfang gilt die Erkrankung in der öffentlichen Wahrnehmung als Problem von „Randgruppen" wie Homosexuellen und Drogenabhängigen. Dies änderte sich jedoch auf dramatische Weise durch das Aufkommen von HIV-Tests.
Hochzeitsfotos verkauft als Start für Stiftung
Auch Prominente bleiben nicht verschont. Der US-Schauspieler Rock Hudson ist einer der ersten und der erste Hollywood-Star – was dem Thema eine bis dahin ungeahnte Aufmerksamkeit bringt. Hudson, der am 12. Oktober 1985 verstirbt, war ein enger Freund von Elizabeth Taylor. Noch zu Lebzeiten Hudsons widmet sich die einstige Filmdiva mit großem Engagement dem Kampf gegen die neue tückische Krankheit. 1984 nutzt sie ihre guten Kontakte, als eine Gruppe schwuler Männer in Los Angeles eine Spendengala für das Aids Project Los Angeles (APLA) plant. Sie setzt sich ans Telefon und wählt sich die Finger wund. Sie fragt ihre prominenten Freunde, ob sie bei der Benefizveranstaltung mit dabei sein würden oder wenigstens ihre Namen für ein Komitee zur Verfügung stellen könnten. Das Ergebnis ist niederschmetternd. Niemand in Hollywood-Kreisen will mit der neuen „Lustseuche" in Verbindung gebracht werden. „Ich habe noch nie so viele Absagen bekommen", erzählt sie später einmal in einem Interview. Ihr sei vielmehr geraten worden, sich selbst schnellstmöglich zurückzuziehen, „weil dies sonst meinem Ruf schade", berichtet das „Magazin.hiv" im vorigen Jahr in einem Artikel über Taylors Engagement.
Doch Taylor lässt sich nicht beirren und schon gar nicht von ihrem Weg abbringen. Während viele Prominente sich wegducken und auch die US-Regierung um den damaligen Präsidenten Ronald Reagan die Erkrankung nicht wirklich ernst nimmt, stellt sich Taylor in vorderster Front. In ihrer Rede beim APLA-Galadinner im September 1985 sagt sie: „Noch nie hat eine Krankheit so viele Menschen hilflos zurückgelassen, sodass Angehörige und Familien nur noch Frustration und Angst empfinden." Rund 2.500 Menschen sind schließlich ihrer Einladung ins Bonaventure Hotel gefolgt, darunter Sammy Davis Jr., Cyndi Lauper, Rod Stewart, Stevie Wonder und Cher. Und Burt Lancaster: Dieser verliest an diesem Abend eine persönliche Nachricht von Rock Hudson: „Ich bin nicht froh, dass ich krank bin. Ich bin nicht froh, dass ich Aids habe. Aber wenn es anderen hilft, habe ich zumindest die Gewissheit, dass mein Unglück einen positiven Effekt hat. Danke, Elizabeth. Danke an all meine Freunde, die an diesem Abend teilnehmen, und an die Tausenden für ihre Gebete, ihre Gedanken, ihre Liebe, ihre Wünsche und ihren Beistand." Rund eine Million Dollar an Spenden sollen an diesem Abend zusammengekommen sein.
Bestärkt durch diesen Erfolg macht Liz Taylor weiter. Im gleichen Jahr wird sie zur Mitbegründerin der „Foundation for Aids Research", einen Teil des Grundkapitals – 250.000 Dollar – hat Rock Hudson kurz vor seinem Tod selbst gestiftet. 1991 ruft sie eine eigene Stiftung ins Leben – die „Elizabeth Taylor Aids Foundation". Der Grundstock von einer Million Dollar für die Stiftung soll vom Verkauf der Fotos ihrer achten Hochzeit mit ihrem letzten Ehemann Larry Fortensky auf Michael Jacksons Neverland Ranch ans Magazin „People" stammen.
Der Tod Rock Hudsons ist nicht der einzige, der ihr sehr nahegeht. Auch ihr persönlicher Sekretär Roger Wall, zu dem sie offenbar eine enge Verbindung hat, erkrankt als Homosexueller an Aids – und nimmt sich 1991 das Leben.
Von Queen Elizabeth für ihr Engagement geadelt
US-Präsident Reagan äußert sich erstmals im Mai 1987 bei der dritten Internationalen Aids-Konferenz in Washington offiziell – nachdem Taylor ihm einen Brief geschrieben und ihn eindringlich gebeten hatte, das Stigma der „Krankheit von Homosexuellen" endlich aufzubrechen. Bis zu diesem Zeitpunkt gibt es alleine in den USA bereits mehr als 36.000 bestätigte HIV-Erkrankte, fast 21.000 sind bereits an den Folgen gestorben. Auch vor dem US-Kongress forderte Taylor in flammenden Reden immer wieder ein stärkeres Engagement der US-Politik im Kampf gegen die tückische Krankheit ein.
Taylor wird nicht müde in ihrem Engagement. Selbst als sie selbst bereits im Rollstuhl sitzt, rührt sie noch immer bei Benefizgalas die Werbetrommel, sagt ganz offensiv: „Ich will Euer Geld". Die Benefizveranstaltungen sorgen für Glamour und mediale Aufmerksamkeit – und für jede Menge Spenden, die für Forschung und Hilfsprojekte eingesetzt werden. „Ich wusste, dass ich mit meinem Namen bestimmte Türen öffnen kann, dass ich selbst ein Wert war", wird Elizabeth Taylor einmal zitiert. „Ich konnte den Ruhm, den ich so viele Jahre lang abgelehnt und dem ich zu entkommen versucht hatte, nun dazu nutzen, um etwas Gutes zu tun." Bis heute ist ihre Stiftung aktiv und soll Spenden in dreistelliger Millionenhöhe im Kampf gegen Aids gesammelt haben.
Im Jahr 2000 zeichnet Großbritanniens Queen Elizabeth Elizabeth Taylor für ihr unermüdliches Engagement mit dem „Dame Commander des Order of the British Empire" aus – des zweithöchsten Verdienstordens, den das Empire für Frauen verleiht.