Der Kampf gegen den Klimawandel ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Auf der Suche nach Lösungen kann auch die Natur selbst eine Rolle spielen. Das zeigt ein Projekt mit Mangroven in Kenia.
Der Weg führt erst durch dichtes, trockenes Gebüsch. Dann wird die Luft feuchter, der Boden matschiger. Auf einmal ragen meterhohe Bäume aus der weichen Erde, breite Baumkronen mit Wurzeln wie Tentakeln einer Krake. Es ist Ebbe und die Mangrovenbäume sind in ihrer ganzen Pracht zu sehen. „Es kann bis zu 20 Jahre dauern, bis eine Mangrovenplantage gewachsen ist", erklärt Josphat Nguu, während er die grünen Giganten inspiziert.
Der Meeresbiologe und seine Kollegen vom Projekt „Mikoko Pamoja" versuchen hier in Gazi, in einer kleinen verschlafenen Bucht im Südosten Kenias, verlorene Mangrovenwälder wieder aufzuforsten und existierende zu schützen. Die Geduld lohnt sich. Denn Mangroven sind eine wertvolle Waffe im Kampf gegen den Klimawandel.
„In der Fläche speichern Mangroven vier- bis fünfmal mehr Kohlenstoff als herkömmliche Wälder", sagt Dorotée Herr, die Leiterin der Abteilung für Ozeane und Klimawandel bei der Weltnaturschutzunion (IUCN). Mangrovenbäume – sie gehören zu den wenigen Arten, die in Salzwasser wachsen – lagern das CO2 in den Sedimenten, wie Herr erklärt. „Sie haben zum Teil meterdicke Sedimentablagerungen." Wegen dieser besonderen Fähigkeit gelten Mangrovenwälder als eine hocheffektive sogenannte naturbasierte Lösung für die fortschreitende Klimaerwärmung – ein Mittel, das die Natur selbst bietet.
Problem: Mangroven dienen als Holzquelle
Doch Mangrovenwälder sind gefährdet. Sie wurden im letzten halben Jahrhundert einem IUCN-Bericht zufolge schneller abgeholzt als jede andere Waldart. Sie sind in fast allen warmen Küstenregionen zu finden, doch seit 1996 ist die weltweite Fläche von Mangroven, rund 146.000 Quadratkilometer, demnach um etwa 6,6 Prozent geschrumpft. Das liegt vor allem daran, dass Mangrovenwälder in Ackerland oder Teiche für Aquakultur verwandelt werden. In Kenia ist die Lage noch schlimmer: In den 25 Jahren zwischen 1985 und 2010 seien 18 Prozent der Mangroven verloren gegangen, heißt es in einem Bericht.
Das Problem sei, dass die Mangroven für die Menschen hier eine Holzquelle seien, erklärt James Kairo, ein führender Wissenschaftler beim kenianischen Meeres- und Fischereiinstitut KMFRI. Die Bewohner von Gazi und anderen Küstenorten in Kenia würden die Mangroven fällen und als Baumaterial und Holzkohle nutzen.
Dabei haben die Mangroven viele Vorteile über die Speicherung von Kohlendioxid hinaus – Vorteile, die für die Bewohner von Gazi spürbar und sichtbar sind. Mangroven schützen vor Küstenerosion und können auch künftig vor Klimawandelfolgen wie einem steigenden Meeresspiegel Schutz bieten. Außerdem sorgen Mangroven für eine bessere Wasserqualität. Und: Mangroven bieten einer großen Vielfalt an Meerestieren ein Zuhause. „Wir wissen, wenn man die Mangroven beeinträchtigt, beeinträchtigt man auch die Fische", sagt Kairo.
Dagegen will Mikoko Pamoja etwas tun. Das unter anderem von KMFRI 2014 initiierte Projekt hat nach eigenen Angaben bislang 117 Hektar Mangrovenwald geschützt und rund zwei Hektar Mangrovenwald wiederhergestellt. Das Projekt versucht, die Gemeinde miteinzubeziehen, damit die Bewohner die Vorteile von Mangroven erkennen. Mit einem Teil der Einnahmen werden Kliniken unterstützt, die Wasserversorgung verbessert und Bildungsprogramme gefördert.
„Mikoko Pamoja" sei ein „globaler Vorreiter", sagt IUCN-Expertin Herr. Sie befürwortet, dass Initiativen zum Schutz und Aufforstung von Mangroven ausgebaut und gebildet werden. Allerdings mahnt sie, dass nicht jede Aufforstung nachhaltig sei. Außerdem warnt Herr, dass Mangroven keine Wunderwaffe gegen CO2-Emissionen und den Klimawandel seien. „Naturbasierte Lösungen werden es alleine nicht richten." Und vor allem benötigten solche Projekte einen langen Atem und viel Geduld.